Die Arche
schmalen
Bereichs von Zuständen gültig. Zunächst waren sie sehr
zufrieden gewesen, die Hälfte der Schiffsmasse unterdrückt
zu haben, doch inzwischen hatte die Begeisterung nachgelassen.
Gelegentlich registrierten empfindliche Instrumente zur Messung des
Quantenfeldes, die in anderen Teilen des Schiffes aufgestellt waren,
kurzfristige Ausschläge der Blase, Kontraktionen und
Erweiterungen, bei denen sie das ganze Schiff erfasste. Skade bildete
sich ein, diese Ausschläge von weniger als einer Mikrosekunde
Dauer spüren zu können. Bei zwei Ge Unterdrückung
waren sie noch selten gewesen. Nun ereigneten sie sich drei- bis
viermal täglich.
Skade rollte den Tank in einen Fahrstuhl und fuhr damit
schiffsabwärts auf die Blasengrenze zu. Durch das Sichtfenster
konnte sie Galianas Kinnlinie erkennen. Ihr Gesicht strahlte eine
unendliche Ruhe und Gelassenheit aus. Skade war froh, dass sie daran
gedacht hatte, Galiana mitzunehmen, obwohl das Ziel der Mission
damals einzig und allein darin bestand, Clavain aufzuhalten.
Insgeheim hatte sie wohl bereits geahnt, dass sie sich dazu in den
interstellaren Raum begeben müssten, und dass sie sich
irgendwann gezwungen sehen könnte, trotz aller Gefahr Galianas
Rat einzuholen. Den gefrorenen Leichnam an Bord zu bringen, war kein
Problem gewesen; jetzt musste sie nur noch den Mut aufbringen, die
Frau zu befragen.
Sie rollte den Tank in einen sauberen weißen Raum. Die
Tür schloss sich hinter ihr und verschmolz mit der Wand. Eine
mattweiße Maschinerie nahm fast den ganzen Raum ein, war aber
nur zu sehen, wenn sie sich bewegte. Die uralte Anlage stammte noch
von Galianas ersten Experimenten auf dem Mars und war seither
liebevoll, aber mit ängstlicher Scheu gehütet worden. Skade
hatte auch sie ohne Schwierigkeiten auf die Nachtschatten gebracht.
Skade öffnete Galianas Tank, erhöhte die Kerntemperatur
des Leichnams um fünfzig Millikelvin und brachte die
weißen Apparate in Position. Sie näherten sich Galiana mit
zitternden Fühlern, ohne sie jemals tatsächlich zu
berühren. Skade wich mit schwirrenden Servomotoren zurück.
Die Maschinerie war ihr noch nie geheuer gewesen. Sie war von einer
Aura des Unheimlichen umgeben und deshalb nur sehr selten eingesetzt
worden. Und die wenigen, die es gewagt hatten, ihr Bewusstsein
dafür zu öffnen, hatten schwer dafür
gebüßt.
Skade hatte nicht vor, die Anlage mit voller Leistung laufen zu
lassen. Noch nicht. Im Moment wollte sie nur mit dem Wolf sprechen,
und dafür genügte eine kleine Schar von Routinen, die so
gut isoliert und so empfindlich waren, dass sie aus einem wogenden
Meer von neuralem Chaos noch die schwächsten Signale
herauszulösen und zu verstärken vermochten. Eine
Kohärenzkopplung würde sie nur versuchen, wenn sich ein
besonders triftiger Grund dafür ergäbe, und so war ihre
innere Unruhe eigentlich durch nichts begründet.
Aber Skade wusste, wozu die Anlage fähig war, und das
genügte.
Sie nahm sich zusammen. Die Anzeigen verrieten, dass Galiana weit
genug aufgewärmt war, um den Wolf zu wecken. Schon fing die
Maschine bekannte Muster elektrischer und chemischer Aktivität
auf. Galiana begann wieder zu denken.
Skade schloss die Augen. Sie spürte einen kurzen Ruck, als
sie die Schwelle überschritt, eine schnelle Drehung, die ihr die
Sinne verwirrte. Dann stand sie auf einem flachen, harten Felsen, auf
dem ihre Füße gerade Platz fanden. Ringsum ragten wie
Trittsteine in flachem, grauem Wasser viele weitere Felsen aus dem
Nebel, dazwischen wölbten sich scharfkantige, mit Muscheln
besetzte Felsgrate. Sie konnte in keine Richtung mehr als
fünfzehn bis zwanzig Meter weit sehen. Die salzige Luft war kalt
und feucht und roch nach verwesendem Seetang. Skade zog
fröstelnd ihren schwarzen Kittel um sich. Darunter war sie
nackt. Ihre bloßen Zehen krallten sich um die Kante des
Felsens. Nasses schwarzes Haar hing ihr in die Augen. Als sie die
Hand hob, um es sich aus der Stirn zu streichen, schnappte sie
überrascht nach Luft. Ihr Mähnenkamm war verschwunden. Sie
war wieder ganz menschlich; der Wolf hatte ihren Körper in
seinen früheren Zustand zurückversetzt. In der Ferne
rauschte ein Meer wie eine aufgebrachte Menge. Der Himmel war von
einem fahlen Graugrün und verschmolz mit dem Nebel, der bis zum
Boden reichte. Der Anblick verursachte ihr Übelkeit.
Anfangs hatte Skade noch mühsam versucht, durch Galianas Mund
mit dem Wolf zu kommunizieren, doch diese Methode erwies sich,
verglichen mit einer
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