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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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abfinden müssen. Jemand von
deinen Leuten soll sich eine plausible Erklärung einfallen
lassen.«
    »Auf eine Lüge mehr oder weniger kommt es inzwischen
auch nicht mehr an. Ich werde mir etwas ausdenken – vielleicht
eine Unverträglichkeit der Atmosphären.«
    »Das wird genügen. Es braucht ja nichts
Spektakuläres zu sein: Nur ein einleuchtender Grund, warum wir
sie noch ein paar Stunden länger an Bord behalten.«
    Thorn ging nach hinten, um sich mit seinen Helfern abzusprechen.
Allzu schwierig sollte es nicht werden, dachte Khouri: die Mehrheit
der Passagiere war ohnehin darauf eingestellt, erst in einigen
Stunden umsteigen zu können. Sie würden nicht gleich
merken, dass etwas nicht in Ordnung war. Solange sich nicht
herumsprach, dass niemand von Bord gelassen wurde, ließ sich
ein Aufruhr noch eine Weile verhindern.
    Sie wartete, bis Thorn zurückkehrte.
    »Was nun?«, fragte er. »Wenn wir durch die
Hauptschleuse gehen und nicht wiederkommen, werden die Leute
misstrauisch.«
    »Es gibt hier eine kleinere Schleuse.« Khouri wies mit
einem Nicken auf eine gepanzerte Tür in einer Wand des
Flugdecks. »Ich habe eine Röhre angefordert, die diesen
Ausgang mit der Bucht verbindet. So können wir aus und ein
gehen, ohne dass jemand etwas davon mitbekommt.«
    Die Röhre stieß bereits klirrend an den Rumpf. Bislang
zeigte sich das große Schiff sehr entgegenkommend. Khouri und
Thorn holten Raumzüge aus dem Notfallspind und legten sie an,
obwohl angezeigt wurde, dass die Luft in der Verbindungsröhre,
was Druck und Zusammensetzung betraf, normal war. Sie schwebten zur
Schleuse, öffneten die Innentür und zwängten sich in
die Kammer. Da kein Druckausgleich erforderlich war, öffnete
sich der Ausgang sofort.
    Jemand erwartete sie in der Röhre.
    Khouri zuckte zurück und spürte, dass Thorn genauso
reagierte. Aus ihrer Soldatenzeit hatte sie sich eine tiefsitzende
Abneigung gegen Roboter bewahrt. Auf Sky’s Edge war ein Roboter
oft das Letzte, was man zu sehen bekam. Seit sie sich auch in anderen
Kulturen bewegte, hatte sie gelernt, diese Phobie zu
unterdrücken, aber wenn sie unerwartet einer solchen Maschine
gegenüberstand, erschrak sie immer noch.
    Dieser Servomat war ihr unbekannt. Obwohl er der menschlichen
Gestalt nachempfunden war, hatte er denkbar wenig Ähnlichkeit
mit einem Menschen. Er war weitgehend hohl, eine filigrane
Gitterkonstruktion mit dünnen Drahtgelenken und Verstrebungen,
aber kaum massiven Teilen. Im Innern des Skeletts schwebten
verschiedene Metallgeräte, schwirrende Sensoren und ein
arterielles Netz von Datenleitungen. Arme und Beine hatte es so weit
ausgebreitet, dass sie ihnen den Durchgang versperrten.
    »Das sieht nicht gut aus«, sagte Khouri.
    »Hallo«, bellte der Servomat mit blecherner
Synthetikstimme.
    »Wo ist Ilia?«, fragte Khouri.
    »Unpässlich. Könnten Sie Ihre Anzüge zur
umfassenden visuellen und auditiven Interpretation der von mir
ausgestrahlten Datenfelder autorisieren? Es würde die
Kommunikation sehr erleichtern.«
    »Wovon spricht er?«, fragte Thorn.
    »Wir sollen ihn manipulieren lassen, was die Anzüge uns
zeigen.«
    »Kann er das denn?«
    »Alles auf diesem Schiff ist dazu imstande, wenn wir es
erlauben. Die meisten Ultras haben dafür entsprechende
Implantate.«
    »Und du?«
    »Ich habe mir die meinen entfernen lassen, bevor ich nach
Resurgam ging. Um zu vermeiden, dass man jederzeit feststellen
konnte, woher ich kam.«
    »Vernünftig«, sagte Thorn.
    Der Servomat meldete sich wieder zu Wort. »Ich versichere
Ihnen, ich werde kein falsches Spiel mit Ihnen treiben. Ich bin im
Grunde ziemlich harmlos, wie Sie selbst sehen. Ilia hat meinen
Körper bewusst so gewählt, dass ich keinen Schaden
anrichten kann.«
    »Ilia hat ihn gewählt?«
    Der Gitterkopf nickte. Khouri sah etwas Weißes auf und ab
hüpfen: zwischen zwei Drähten war ein Stäbchen
eingeklemmt, das verdächtig wie eine Zigarettenkippe aussah.
    »Ja, sie hat mich an Bord gelassen. Ich bin eine Beta-Kopie
von Nevil Clavain. Eine Schönheit bin ich zwar auch in
Wirklichkeit nicht, aber so sehe ich nun doch nicht aus. Wenn Sie
mich so sehen möchten, wie ich tatsächlich bin…«
Das Gerippe winkte auffordernd mit einer Hand.
    »Sei vorsichtig«, flüsterte Thorn.
    Khouri befahl ihrem Anzug subvokal, die ausgestrahlten Datenfelder
aufzunehmen und zu interpretieren. Ihr Blickfeld veränderte
sich. Der Servomat wurde gelöscht und verschwand. Ihr Anzug
füllte die entstandene Lücke mit

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