Die Ankunft
verlangend. Sein Kuss schmeckte seltsam nach ihrer eigenen Feuchtigkeit.
Sie presste sich an ihn und keuchte. Der glitzernde, goldene Schauer, den sie so ersehnte, befand sich kurz außerhalb ihrer Reichweite. Sie schlang die Schenkel um Markus' Hüften und zog ihn tiefer in sich. Marcus stöhnte wild und bewegte sich heftig in ihr, und plötzlich schrie er auf. Gleichzeitig schlug endlich das goldene Pulsieren ein weiteres Mal über ihr zusammen.
Sie blieben noch eine Weile ineinander verschlungen liegen, bevor Marcus sich vorsichtig aus ihr zurückzog.
„Das war schön“, sagte Sibil.
„Gut.“ Marcus lächelte erleichtert. „Ich hatte Angst, dass es dir nicht gefällt. Wegen deinem Vater und allem.“
„Ich habe keinen Vater. Imagina sagt, Väter machen so etwas nicht mit ihren Töchtern. Also war es nur Peter.“
„Trotzdem.“
„Ja. Ich danke dir. Du hast Peter von meinem Körper gewaschen.“
Beim Abendessen hatten sie unter dem Tisch die Beine ineinander verschlungen und konnten nicht aufhören, sich anzusehen. Imagina lächelte in sich hinein, sagte aber nichts.
Sibil konnte nicht aufhören zu essen. Brot, Eier, Schinken, kaltes Kraut und Äpfel verschwanden in ihr und schienen sich dort in Luft aufzulösen. Imagina gab ihr ein weiteres Stück Käse und eine Schale Gerstenbrei und beobachtete, wie Sibil alles hinunterschlang.
"Es tut mir leid", sagte Sibil unglücklich. "Ich bin so schrecklich hungrig. Die Kerkerhaft... oder liegt es an der Verwandlung?"
"An allem... und noch etwas anderem", sagte Imagina. "Ich sehe dich nach dem Essen im Gemüsegarten."
Sie beendeten die Mahlzeit und räumten den Tisch ab. Während Rosa und Marcus das Geschirr zum Bach trugen, um es zu spülen, ging Sibil um das Haus herum in den Gemüsegarten. Sie hatte so viel gegessen wie die anderen zusammen und fühlte sich gerade eben so gesättigt.
Imagina wartete schon.
"Setz dich", sagte sie und wies auf die Bank. Sibil tat wie ihr geheißen und blickte ihre Lehrmeisterin erwartungsvoll an. Zu ihrer Überraschung ging Imagine vor ihr in die Knie und legte die Hände auf Sibils Bauch.
"Locker lassen", befahl sie. "Ruhig atmen."
Mit ruhigen, sicheren Bewegungen begann Imagina, Sibils Bauch abzutasten. Sie drückte und schob. Sibil war die Behandlung unangenehm, aber sie hielt still.
"Ich hatte so eine Vermutung", sagte Imagina schließlich und setzte sich neben Sibil auf die Bank. "Du bist schwanger, Mädchen."
"Schwanger? Aber... ich dachte, wir können keine Kinder bekommen?"
"Du warst es schon, als du den Kuss empfingst. Ich schätze, du bist im vierten Monat."
Sibil ließ Luft durch den offenen Mund ausströmen und starrte Imagina an.
"Hast du nicht bemerkt, dass deine Blutung ausgeblieben ist?", fragte Imagina sanft.
"Nein", flüsterte Sibil. "Sie war nie regelmäßig."
"Wer kommt als Vater in Frage? Außer... Peter?"
"Ich weiß es nicht. Niemand. Raffaelus..."
"Das ist erst einige Wochen her. Es muss im Sommer gewesen sein."
"Aber Peter war mein Vater!"
Imagina seufzte. "Auch ein Vater kann eine Frucht in den Schoß der Tochter pflanzen. Es ist wider die Natur, aber es passiert. Nun hoffen wir, dass das Kind gesund ist und sich gut entwickelt. Es ist etwas ganz Besonderes. Ein geborener Wandler."
"Ich werde Mutter", sagte Sibil staunend. "Aber was, wenn ich es nicht will?"
"Du hast keine Wahl. Es ist da, und du musst gut für es sorgen. Hab keine Angst. Wir alle helfen dir."
Sibil nickte automatisch. In ihrem Inneren sammelte sich eine Mischung aus Erstaunen und Ratlosigkeit. Ihre eigene Kindheit war gerade erst vorüber. Sie hatte Fabelwesen gesehen, eine Zauberwelt betreten und sich in einen Mann verliebt. Nun erwartete sie ein Kind. Würde sie es lieben oder hassen?
Sie wusste es nicht.
16. Kapitel
Herbst 2012, Frankfurt am Main
« Ja, aber du bist nun mal kein normaler Mensch. »
Ich wurde wach, weil meine Beine heftig kribbelten. Der Heilungsprozess hatte wohl schon eingesetzt. Ich hatte fürchterliche Kopfschmerzen und einen ganz ausgetrockneten Mund.
Blinzelnd öffnete ich die Augen.
„Na, Schöne?“, sagte Sam. „Wie geht’s dir?“
„Scheiße“, murmelte ich. „Muss was trinken.“
Er verschwand aus meinem Blickfeld und kam gleich darauf mit einem Glas Wasser wieder. Er hielt es mir an die Lippen, und ich trank gierig.
„Wie spät ist es?“, fragte ich, als das Glas leer war. Langsam begann mein Gehirn, wieder zu arbeiten.
Sam sah auf die Uhr. „Halb drei.
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