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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Exoskelett. Ihre Besprechungen
mit Clavain führte sie, nach Atem ringend und flach auf dem
Rücken liegend, von einer fahrbaren Konturenliege aus, die, wie
so vieles auf dem Schiff, wie notdürftig
zusammengeschweißt wirkte. Die Produktionsanlagen liefen rund
um die Uhr, um Waffen, Kampfausrüstung, Kälteschlaftanks
und Ersatzteile herzustellen; alles andere musste in technisch
weniger fortgeschrittenen Werkstätten zusammengebastelt
werden.
    »Nun?«, fragte Sukhoi. Sie wirkte unter dem
Beschleunigungsdruck noch gehetzter als sonst. Ihre Haut spannte sich
straff über die Knochen, und die Augen saßen tief in den
Höhlen.
    »Ich brauche sieben Ge«, sagte Clavain. »Mindestens
sechseinhalb. Schaffen Sie das?«
    »Ich bin so weit gegangen, wie ich konnte, Clavain.«
    »Das ist nicht die Antwort, die ich hören
wollte.«
    Sie warf eine Schemazeichnung an die Wand, harte rote Linien auf
bräunlichem, verrostetem Metall. Es war ein Querschnitt des
Schiffes. Um den dickeren Mittelbereich und das Heck mit den
Triebwerken, der breitesten Stelle überhaupt, war ein Kreis
gezogen.
    »Sehen Sie das, Clavain?« Sie ließ den Kreis
aufleuchten. »Die Blase, in der die Trägheit
unterdrückt ist, erstreckt sich inzwischen über mehr als
die Hälfte des Schiffes, das heißt, unsere träge
Masse ist auf ein Fünftel ihres Normalwertes reduziert. Aber hier, im vorderen Bereich, bekommen wir die volle Wucht dieser
fünf Ge noch immer zu spüren.« Sie zeigte auf den
kleinen Rumpfkegel, der vorne aus der Blase hinausragte.
    Clavain nickte. »Das Feld ist hier so schwach, dass man schon
überempfindliche Detektoren bräuchte, um es überhaupt
zu messen.«
    »Richtig. Die träge Masse unserer Körper und der
Schiffsmaterie, die uns umgibt, hat sich nach wie vor kaum
verändert. Der Boden des Schiffes drückt mit fünf Ge
nach oben, deswegen spüren wir fünf Ge Kraft. Aber nur
deshalb, weil wir uns außerhalb der Blase befinden.«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Darauf.« Sukhoi veränderte das Bild und
vergrößerte den Kreis, bis er das ganze Raumschiff
einschloss. »Die Geometrie des Feldes ist komplex, Clavain, und
sie steht in einer komplizierten Abhängigkeit vom Grad der
Trägheitsunterdrückung. Bei fünf Ge können wir
den bewohnten Bereich des Schiffes noch vom starken Einfluss der
Anlage trennen. Aber bei sechs Ge… geht das nicht mehr. Dann
sind wir innerhalb der Blase.«
    »Sind wir das nicht auch jetzt schon?«, fragte
Clavain.
    »Im Grunde ja, aber nicht so weit, dass wir etwas davon
spüren würden. Bei sechs Ge würden die Feldwirkungen
jedoch die Schwelle überschreiten und sich auch physiologisch
bemerkbar machen. Und zwar sehr deutlich: der Effekt ist nicht
linear. Wir würden die fünf Ge nur noch als ein Ge
empfinden.«
    Clavain versuchte, eine Stellung zu finden, in der verschiedene
Punkte seines Körpers entlastet würden. »Das hört
sich doch gar nicht so schlecht an.«
    »Aber wir würden auch unsere eigene träge Masse nur
zu einem Fünftel ihres Normalwerts spüren. Jeder
Körperteil, jeder Muskel, jedes Organ, jeder Knochen, die
Körpersäfte, alles hat sich unter normaler Trägheit
entwickelt. Und nun würde sich alles verändern, Clavain,
sogar die Viskosität des Blutes.« Sukhoi steuerte ihre
Liege um ihn herum und wartete, bis sie wieder zu Atem gekommen war.
»Ich habe miterlebt, was mit Menschen geschieht, die in Felder
mit extremer Trägheitsunterdrückung stürzten. Viele
überlebten es nicht. Das Herz schlägt nicht mehr richtig.
Und wenn das Feld nicht stabil ist, kann noch viel mehr
passieren…« Sie bemühte sich, ihm fest in die Augen zu
schauen. »Und es wird nicht stabil sein, das kann ich Ihnen
versichern.«
    »Ich möchte es trotzdem versuchen«, sagte Clavain.
»Wird die Routineversorgung normal weiterlaufen? Die
Kälteschlaftanks und dergleichen?«
    »Ich kann nichts versprechen, aber…«
    Er lächelte. »Dann gehen wir folgendermaßen vor.
Wir frieren Scorpios Armee oder jedenfalls so viele von seinen
Soldaten wie möglich in den neuen Tanks ein. Wer nicht
eingefroren werden kann, und wer möglicherweise gebraucht wird,
bekommt ein provisorisches Lebenserhaltungssystem, das nur die Atmung
aufrechterhält und das Blut im richtigen Rhythmus durch den
Körper pumpt. Das wird doch funktionieren?«
    »Noch einmal, ich kann nichts versprechen.«
    »Sechs Ge, Sukhoi. Mehr verlange ich nicht. Das können
Sie doch schaffen?«
    »Ich kann es, und ich werde es, wenn Sie darauf

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