Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
unnatürlich lautlos von hinten angeschlichen.
Nicht einmal ihr Atem war zu hören. Die gepanzerte Rüstung
füllte, schwarz wie die Nacht, den ganzen Korridor aus. Ihr
Gesicht schwebte darüber wie ein bleiches Oval.
    »Hallo, Clavain. Und das ist wahrscheinlich Scorpio.«
Sie betrachtete ihn nicht ohne Interesse. »Du bist also nicht
tot, Schwein?«
    »Clavain wollte mir eben erklären, was ich für ein
Glück hatte, die Synthetiker kennen zu lernen.«
    »Clavain ist immer die Vernunft in Person.«
    Clavain war wie vom Donner gerührt und starr vor Entsetzen.
Remontoire hatte ihm von Skades Unfall erzählt und ihn
vorgewarnt, doch auf diesen Anblick war er nicht gefasst. Die
mechanische Rüstung mit ihren ausladenden Hüften und den
leichten Ausbuchtungen im Brustpanzer war nicht nur androform,
sondern auf eine karikaturistisch überzogene, fast schon
mittelalterliche Weise sogar feminin. Doch Clavain wusste inzwischen,
dass es keine Rüstung war, sondern eine Prothese zur
Lebenserhaltung. Der einzig organische Teil war Skades Kopf mit dem
Mähnenkamm, der fest in der Halsöffnung steckte. Der
brutale Kontrast von Fleisch und Maschine war von einer schreienden
Unnatürlichkeit, die noch krasser spürbar wurde, wenn Skade
lächelte.
    »Das hast du mir angetan«, sagte sie. Sie sprach laut,
offensichtlich Scorpios wegen. »Du kannst wirklich stolz auf
dich sein.«
    »Nicht ich habe dir das angetan, Skade. Ich weiß, was
vorgefallen ist. Du wurdest durch mich verletzt, und das bedauere ich
sehr. Aber du weißt genau, dass es nicht mit Absicht
geschah.«
    »Dann hast du unabsichtlich Fahnenflucht begangen? Wenn es
doch nur so einfach wäre.«
    »Nicht ich habe dir den Kopf vom Körper getrennt,
Skade«, beharrte Clavain. »Die Verletzungen, die ich dir
zufügte, hätte Delmar inzwischen heilen können. Du
wärst wieder ein ganzer Mensch. Aber das passte ja nicht in
deine Pläne.«
    »Meine Pläne wurden von dir bestimmt, Clavain. Von dir
und von meiner Loyalität zum Mutternest.«
    »Ich ziehe deine Loyalität nicht in Zweifel, Skade. Ich
weiß nur nicht genau, wem sie gehört.«
    Scorpio flüsterte: »Noch dreizehn Minuten, Clavain. Dann
müssen wir draußen sein.«
    Skade fuhr zu dem Schwein herum. »Keine Zeit, wie?«
    »Geht das nicht jedem so?«, gab Scorpio zurück.
    »Ihr seid aus einem bestimmten Grund hier. Wenn ihr die Nachtschatten zur zerstören wolltet, hättet ihr das
mit euren Waffen sicher längst tun können.«
    »Gib mir Felka«, sagte Clavain. »Gib mir Felka, und
wir ziehen wieder ab.«
    »Bedeutet sie dir so viel, Clavain, dass du ihretwegen sogar
darauf verzichtet hast, mich abzuschießen?«
    »Sie bedeutet mir sehr viel.«
    Türkise und orangerote Wellen durchliefen Skades
Mähnenkamm. »Du kannst sie haben, wenn du dann
verschwindest. Aber vorher will ich dir noch etwas zeigen.«
    Sie hob die gepanzerten Arme und fasste sich mit beiden
Händen an den Hals, als wollte sie sich erwürgen. Aber die
Metallprothesen konnten offenbar auch sehr behutsam zugreifen.
Clavain hörte in ihrer Brust etwas klicken, dann schob sich die
metallene Halssäule zwischen den Schultern nach oben. Sie war im
Begriff, sich den Kopf abzunehmen. Clavain sah angewidert, aber doch
wie in Trance zu. Der untere Teil der Säule kam frei. An seinem
Ende hingen segmentierte Schläuche, die nun mit krampfhaftem
Zucken Tröpfchen einer rosaroten Flüssigkeit verspritzten
– Blut vielleicht oder ein künstlicher Blutersatz.
    »Skade…«, sagte er. »Das muss wirklich nicht
sein.«
    »Und ob das sein muss, Clavain. Du sollst schließlich
genau wissen, was du mir angetan hast. Du sollst das Grauen in seinem
ganzen Ausmaß erfassen.«
    »Ich glaube, er hat schon kapiert«, sagte Scorpio
ungerührt.
    »Gib mir Felka, und ich ziehe ab.«
    Sie nahm den Kopf in eine Hand und hob ihn hoch, ohne mit dem
Sprechen aufzuhören. »Hasst du mich, Clavain?«
    »Ich habe nichts gegen dich persönlich, Skade. Ich halte
dich nur für schlecht beraten.«
    »Was ist so schlecht daran, das Überleben unseres Volkes
zu sichern?«
    »Du bist besessen, Skade«, sagte Clavain. »Du warst
einmal eine gute Synthetikerin, eine von den besten. Du hast dem
Mutternest so aufrichtig gedient wie ich. Bis man dich nach Chasm
City in dieses Château schickte.«
    Jetzt hatte er ihre Neugier geweckt. Ihre Augen weiteten sich.
»Das Château des Corbeaux? Was hat das mit der ganzen
Sache zu tun?«
    »Viel mehr, als du wahrhaben möchtest«, sagte
Clavain. »Du warst

Weitere Kostenlose Bücher