Die Ankunft
stieß. Ich umschlang ihn mit Armen und Beinen und zog ihn ganz nah. Er hätte mich auch härter nehmen können, aber er ließ Vorsicht walten und bemühte sich, die Verletzungen an meinen Beinen nicht zu berühren. Ich hörte mich selbst laut stöhnen, während ich mich vor Lust unter ihm wand. Als ich kam, meinte ich für einen Augenblick, ohnmächtig zu werden. Fast gleichzeitig schoss auch Sam seine heiße Flut in mich und brach keuchend auf mir zusammen.
„Wir dürfen das nicht tun“, flüsterte er. „Wir müssen aufhören damit. Es macht uns alle unglücklich.“
Ich streichelte seine Haare.
„Ich weiß. Manchmal ist es besser, unglücklich zu sein, als gar nichts zu fühlen.“ Er stützte sich auf die Ellenbogen und sah zu mir hinunter.
„Ich liebe dich, Anna.“
„Ich liebe dich auch, Sam.“
„Aber ich kann nicht...“
„Ich weiß. Du sollst ja auch gar nicht.“
Das war mein Ernst. Natürlich wollte ich ihn gerne für mich haben. Ohne schlechtes Gewissen mit ihm schlafen, Hand in Hand durch den Park gehen, auf Partys eng umschlungen tanzen. Aber mein Leben war in Gefahr. Eine Beziehung konnte ich mir nicht vorstellen. Wo wollten wir Zeit miteinander verbringen? Auf der Flucht? Ich wusste ja nicht einmal, wie es weitergehen sollte.
Davon hatte immerhin Sam eine Idee.
„Ich werde meinen Vater anrufen“, sagte er. „Er muss dir helfen. Er hat bestimmt noch ein paar Kontakte von früher.“
17. Kapitel
In den Wäldern bei Bedburg, Mai 1590
« Es wird ein Junge. Mütter spüren so etwas. »
Längst hatte Imagina den Zauberfrühling rund um ihr Heim in den echten übergehen lassen. Die Luft war frisch und angefüllt mit Blütenduft, und das Kind in Sibils Bauch strampelte fröhlich.
Sibil war schon lange nicht mehr beweglich. Ihre Pflichten in Haus und Garten hatte sie abgegeben. Rosa und Marcus sprangen für sie ein, und einen Teil der Arbeit erledigte auch der neue Schüler Mattis, der seit wenigen Wochen bei ihnen war. Er war ein nicht mehr ganz junger ehemaliger Ziegenhirte, der einem Werwolfangriff zum Opfer gefallen war, als er versucht hatte, seine Herde zu beschützen. Seinen Angreifer beschrieb er als einen untersetzten, schwarzhaarigen nackten Mann, der sich vor seinen Augen in eine Bestie verwandelt hatte. Sibil dachte an Utz und schauderte.
"Warum unternehmen wir nichts gegen sie?", fragte sie Imagina. "Warum dürfen sie ungestört im Wald hausen und ihren Fluch verbreiten?"
Imagina seufzte.
"Wir können wenig gegen sie ausrichten. Du weißt, dass wir sie nicht töten können, ohne selbst dem Fluch zu erliegen. Indem wir sie töten, stärken wir ihre Reihen und lichten die unseren... Deshalb haben wir uns darauf geeinigt, uns gegen sie zu schützen und zu versuchen, ihnen möglichst viele Neuankömmlinge abzujagen."
"Und die Menschen? Wenn man ihnen klar machen würde, wer sie mordet und ihr Vieh stiehlt - würden sie nicht mit Mistgabeln und Pflugscharen anrücken und die Wölfe niedermachen?"
"Wir haben alle einen Eid geschworen. Die Uneingeweihten sollen unwissend bleiben. Auch du hast diesen Eid geschworen, Sibil."
Sibil nickte und verschränkte die Finger auf ihrem Bauch. Das Kleine trat heftig, als würde es den Unwillen der Mutter spüren.
Sibil erinnerte sich an ihren ersten Vollmond: Im Steinkreis auf der kleinen Insel hatte sie ihn erwartet, begleitet von Imagina, Rosa und Marcus, die ihr eine richtige Familie geworden waren. Als der Mond aufgegangen war, hatte Imagina alte, machtvolle Worte gesprochen, und Sibil war buchstäblich aus ihrer alten Haut geschlüpft. Sie hatte ihr neues Fell gespürt, ihre geschärften Sinne, das Gefühl, fest mit vier Pfoten auf der Erde zu stehen. Die enorme Sprungkraft, die in ihren Beinen lag. Es war die wunderbarste Nacht ihres Lebens gewesen. Auch Marcus hatte sich in einen Wolf verwandelt, und sie waren zusammen durch den Wald gerannt, hatten Kaninchen gejagt und waren schließlich am Fuß eines alten Baumes im Moos eingeschlafen.
Seitdem fieberte Sibil den Vollmondnächten entgegen. Sie wusste, sie konnte sich auch zu anderen Zeiten verwandeln, aber Imagina hatte ihr eingeschärft, es nicht zu oft zu tun, damit das Kind in ihrem Bauch nicht überanstrengt wurde.
Marcus kümmerte sich liebevoll um sie. Er brachte ihr warme Milch und stopfte ihr eine Decke in den Rücken, wenn sie wieder nicht wusste, wie sie sich setzen sollte. Nachts schlief sie in seinen Armen, und sie hatten sich seit ihrem ersten Mal am Teich
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