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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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fünf
Minuten.«
    »Mit einem einzigen Unterschied«, bemerkte Mr. Pink.
»Sie haben sich unser Wohlwollen gründlich
verscherzt.«
    »Sie wollten ihr den Schädel öffnen, um an ihre
Erinnerungen zu kommen«, sagte Xavier. »Wenn sie das unter
Wohlwollen verstehen, dann können Sie es sich sonst wohin
stecken.«
    Mr. Pink hatte seinen halbfertigen Trawl während des
jähen Starts losgelassen. Jetzt schwebte er durch die
Kabine.
    »Sie hätten ohnehin nichts erreicht«, sagte
Antoinette. »Ich weiß nämlich wirklich nicht, was
Clavain vorhatte. Aber vielleicht habe ich mich noch nicht klar genug
ausgedrückt.«
    »Holen Sie den Trawl, Mr. Pink«, sagte Remontoire. Das
Schwein starrte ihn wütend an, bis Clock mit deutlichem
Nachdruck wiederholte: »Bitte, Mr. Pink.«
    »Jawohl, Mr. Clock«, antwortete das Schwein mit
dem gleichen scharfen Unterton.
    Das Schwein fummelte an seinen Gurten herum und hatte sich fast
befreit, als das Schiff einen Satz nach vorne machte. Der Trawl war
als einziges Gerät nicht gesichert, und die Wände der Sturmvogel gaben nicht nach. Er zerbrach in ein halbes Dutzend
blitzender Teile.
    Konnte Xavier auch das programmiert haben?, fragte sich
Antoinette.
    »Nicht schlecht«, sagte Clock. »Aber nicht gut
genug. Jetzt müssen wir Ihnen die Information mit anderen
Mitteln entreißen.«
    Das Schiff beschleunigte jetzt gleichmäßig. Aber
Antoinette hörte nichts, und das war beunruhigend. Chemieraketen
machten einen Heidenlärm, der auch im Vakuum durch die
Rumpfkonstruktion übertragen wurde. Ionenraketen waren leise,
konnten aber eine so hohe Beschleunigung nicht auf Dauer aufrecht
erhalten. Das Tokamak-Fusionstriebwerk war dagegen magnetfeldgelagert
und arbeitete völlig geräuschlos.
    Sie flogen mit Fusionsschub.
    Heilige Scheiße…
    Der Einsatz von Fusionstriebwerken innerhalb des Rostgürtels wurde mit dem Tod geahndet. Schon die
Zündung von Atomraketen so nahe am Karussell hätte
empfindliche Strafen zur Folge gehabt; sie hätte mit einem
Flugverbot auf Lebenszeit rechnen müssen. Aber Fusionsschub war
potenziell tödlich. Eine fehlgehende Fusionsflamme könnte
ein Karussell in Sekundenschnelle durchtrennen…
    »Xavier, wenn du etwas tun kannst, dann schalte sofort auf
Chemieantrieb um.«
    »Tut mir Leid, Antoinette, aber ich hielt es so für das
Beste.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Und ich werde auch den Kopf hinhalten, wenn es hart auf hart
kommt. Aber man hat uns als Geiseln genommen. Das schafft ganz andere
Voraussetzungen. Im Moment wäre mir nichts willkommener als ein
Besuch der Polizei. Deswegen schwenke ich die Fahne.«
    »Klingt in der Theorie nicht schlecht, Xave,
aber…«
    »Kein Aber. Es funktioniert. Die Polizei wird sehen, dass ich
die Flamme sorgfältig von den Habitats fern halte. Im
Impulsmuster ist sogar eine SOS-Modulation eingebettet, auch wenn sie
viel zu schnell ist, als dass wir sie spüren
könnten.«
    »Und du glaubst, die Bullen kriegen das mit?«
    »Nein, aber hinterher können sie es todsicher
verifizieren, und darauf kommt es an. Sie werden erkennen, dass es
sich eindeutig um einen Hilferuf handelte.«
    »Ihr Optimismus ist bewundernswert«, sagte Clock.
»Aber man wird Sie gar nicht erst vor Gericht stellen, sondern
wegen Verletzung der Sicherheitsvorschriften einfach vom Himmel
schießen. Sie werden keine Chance bekommen, Ihr Verhalten zu
rechtfertigen.«
    »Er hat Recht«, sagte Mr. Pink. »Wenn Ihnen Ihr
Leben lieb ist, wenden Sie jetzt dieses Schiff und fliegen
schleunigst zum Karussell New Copenhagen zurück.«
    »Damit alles wieder von vorne anfängt? Soll das ein Witz
sein?«
    »Wenn sie den Tod vorziehen, Mr. Liu…«
    Xavier löste seine Sitzgurte. »Sie beide«, sagte er
und deutete auf die beiden Besucher, »rühren sich nicht von
der Stelle. Ich sage das in Ihrem eigenen Interesse.«
    »Und ich?«, fragte Antoinette.
    »Auch du bleibst, wo du bist – da bist du sicherer. Ich
komme gleich wieder.«
    Was blieb ihr anderes übrig, als ihm zu vertrauen? Nur Xavier
wusste genau, welches Programm er Biest geladen hatte, und wenn sie
jetzt herumliefe und das Schiff noch einen jähen
Beschleunigungswechsel vornahm, könnte sie sich verletzen. Sie
würde die Sache nicht auf sich beruhen lassen – sie war
nicht damit einverstanden, dass er in die Trickkiste gegriffen hatte,
ohne ihr ein Wort zu sagen –, aber im Moment war Xavier
eindeutig in der stärkeren Position. Auch wenn er ihnen damit
vielleicht nur eine Gnadenfrist von wenigen Minuten

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