Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
an einen warmen, flackernden Feuerschein in dieser Höhle, an ein heißes Getränk und an Shia, die ihr zutiefst bekümmert erzählt hatte, daß der Eunuch, als er stürzte, tatsächlich seine Stimme wiedergefunden hatte. »Shia. Meine Freundin«, hatte er gesagt.
Die Magusch schloß unglücklich die Augen. Shia war immer Bohans Freundin gewesen – und hatte sich als bessere Freundin erwiesen als Aurian, die ihn in den Tod geschickt hatte.
»Nein, das hast du nicht getan. Du hast versucht, ihn zu retten.« Aurian drehte sich um und sah das Xandim-Windauge mit überkreuzten Beinen neben dem Feuer sitzen, nicht weit entfernt von dem Felsbett, auf dem sie ihr Lager aufgeschlagen hatte. Chiamh sah noch schlimmer aus als Anvar – wahrscheinlich genauso schlimm wie sie selbst, vermutete sie. Sein Gesicht war so ausgezehrt und müde, als wäre er über Nacht um Jahre gealtert.
Aurian ließ Wolf in seinem Nest aus Fellen neben Anvar liegen und glitt mit einem Seufzer aus der Wärme ihres Bettes. Sie mochte zwar müde sein und ihr Herz schwer, aber es gab einfach zu viel zu tun, um liegenzubleiben. Also ging sie hinüber ans Feuer und versuchte vergeblich, ihre zerknitterten Kleider glattzustreichen. Dann setzte sie sich neben das Windauge und nahm dankbar eine dampfende Tasse Kräutertee entgegen.
»Du hast recht mit Bohan, ich weiß«, sagte sie unglücklich. »Aber es fällt mir schwer, mir nicht die Schuld an seinem Tod zu geben.« Sie spürte, wie ungeweinte Tränen ihr die Kehle zuschnürten. »Wir hatten noch nicht mal die Möglichkeit, ihn zu begraben …«
Chiamh legte seine Hand auf die ihre. »Wenn du irgend jemanden für Bohans Tod verantwortlich machen willst, dann gib den Xandim, die uns angegriffen haben, die Schuld. Wenn sie mir doch nur vertraut hätten … Hätten sie nur noch ein klein wenig gewartet, wäre die Frage der Nachfolge problemlos gelöst worden.« Er seufzte. »Vielleicht trage ich die Schuld. Hätte ich früher versucht, ihnen den Respekt abzunötigen, der mir als ihrem Windauge zustand …« Er schüttelte den Kopf, und sie spürte, wie seine Hand sich enger um ihre Finger schloß. »Ganz abgesehen davon«, fuhr er fort, »hat Bohan sein Begräbnis bekommen. Ich habe Basileus darum gebeten …«
»Ich habe ein paar Felsbrocken hinunterstürzen lassen, um den Körper deines verstorbenen Freundes zu begraben. Keine Angst, Zauberin, niemand wird seinen Ruheplatz schänden.«
Aurian runzelte die Stirn. »Basileus? Wie ist es möglich, daß wir dich hier noch hören können?«
»Ihr befindet euch am Fuß von Chiamhs Turm – aber ihr seid immer noch auf dem Windschleier, oder?« Der Moldan kicherte. »Der ganze Berg ist mein Körper, und Chiamhs Kammer der Winde ist aus meinen Knochen gebaut.«
»Warum konntest du denn dann nicht Bohan helfen?« Aurian versuchte nicht, ihren Groll zu verbergen. Es hatte auf die Dauer keinen Sinn, ihre Gefühle vor dem Moldan geheimzuhalten. Sie konnten die Sache genausogut jetzt gleich austragen, denn später mußte sie sich noch um viele andere Dinge kümmern.
»Vielleicht hätte ich ihm geholfen, Zauberin, wenn meine Aufmerksamkeit nicht anderenorts gefesselt gewesen wäre«, antwortete Basileus scharf. »Aber du warst auch in Gefahr, genauso wie das Windauge und dein Seelengefährte. Auch meine Fähigkeiten haben ihre Grenzen.«
»Es tut mir leid. Ich bin sicher, du hättest Bohan geholfen, wenn es dir möglich gewesen wäre. Es ist nur so hart, einen Freund zu verlieren.«
»Glaubst du, ich wüßte das nicht?«
Aurian dachte an das Schicksal Ghabals, jenes Moldans, der unter der Akademie gefangen war. Sie dachte an die steife, gequält wirkende Gestalt des Stahlklauebergs und erinnerte sich an Anvars Bericht über den Tod des Moldan von Aerillia. Ja, sie wußte, das Basileus ebenfalls Freunde verloren hatte. Aber jetzt stand ihr Leben und das ihrer Freunde auf dem Spiel.
»Wie geht es nun weiter?« fragte sie das Windauge.
Chiamh zuckte mit den Schultern. »Es ist jetzt eine Stunde nach Mittag, vielleicht auch zwei«, erwiderte er. »Die Xandim haben neben den stehenden Steinen am Eingang des Tals ihr Lager aufgeschlagen. Khanu beobachtet sie. Wie ich vermutet habe, fürchten sie sich davor, weiterzugehen. Sie warten auf die Dämmerung des morgigen Tages und die Herausforderung eines neuen Rudelfürsten.«
Aurian seufzte. »Dann sollten wir besser mit Schiannath reden.« Sie schnitt eine klägliche Grimasse. »Wir waren so beschäftigt mit
Weitere Kostenlose Bücher