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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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mussten Abstand
halten und sich an Bord des Schiffes wie Fremde gebärden. Das
hatte bei Khouri den Wunsch, mit ihm zu schlafen, so stark werden
lassen wie nie zuvor. Nach dem Angriff der
Unterdrücker-Würfel in Rocs Gashülle waren sie
einander sehr nahe gekommen. Aber sie hatten den letzten Schritt
nicht getan, und sie hatten auch darauf verzichtet, als sie wieder
auf Resurgam waren. Seither herrschte zwischen ihnen eine erotische
Spannung, die erregend und quälend zugleich war. Khouri
fühlte sich fast unwiderstehlich zu ihm hingezogen und wusste,
dass seine Sehnsucht mindestens ebenso groß war. Irgendwann
würde es geschehen. Sie musste nur die längst
überfällige Erkenntnis akzeptieren, dass ihr altes Leben
vorüber war und ein neues begonnen hatte. Sie musste sich
durchringen, einen Schlussstrich unter ihre Vergangenheit zu ziehen,
sie musste sich notfalls zu der Einsicht zwingen, dass sie ihren
Ehemann nicht entwürdigte, wenn sie sich von ihm löste. Sie
hoffte nur, Fazil Khouri, wo immer er auch sein mochte, ob lebend
oder tot, möge zu der gleichen Erkenntnis gekommen sein und die
Kraft gefunden haben, das Lebenskapitel abzuschließen, in dem
Ana Khouri vorkam. Sie hatten sich geliebt, leidenschaftlich geliebt,
doch dem Universum waren die Wirren des menschlichen Herzens
gleichgültig. Nun musste jeder seinen eigenen Weg gehen.
    Thorn fasste im Schutz der Schatten, die ihre Körper warfen,
behutsam nach ihrer Hand. »Nein«, sagte er. »Nach
Resurgam bringen wir sie nicht zurück. Aber können wir
ihnen ehrlich versprechen, sie in eine bessere Welt zu führen?
Vielleicht tun wir nichts anderes, als ihnen einen neuen Platz zum
Sterben zu geben.«
    »Wir bringen sie auf ein Raumschiff, Thorn.«
    »Ein Raumschiff, das nicht daran denkt, sich von der Stelle
zu rühren.«
    »Noch nicht«, sagte sie.
    »Ich kann nur hoffen, dass du Recht hast.«
    »Ilia ist beim Captain ein Stück weit
vorangekommen«, sagte Khouri. »Die Schale, mit der er sich
umgibt, bricht allmählich auf. Wenn sie ihn überreden
konnte, die Weltraumgeschütze zu stationieren, kann sie ihn auch
dazu bringen, sich zu bewegen.«
    Er wandte sich vom Sichtfenster ab. Die harten Schatten
ließen seine Züge schärfer hervortreten. »Und
dann?«
    »Fliegen wir in ein anderes System. Welches es ist, spielt
keine Rolle. Wir werden uns eins aussuchen. Schließlich gibt es
nichts Schlimmeres, als hier zu bleiben.«
    »In nächster Zeit vielleicht schon. Aber sollten wir
nicht wenigstens in Erfahrung bringen, was Sylveste für uns tun
könnte?«
    Sie zog ihre Hand zurück und sagte kühl: »Sylveste?
Ist das dein Ernst?«
    »Es war ihm nicht gleichgültig, als wir in Rocs
Gashülle in Bedrängnis gerieten. Irgendetwas stand uns bei.
Du hast Sylveste erkannt, vielleicht auch eine Kopie seiner
Persönlichkeit. Und das Objekt, was immer es war, ist zu Hades
zurückgekehrt.«
    »Was schlägst du vor?«
    »Das Undenkbare in Erwägung zu ziehen, Ana: Ihn um Hilfe
zu bitten. Du hast mir erzählt, die Hades-Matrix wäre
älter als die Unterdrücker. Vielleicht ist sie auch
stärker. In Rocs Gashülle hatte es jedenfalls diesen
Anschein. Sollten wir uns nicht wenigstens anhören, was Sylveste
in dieser Sache zu sagen hat? Selbst wenn er uns nicht direkt helfen
kann, hat er vielleicht nützliche Informationen. Er ist
subjektiv seit einer Ewigkeit da drinnen und hat Zugriff auf das
Archiv einer ganzen Raumfahrerzivilisation.«
    »Du hast mich nicht verstanden, Thorn. Ich dachte, ich
hätte es dir erklärt, aber ich muss offensichtlich noch
deutlicher werden. Man dringt nicht so einfach in die Hades-Matrix
ein.«
    »Nein, ich habe es nicht vergessen. Aber es gibt einen
Weg, nicht wahr, auch wenn man dazu sterben muss?«
    »Es gab auch einen anderen Zugang, aber ich kann nicht
garantieren, dass er noch existiert. Sterben ist die einzige
Möglichkeit, die ich kenne. Und ich gehe nicht mehr dorthin,
nicht in diesem und auch nicht im nächsten Leben.«
    Thorn senkte den Kopf. Sie hatte Mühe, in seinen starren
Zügen zu lesen. War er enttäuscht oder konnte er sie
verstehen? Er hatte keine Ahnung, was es bedeutete, Hades entgegen zu
stürzen und zu wissen, dass dort der sichere Tod wartete. Nach
der Begegnung mit Sylveste und Pascale war sie wiederauferstanden,
aber niemand hatte ihr versprochen, dass man ihr diesen Gefallen ein
zweites Mal tun würde. Die Wiedererweckung hatte einen
beträchtlichen Teil der Rechnerkapazität des Hadesobjekts
in Anspruch genommen,

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