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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Clavain. Ich habe das bisher nicht sehr oft getan,
aber das heißt nicht, dass ich es nicht
könnte…]
    Das hatte ich nie angenommen…Es ist nur… Sie
waren so nahe beieinander, dass sie wie Synthetiker kommunizieren
konnten, obwohl das Shuttle keine entsprechende Anlage besaß.
Die Felder, die ihre Implantate erzeugten, waren auch ohne weitere
technische Hilfsmittel so stark, dass eine Verständigung im
Umkreis von wenigen Metern möglich war.
    [Du hast Recht. Normalerweise wollte ich es nicht. Aber du
bist nicht irgendjemand.]
    Du brauchst nicht, wenn du nicht…
    [Clavain: eine Warnung zuvor. Du kannst bis auf den Grund
meines Denkens sehen. Keine Barrieren, keine Trennwände, keine
Gedächtnisblockaden. Nicht für dich. Aber dringe nicht zu
tief ein. Nicht, weil du private Dinge sehen könntest, oder
Dinge, deren ich mich schäme… es ist nur…]
    Weil ich es vielleicht nicht ertragen könnte?
    [Manchmal kann ich es selbst nicht ertragen, Clavain, und ich
muss seit meiner Geburt damit leben.]
    Ich verstehe.
    Er schaute in die obersten Schichten ihrer Persönlichkeit und
spürte den Strom der Gedanken. Alles war ruhig. Es gab nichts,
was er nicht untersuchen, keine Sinneswahrnehmung, keine Erinnerung,
die er nicht herauslösen und öffnen könnte, als
wäre es seine eigene. Aber unter dieser Oberfläche ahnte er
wie ein Rauschen hinter trübem Glas einen tobenden Sturm,
hektisch und ohne Ende, eine Maschine, die ständig im Begriff
war, sich selbst in Stücke zu reißen, obwohl es ihr nicht
vergönnt war, in diesem Akt der Zerstörung Linderung zu
finden.
    Er zog sich zurück, aus Angst, in diesen Hexenkessel
hineinzustürzen.
    [Verstehst du jetzt, was ich meine?]
    Ich habe immer gewusst, dass du mit etwas dergleichen leben
musstest. Ich konnte nur nicht…
    [Es ist nicht deine Schuld. Niemand hat Schuld daran, nicht
einmal Galiana. Ich bin einfach so.]
    Jetzt verstand er, vielleicht besser als jemals zuvor, warum Felka
nach Spielen süchtig war. Mit komplexen Spielen ließ sich
die rasende Maschine dämpfen, wenn sie beschäftigt war,
wurde sie ruhiger. Das Kind Felka hatte dafür nur die
Große Mauer gebraucht, aber die hatte man ihr genommen. Danach
hatte sie nichts mehr gefunden, was ihr genügte. Vielleicht
wäre die Mauer mit Felka mitgewachsen, vielleicht hätte
auch sie ihre Bedürfnisse auf Dauer nicht befriedigen
können. Doch nun ging es nur noch darum, Ersatz zu finden:
Spiele, Rätsel, Labyrinthe, Nahrung für die Maschine, damit
in Felkas Innerem ein klein wenig Ruhe einkehrte.
    Jetzt verstehe ich auch, warum du glaubst, die Schieber
könnten dir helfen.
    [Selbst wenn sie mich nicht ändern können – und
ich bin nicht einmal sicher, ob ich das wollte –, hätten
sie vielleicht Stoff zum Nachdenken für mich, Clavain. In ihren
Ozeanen sind so viele Fremdintelligenzen bewahrt, so viele Muster
gespeichert. Vielleicht könnte ich darin sogar etwas erkennen,
das andere Schwimmer nicht sehen. Vielleicht könnte ich einen
wertvollen Beitrag leisten.]
    Ich habe dir immer versprochen, mein Möglichstes zu tun.
Aber es ist nicht einfacher geworden. Das siehst du doch ein?
    [Natürlich.]
    Felka…
    Sie hatte wohl so weit in seinem Bewusstsein gelesen, dass sie
seine Frage vorwegnehmen konnte. [Ich habe dich belogen, Clavain.
Ich habe gelogen, um dich zu retten, um dich zum Umkehren zu
bewegen.]
    Er wusste es bereits von Skade. Doch bisher hatte er nie ganz
ausgeschlossen, dass Skade ihrerseits gelogen haben könnte und
Felka doch seine Tochter wäre. In diesem Fall wäre es
eine Notlüge gewesen. Von dieser Sorte habe ich mehr als genug
auf meinem Gewissen.
    [Dennoch war es eine Lüge. Aber ich wollte nicht, dass
Skade dich tötete, und da hielt ich es für besser, nicht
die Wahrheit zu sagen…]
    Du musst gewusst haben, dass mich die Frage schon immer
beschäftigt hat…
    [Das war doch ganz natürlich, Clavain. Seit du mir das
Leben gerettet hattest, bestand immer eine besondere Bindung zwischen
uns. Und du warst Galianas Gefangener, bevor ich geboren wurde. Sie
hätte sich so leicht dein Genmaterial besorgen
können…] Ein Nebel legte sich über ihr Denken.
[Clavain, darf ich dich etwas fragen?]
    Zwischen uns gibt es keine Geheimnisse, Felka.
    [Warst du Galianas Geliebter, als du ihr Gefangener
warst?]
    Eine tiefe Ruhe überkam ihn, eine Klarheit des Geistes, die
ihn selbst überraschte. Ich weiß es nicht mehr. Ich
denke schon. Ich erinnere mich daran. Aber was haben Erinnerungen
nach vierhundert

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