Die Arche
alles
herausholen, was möglich ist.«
»Ich beneide Sie nicht, Scorpio. Ich weiß, dass Sie
schon eine ganze Reihe von Ihren Soldaten verloren haben.«
»Es sind unsere Soldaten, Antoinette, nicht nur die
meinen.« Auf der Steuerkonsole seines Trikes flammten Displays,
Leuchtanzeigen und Zielraster auf. Hinter ihm wurde das zweite
Shuttle von den Hydraulikböcken ins All gestoßen. Als es
seinen Antrieb zündete, fiel ein harter blauer Schein auf
Scorpios Panzer. »Hören Sie zu«, sagte er. »Sie
sollten sich Folgendes klar machen. Wenn Sie wüssten, welche
Lebenserwartung ein Schwein im Mulch hatte, würden Sie
das, was heute passiert ist, alles nicht so tragisch finden. Die
meisten meiner Soldaten wären schon vor Jahren gestorben, wenn
sie sich Clavains Kreuzzug nicht angeschlossen hätten. Ich
finde, sie stehen eher in Clavains Schuld als umgekehrt.«
»Das heißt nicht, dass sie heute unbedingt sterben
müssen.«
»Das werden die meisten auch nicht. Clavain hat immer
gewusst, dass mit gewissen Verlusten zu rechnen wäre, und meine
Schweine wussten es auch. Wir hatten auch früher keinen einzigen
Straßenzug in Chasm City eingenommen, ohne dass Schweineblut
vergossen worden wäre. Aber die meisten von uns werden
zurückkehren, und zwar mit den Geschützen. Der Sieg ist
schon fast unser, Antoinette. Als Clavain den Inaktivierungscode
einsetzte, war Volyovas Krieg vorbei.« Scorpio zog sich mit
einem klobigen Handschuh das Blendvisier herunter. »Was jetzt
kommt, ist kein richtiger Krieg mehr, nur noch ein
Aufräumen.«
»Darf ich Ihnen trotzdem Glück wünschen?«
»Sie können mir wünschen, was immer Sie wollen.
Ändern wird es nichts. Sonst hätte ich mich nämlich
nicht ausreichend vorbereitet.«
»Viel Glück, Scorpio. Viel Glück für Sie und
Ihre ganze Armee.«
Das dritte Shuttle wurde an den Startpunkt geschoben. Sie wartete,
bis es mit den letzten Trikes – und mit Scorpio – abgelegt
hatte, dann befahl sie ihrem Schiff, die Luke zu schließen und
die Kampfsphäre zu verlassen.
* * *
Volyova traf wohlbehalten bei Geschütz Siebzehn ein. Der
Kampf um ihr Schiff tobte weiter, aber Clavain gab sich
offensichtlich große Mühe, die kostbaren Waffensysteme
nicht zu beschädigen. Vor dem Ablegen hatte sie den Aufmarsch
seiner Trikes, Shuttles und Korvetten studiert und war zu dem Schluss
gekommen, dass die Chance, beschossen zu werden, bevor sie mit ihrem
Schiff Geschütz Siebzehn erreichte, nur fünfzehn Prozent
betrug. Normalerweise hätte sie sich mit einer solchen
Wahrscheinlichkeit nicht abgefunden, doch jetzt stellte sie nicht
ohne Entsetzen fest, dass ihr das sogar günstig erschien.
Geschütz Siebzehn war nur eins von den fünfen, die sie
nicht in die schützende Obhut der Sehnsucht nach
Unendlichkeit zurückgeholt hatte. Sie parkte ihr Shuttle so
dicht daneben, dass niemand es angreifen konnte, ohne auch das
Geschütz zu beschädigen. Dann ließ sie die Luft aus
der Kabine entweichen, um sich die zeitaufwändige Prozedur mit
der Luftschleuse zu ersparen. Die Motoren des Anzugs
unterstützten ihre Bewegungen und vermittelten ihr ein
trügerisches Gefühl von Kraft und Vitalität. Aber
vielleicht lag das nicht ganz allein am Anzug.
Volyova hievte sich aus der offenen Schleuse und schwebte einen
Augenblick lang zwischen dem Schiff und der mächtigen Seitenwand
von Geschütz Siebzehn. Sie fühlte sich entsetzlich
schutzlos, aber das vergaß sie sofort über den
faszinierenden Eindrücken der Raumschlacht. Wohin sie auch
schaute, rasten Schiffe vorbei, sprühten Abgasfackeln und
flammten Atom- und Antimaterie-Explosionen auf wie blau
geränderte Blüten. In ihrem Helmfunk knisterten
ständig die Störungen. Der Strahlungssensor ihres
Raumanzugs zirpte in den höchsten Tönen. Sie schaltete
beide Geräte ab, um Ruhe zu haben.
Volyova hatte das Shuttle genau über der Luke in der
Seitenwand von Geschütz Siebzehn geparkt. Nun tippte sie Befehle
in die dicken Tasten ihres Anzugarmbands. Ihre Finger waren steif,
aber sie ließ sich Zeit und machte keine Fehler. Nachdem
Clavain dem Geschütz seinen Abschaltbefehl geschickt hatte, war
nicht zwangsläufig damit zu rechnen, dass ihre Eingaben auch
angenommen wurden.
Aber die Luke glitt auf, und fahlgrünes Licht strömte
heraus.
»Danke«, sagte Ilia Volyova, obwohl niemand da war.
Sie ließ sich kopfüber in den grünen Schacht
sinken. Der Krieg verschwand so spurlos wie ein schlechter Traum.
Über sich sah sie nur die gepanzerte Schleuse im
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