Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
bringen.
Was, um alles in der Welt …? Leise fluchend erhob sich Benziorn vom Boden und löschte mit hastigen Tritten die letzten glimmenden Aschenreste seines Feuers. Dann schien er mit der Dunkelheit zu verschmelzen, tastete nach einer bestimmten Stelle im Mauerwerk und hievte sich hinauf, um sich flach auf den breiten Rand des riesigen Färbetrogs zu legen – von hier aus konnte er den größten Teil der alten Mühle überblicken. Und dann ertönte es wieder, dieses knirschende Geräusch – und der gedämpfte Klang einer fluchenden Männerstimme, gefolgt von dem Krachen eines schweren Gegenstands, der zu Boden gegangen war. Das Geräusch kam Benziorn irgendwie bekannt vor. Ein wenig verspätet begriff der Arzt plötzlich, was es zu bedeuten hatte. Seine Gedanken wanderten zurück zu der Nacht, in der Jarvas Festung angegriffen worden war und die Nachtfahrer durch das Gitter im Fußboden der Walkmühle erschienen waren.
Konnte es jemand sein, der Yanis suchte? Benziorn zog sich ein klein wenig nach vorn und reckte den Hals, damit er um eine der tragenden Säulen herumschauen konnte. Einen Augenblick später erspähte er zwei stolpernde Gestalten, zwei Silhouetten gegen das blasser werdende Licht im Eingang. Sie taumelten und schienen sich kaum auf den Beinen halten zu können, als wären sie ebenfalls betrunken, und sie stützten einander, kurz bevor sie mitten im Raum in sich zusammensanken.
Benziorn wartete steif vor Anspannung und Furcht auf ein neuerliches Zeichen von Leben, aber die Eindringlinge regten sich nicht. Als das durch den Eingang fallende Licht verblaßte, fragte er sich, ob er es riskieren konnte, durch die Dunkelheit ins Freie zu schlüpfen. Es war möglich, daß Yanis ihn brauchte, und mittlerweile würde Tarnal ganz bestimmt nach ihm suchen. So leise wie ein Geist ließ er sich von dem Färbetrog hinuntergleiten – zumindest hatte er sich das so vorgestellt. In Wirklichkeit litt der Arzt immer noch unter den Nachwirkungen der Unmenge Schnaps, die er in sich hineingeschüttet hatte. Er rutschte ab, stürzte und landete mit einem Ächzen auf einer seiner leeren Flaschen, die wegrollte und mit einem Klirren, das in der staubigen Stille der leerstehenden Mühle ohrenbetäubend klang, an der Wand zersplitterte. Mit einem lautlosen Fluch auf den Lippen erstarrte Benziorn zu Eis. Er hörte das leise Scharren eines Menschen, der sich auf der anderen Seite des Färbetrogs bewegte.
»Vater? Hast du das gehört?«
»Pst!«
Als nächstes hörte man den zischenden Laut eines Schwertes, das vorsichtig aus der Scheide gezogen wurde, aber Benziorn hatte die erste Stimme bereits als die eines jungen Mädchens erkannt, und im Verein mit dem Alkohol, der immer noch in seinem Blut war, gab ihm das neuen Mut. Die bloße Tatsache, daß diese Leute Angst zu haben schienen und sich ebenfalls versteckten, konnte nur darauf hindeuten, daß sie keine ernsthafte Gefahr darstellten.
»Wer ist da?« rief er. »Wer ihr auch seid, ihr braucht euch nicht zu fürchten. Ich will euch nichts Bö …« Seine Worte gingen in ein ersticktes Kreischen über, als der scharfe Stahl einer Schwertklinge eine eisige Linie auf seine Kehle zeichnete.
»Eine Bewegung, und du bist tot. Wenn du um Hilfe rufst, wird das erste Wort, das dir über die Lippen kommt, gleichzeitig dein letztes sein, ist das klar?«
»Ja«, flüsterte der Arzt zitternd. Er verspürte den verzweifelten Drang, sich umzusehen, um das Gesicht seines Angreifers betrachten zu können, obwohl er wußte, daß es in der wachsenden Dunkelheit unmöglich sein würde, den Mann zu erkennen, und daß eine solche Torheit außerdem seinen sicheren Tod nach sich ziehen würde. Er war von solch panischem Schrecken erfüllt, daß er befürchtete, seine Knie würden jeden Moment unter ihm nachgeben – aber wenn sie das taten, würde das Schwert seine Kehle durchbohren. Ein Rinnsal klebrigen Schweißes rann sein Rückgrat hinunter. Benziorn hielt sich stocksteif und konzentrierte sich mit aller Macht darauf, nach vorn zu schauen und sich auf den Beinen zu halten.
»Wer bist du?« fragte die schroffe Stimme.
»B-Benziorn. Ein Arzt … Na ja, ein ehemaliger Arzt.«
»Was?«
»Ich will euch nichts Böses – ich bin nicht euer Feind. Also, wenn du willst, verschwinde ich jetzt und sehe mich nicht um. Es ist mir egal, wer du bist – ich kann niemandem Schaden zufügen, und ich stehe auf niemandes Seite. Bitte, lieber Herr …« Noch während seines unwürdigen Gestammels
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