Die Arche
Phantasie mit endlosen Schreien
füllte. Noch schlimmer war, wie das Schiff des Triumvirn immer
wieder von grellen Blitzen aus der Dunkelheit geholt wurde, aber
niemals so lange, dass sie seine Form zur Gänze hätte
erfassen können. Was sie von seiner pervertierten Architektur
sah, war freilich auch so bestürzend genug.
Jetzt hatte sie etwas Neues entdeckt: irgendwo inmitten der
Wülste und Runzeln am Rumpf der Sehnsucht nach Unendlichkeit tat sich für einen Moment ein helles Rechteck auf wie eine
goldene Tür, und etwas schlüpfte durch die Öffnung
nach draußen. Der Schein eines Shuttle-Triebwerks erhellte die
gezackten Umrisse eines Strebepfeilers, und als sich das Shuttle
drehte und mit raschen Korrekturschüben in die gewünschte
Flugrichtung brachte, kroch der schwarze Schatten des Pfeilers
über ein riesiges Rumpffeld, das so schuppig war wie eine
Eidechsenhaut.
* * *
Was ist mit den Wölfen, Felka?
[Ich will dir alles erzählen, Clavain. Jedenfalls alles,
was ich erfahren habe. Alles, was der Wolf bereit war, mir
mitzuteilen.]
Das muss nicht das ganze Bild sein, Felka. Vielleicht nicht
einmal ein Teil davon.
[Ich weiß. Aber ich finde, du solltest es trotzdem
erfahren.]
* * *
Es war nicht nur der Krieg gegen die Intelligenz, erklärte sie Clavain. Der war nur ein Teil des Ganzen;
ein Stein im riesigen, ins Wanken geratenen Gebäude ihrer
kosmischen Verantwortung. Auch wenn es so aussehen mochte, die
Wölfe hatten nicht vor, alles intelligente Leben in der Galaxis
auszurotten. Was sie anstrebten, war kein verheerender Brand oder
eine radikale Entlaubung, sondern hatte Ähnlichkeit mit dem
Zurückschneiden eines Waldes auf ein paar Schösslinge; sie
wollten das Feuer nicht löschen, sondern nur auf wenige sorgsam
gehütete Flämmchen reduzieren.
Denk darüber nach, riet ihm Felka. Die Existenz der
Wölfe löste ein kosmisches Rätsel: die Killermaschinen
erklärten, warum die Menschheit weitgehend allein war im
Universum; warum die Galaxis offenbar keine anderen intelligenten
Zivilisationen hervorgebracht hatte. Es hätte auch sein
können, dass die Menschheit nur eine Laune der Statistik in
einem ansonsten sterilen Kosmos darstellte; dass die Entwicklung von
intelligenten, Werkzeuge verwendenden Lebewesen unglaublich selten
war, und dass das Universum eine gewisse Zahl von Milliarden Jahren
alt sein musste, bevor eine solche Spezies ihre Chance bekam. Diese
Vermutung hatte sich bis zum Beginn der Raumfahrtepoche gehalten,
doch dann stießen irdische Forscher in den umliegenden
Sonnensystemen auf Trümmer fremder Zivilisationen, und stellten
fest, dass Werkzeuge verwendendes, technisch orientiertes Leben
keineswegs selten, sondern ganz im Gegenteil ziemlich verbreitet war.
Doch aus irgendeinem Grund waren diese Zivilisationen alle
ausgestorben.
Die Spuren zeigten, dass sich die Ereignisse, die zur
Auslöschung führten, verglichen mit der evolutionären
Entwicklung der Arten über relativ kurze Zeiträume
erstreckten: manchmal nur über wenige Jahrhunderte. Auch schien
die Vernichtung immer dann zu erfolgen, wenn eine Spezies ernsthafte
Anstalten machte, in den interstellaren Raum aufzubrechen.
Mit anderen Worten, etwa auf der Entwicklungsstufe, auf der
sich die Menschheit – zerstritten, zerrissen, aber im
Wesentlichen noch immer eine Gattung – derzeit befand.
Nach diesen Erkenntnissen, fuhr sie fort, war es nicht
allzu verwunderlich, dass etwas wie die Wölfe – oder die
Unterdrücker, wie sie von einigen ihrer Opfer genannt wurden
– existierte, die Annahme war unvermeidlich. Wenn man das Muster
der Auslöschungen betrachtete, mussten gnadenlose Schwärme
von Killermaschinen zwischen den Sternen lauern und Äonen lang
geduldig auf die ersten Anzeichen aufkommender Intelligenz
warten…
Aber wo lag dabei eigentlich der Sinn?, fragte Felka. Wenn die Ausrottung der Intelligenz, aus welchen Gründen auch
immer, erforderlich war, warum packte man das Übel dann nicht an
der Wurzel? Intelligenz entwickelte sich aus dem Leben; das Leben
entwickelte sich – bis auf sehr seltene und exotische Ausnahmen
– unter bestimmten Bedingungen aus einem weit verbreiteten
Gebräu von Chemikalien. Wenn also die Intelligenz der Feind war,
warum griff man nicht früher vor Ort in die Evolution
ein?
Dafür hätte es tausende von verschiedenen Verfahren
gegeben, besonders, wenn man in Zeiträumen von Jahrmilliarden
arbeitete. Man konnte die Entstehungsprozesse von Planeten
stören. Schon kleine
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