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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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sie mit sich geführt hatte, und holte Papiere heraus.
»Hier: Meiner Familie gehören Manufakturen und Anwesen im ganzen Osten, wenngleich deutlich weniger als im Westen. Ich kann mich nicht erinnern, dass mein Vater sie je besucht hat, er mag den Osten des Reiches nicht, vom Wein Griechenlands einmal abgesehen. Es war mir ein leichtes, das Siegel meines Vaters zu benutzen und uns einige Empfehlungsschreiben zu verfassen. Hier … du bist ab jetzt Lucius, aus Gallien, und mein Name ist Paulina. Ich bin Näherin und du Arbeiter. Mit den Empfehlungsschreiben werden wir überall in den östlichen Betrieben und Anwesen meines Vaters Arbeit bekommen, ohne dass er jemals davon erfährt. Er schreibt solche Empfehlungen am laufenden Band: für freigelassene Sklaven, Klienten seiner Freunde und so weiter. Es wird absolut keine Aufmerksamkeit hervorrufen.«
Volkert stellte mit einer Mischung aus Bewunderung und Misstrauen fest, dass Julia nicht nur alles bestens vorbereitet, sondern offenbar auch keine Sekunde an seiner eigenen Entscheidung gezweifelt hatte. Er fragte sich für einen kurzen Moment, ob er nicht gerade einen Kapitän gegen einen anderen ausgetauscht hatte, obgleich bei einem Blick in ihre mandelförmigen, braunen Augen einräumen musste, dass die Autorität dieser Vorgesetzten eine etwas andere Grundlage hatte als die Rheinbergs.
»Wie reisen wir?«
»Es fahren ständig Handelskarren in den Osten. Man kann sich eine Passage kaufen. Oder wir gehen über den Seeweg, direkt bis Konstantinopel. In der Hauptstadt des Ostens haben wir die größten Chancen, unterzutauchen und uns ein neues Leben aufzubauen. Das Problem ist nur, dass die Seereise beschwerlich ist und mein Vater viele gute Verbindungen zu den Eignern der Handelsschiffe hat – die Chance, dass mich jemand erkennt, ist nicht gering. Der Landweg dauert länger, ist aber auch sicherer.«
Volkert nickte. Wenn sie Pech hatten, würde ihre Flucht bereits im Hafen enden. Er hatte wenig Lust, dieses Risiko einzugehen.
»Der Landweg dann«, bestätigte er. »Wann geht es los?«
Julia presste Volkert das Bündel in die Hand.
»Hier, zieh das an. Ich habe ein weiteres außerhalb der Stadt versteckt, mit Geld und Nahrungsmitteln.«
Volkert entfaltete das Bündel und sah saubere, wenngleich etwas abgetragene Kleidung, die aus ihm einen Römer machen würde. Sogar seine Größe war gut getroffen. Nein, Julia hatte in der Tat keine Sekunde daran gezweifelt, wie er sich entscheiden würde.
»Also, das heißt …«
Julia verschloss seinen Mund mit einem weiteren Kuss, ehe sie sagte: »Ganz genau, Thomas. Wir brechen sofort auf!«

33

    »Es ist ein Wunder, dass du überlebt hast, mein Freund!«
Richomer hockte sich neben Flavius Victor auf das Liegesofa und hütete sich, dem Magister Equitum auf die Schulter zu schlagen. Der Mann lag bleich und mit eingefallenen Wangen dahingestreckt, doch schaffte er es, dem Offizier aus dem Westen ein schwaches Lächeln zu schenken. Er war der einzige überlebende Feldherr Ostroms, und das auch nur so eben.
»Kein Wundbrand«, brachte er leise hervor. »Der Medicus ist ein Metzger, aber er beherrscht sein Geschäft. Hat in einer dieser gallischen Schulen gelernt, sagte er. Scheint ihm was genützt zu haben. Ich bin nicht der Einzige, den er gerettet hat.«
Richomer nickte und betrachtete Victors Verletzung. Der linke Arm war ihm in der Mitte des Oberarms abgetrennt worden, ein schneller, wohlgezielter Schlag eines Goten, der sein Schwert gut geschärft hatte. Der Brustharnisch des Reiterkommandanten hatte den Schlag schließlich aufgehalten, und ein Soldat aus Victors Begleitung hatte den Goten niedergestreckt, aber für den Arm war es zu spät gewesen. Sie hatten den Stumpf abgebunden und waren geflohen wie alle anderen auch.
»Wann bist du wieder oben auf ?«, fragte Richomer.
»Ich brauche noch eine Woche der Pflege, sagt der Medicus. Ich habe viel Blut verloren. Derzeit füllt er mich mit allerlei Heiltränken ab und lässt mich halb rohes Fleisch essen. Es scheint jedenfalls nicht völlig wirkungslos zu sein, ich fühle mich jeden Tag etwas stärker und die Schwächeanfälle lassen nach. Eine Woche, das scheint mir realistisch zu sein. Und du selbst?«
Der Germane machte eine abfällige Handbewegung.
»Nichts, nur ein paar Kratzer.«
»Und das, obwohl du dich wirklich bemüht hast, verletzt zu werden. Du hast wie ein Berserker gekämpft.«
»Meine Zeit ist noch nicht gekommen.«
Victor lächelte etwas breiter, und es schien

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