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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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qualifizierten Vermutungen
und eigenen Informationen über die dreidimensionale Umgebung.
Alle Sicherungen blieben erhalten. Sollte sich der Servomat schnell
bewegen oder irgendetwas tun, das dem Anzug nicht geheuer war,
würde er sofort wieder in Khouris Blickfeld eingefügt
werden.
    An Stelle des Roboters erschien nun eine Männergestalt, die
nicht ganz mit der Umgebung harmonierte. Sie war zu scharf umrissen,
zu hell, und die Schatten fielen nicht ganz so, wie man es erwartet
hätte – aber diese Unstimmigkeiten waren beabsichtigt. Der
Anzug hätte den Mann auch vollkommen realistisch darstellen
können, doch er hatte bewusst eine etwas schlechtere
Bildqualität gewählt, um den Betrachter nicht vergessen zu
lassen, dass er es mit einer Maschine zu tun hatte.
    »So ist es schon besser«, sagte die Gestalt.
    Khouri sah einen gebrechlichen Greis mit weißem Bart und
weißem Haar. »Sind Sie Nevil… wie war doch noch Ihr
Name?«
    »Nevil Clavain. Und Sie müssen Ana Khouri sein.«
Die Stimme klang jetzt fast menschlich. Nur ein leiser
künstlicher Unterton war noch vorhanden, und auch der war so
gewollt.
    »Ich habe nie von Ihnen gehört.« Sie sah Thorn
fragend an.
    »Ich auch nicht«, antwortete er.
    »Wie sollten Sie auch?«, sagte Clavain. »Ich bin
schließlich eben erst angekommen oder bin zumindest im Begriff
dazu.«
    Khouri sagte sich, dass solche Details warten könnten.
»Was ist mit Ilia?«
    Clavains Züge verhärteten sich. »Ich habe leider
keine guten Nachrichten. Sie kommen am besten mit mir.« Er
drehte sich mit leicht eckigen Bewegungen um und ging auf den Ausgang
der Röhre zu. Offenbar hielt er es für
selbstverständlich, dass sie ihm folgten.
    Khouri sah Thorn an. Ihr Begleiter nickte wortlos.
    Sie setzten sich in Bewegung.
    * * *
    Die Sehnsucht nach Unendlichkeit war wie eine riesige
Gruft. Khouri sagte sich immer wieder vor, der Servomat könne
ihr nichts anhaben, zumindest könne er nichts tun, was Ilia
nicht bereits gebilligt hätte. Ilia hätte eine Beta-Kopie
bei der Installation sicher nur mit einer begrenzten Anzahl von
Handlungsmöglichkeiten ausgestattet und alle Aktionen streng
kontrolliert. Der Servomat wurde von der Beta-Kopie ohnehin nur
gesteuert; die Software selbst – und mehr war es nicht, ermahnte
sie sich, nur sehr hochentwickelte Software – lief auf einem der
noch verbliebenen Netzwerke des Schiffes.
    »Erzählen Sie mir, was geschehen ist, Clavain«, bat
sie. »Sie bemerkten vorhin, Sie seien noch gar nicht angekommen.
Wie soll ich das verstehen?«
    »Mein Schiff, die Zodiakallicht, befindet sich in der
letzten Bremsphase«, antwortete er. »Sie wird bald in das
System einfliegen und relativ zu diesem Schiff zum Stillstand kommen.
Mein physisches Original befindet sich an Bord. Ich habe Ilia
gebeten, diese Beta-Kopie zu installieren, da der Zeitunterschied
vernünftige Verhandlungen unmöglich machte. Ilia hat meiner
Bitte entsprochen… und deshalb bin ich hier.«
    »Und wo ist Ilia?«
    »Ich kann Ihnen sagen, wo sie ist«, sagte Clavain.
»Aber was mit ihr geschehen ist, weiß ich nicht genau. Sie
hatte mich nämlich abgeschaltet.«
    »Dann muss sie Sie auch wieder angeschaltet haben«,
folgerte Thorn.
    Sie gingen – oder wateten – durch knietiefen,
gallegrünen Schiffsschleim. Seit sie die Andockbucht verlassen
hatten, durchquerten sie rotierende Bereiche mit künstlicher
Schwerkraft, die allerdings nicht überall gleich hoch war.
    »Eigentlich nicht«, sagte Clavain. »Das ist das
Seltsame. Man könnte sagen, ich erwachte und stellte fest…
aber ich will nicht vorgreifen.«
    »Ist sie tot?«, fragte Khouri rundheraus.
    »Nein«, antwortete Clavain mit einigem Nachdruck.
»Nein, sie ist nicht tot. Aber es geht ihr nicht gut. Ich bin
froh, dass Sie jetzt hier sind. Habe ich richtig verstanden, dass
sich auf ihrem Shuttle Passagiere befinden?«
    Leugnen hätte keinen Zweck gehabt. »Zweitausend an der
Zahl«, sagte Khouri.
    »Ilia sagte, Sie müssten insgesamt hundert Flüge
machen. Das heißt, dies ist erst die erste Fuhre, nicht
wahr?«
    »Wenn Sie uns die Zeit geben, schaffen wir alle
hundert«, erklärte Thorn.
    »Es könnte gut sein, dass Sie keine Zeit mehr
haben«, gab Clavain zurück. »So Leid es mir tut, aber
so ist die Lage.«
    »Sie erwähnten Verhandlungen«, sagte Khouri.
»Was, zum Teufel, gibt es da noch zu verhandeln?«
    Ein gütiges Lächeln erhellte Clavains Greisengesicht.
»Eine ganze Menge, fürchte ich. Sie haben nämlich
etwas, das mein

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