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Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe

Titel: Die Artefakte der Macht 02 - Windharfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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bewachsen war und wie ein Juwel von einem ruhigen, von Sternen beleuchteten See umrahmt wurde.
    Als er den Tunneleingang erreicht hatte, überfiel Anvar plötzlich das Gefühl einer Vorahnung. Vorsichtig kroch er aus dem Tunnel heraus, sah sich um und lauschte, bevor er auf einen schmalen Strand hinaustrat, der ganz mit glatten, runden Steinen, die etwa die Größe einer geballten Faust hatten, übersät war und zum Wasser hin in einen Kiesstrand überging. Es war kein Laut zu hören bis auf das murmelnde Plätschern der Wellen und das rhythmische Aneinanderschlagen der vom Wasser umspülten Kieselsteine.
    Zuerst fühlte der Magusch sich auf dem Strand den Gewalten gegenüber, die überall auf ihn lauern konnten, erschreckend schutzlos, aber als die friedliche Stille dieses Ortes allmählich in seine Seele drang, wurde es ihm langsam leichter ums Herz, und er verspürte eine ruhige Gelassenheit und ein Gefühl der Sicherheit. Der dunkle See schien ihn anzuziehen, schien all den Schmerz und die Angst, die während der letzten Monate seine stetigen Begleiter gewesen waren, fortzuspülen und durch ein wunderbares Gefühl von Wärme und Freundlichkeit zu ersetzen.
    Anvar ging hinunter zum See und blickte auf das stille, dunkle Wasser. Einen Augenblick lang durchzuckte ihn ein schwindelerregendes Gefühl der Orientierungslosigkeit. Er sah Sterne: in der Tiefe des Wassers nur endlose Sterne, als blicke er nicht hinunter, sondern hinauf und immer weiter hinauf in den unendlichen Nachthimmel. Einfach nur Sterne, die sich im See widerspiegelten – und doch …
    Anvar brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, was in ihm vorging. Irgend etwas war falsch . Mit einem leisen Schrei blickte er zu dem Himmel auf und dann wieder hinunter auf den See. Schließlich zuckte er fluchend vor dem Wasser zurück, als sei es tödliches Gift. Die Sterne. Die Sterne waren falsch. Der Himmel, der sich in diesen unergründlichen Tiefen widerspiegelte, war nicht der klare Nachthimmel über ihm!
    Plötzlich kam Wind auf. Ein Büschel Schilfgras am Rand des Wassers begann zu rauschen und zu wispern und mit wildem Gelächter zu zischen. Die Sterne, die sich im See widerspiegelten, verloren sich, als sich die Oberfläche des Wassers plötzlich kräuselte. Kleine Wellen, die immer größer wurden, stürmten wie Kavalleriesoldaten gegen den Strand, mit weißen, im Wind wehenden Mähnen auf ihren Kronen. Anvar, der immer noch langsam Schritt um Schritt zurücktrat, drehte sich um und rannte auf den sicheren Schutz des Tunnels zu – nur um an einer glatten, schwarzen Steinwand abzuprallen.
    Ein knirschendes Rumoren, das sich zu einem donnernden Getöse steigerte, veranlaßte den Magusch, sich wieder zu dem See umzudrehen. Das Wasser in seiner Mitte schien zu kochen; es schäumte auf und erhob sich zu einem funkelnden und wirbelnden Berg. Ein großer, schwarzer Reißzahn durchbrach die gequälte Oberfläche und schleuderte die Wellen mit einer gewaltigen, weißen Schaumblüte zur Seite. Riesige Bögen aus winzigsten Tröpfchen blitzten himmelwärts, streckten sich mit silbernen Fingern nach den Sternen aus, bevor sie ihre Kraft erschöpft hatten und wieder in den See hinunterstürzten.
    Aus dem vom Wind umtosten Wasser des Weihers erhob sich plötzlich eine Insel; ein hoch aufragender, schwarzer Felsen wie ein verfaulter, scharfzackiger Zahn. Seewasser, zu lebendigem Weiß aufgeschäumt, rann von seinen sich erhebenden Flanken herab.
    Anvar, der sich mit dem Rücken gegen den steilen Felsen hinter sich preßte, schrak zurück, als gewaltige Wellen über den Strand auf ihn zurasten. Seine alte Furcht vor dem Wasser, vor dem Ertrinken, hätte ihn um ein Haar um den Verstand gebracht – bis ihm nach einem Augenblick entsetzlicher Furcht klar wurde, daß die Wellen zwar seine Füße umspülten und daß Gischt um seinen Kopf herumzischte, daß seine Haut und seine Kleider jedoch immer noch trocken waren, als befände sich zwischen ihm und dem Wasser eine unsichtbare Barriere, die das Wasser nicht zu durchbrechen wagte. Die Wellen hielten ein kleines Stück vor ihm inne – wie Straßenköter, die auf ihn zurasten, um sich in seinen Stiefeln festzubeißen, dann aber im letzten Augenblick nicht den Mut dazu fanden. Sollte das eine Warnung sein? Mit zusammengebissenen Zähnen rief der Magusch sich ins Gedächtnis, warum er hierhergekommen war. Nur die Cailleach, die Herrin der Nebel, konnte ihn zurück in seine eigene Welt schicken. Nur durch ihre Gnade

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