Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
jetzt tot in der ausgebrannten Ruine des Lagerhauses, das für so viele arme Familien zu einem Heim geworden war. Grince hatte jetzt nur noch den einen verzweifelten Wunsch, diesen letzten seiner Hunde zu retten – denn soweit er das beurteilen konnte, war der kleine Welpe das einzige lebende Geschöpf, das zu ihm gehörte. Emmie, wenn sie überhaupt noch lebte, war nirgends zu finden.
Die erste klare Erinnerung, die der Junge nach den Schwertern und dem Blut und den Flammen hatte, war Tageslicht, eine offene Küchentür, ein kleiner Brotlaib, der zum Abkühlen auf einem Tisch lag – und Hunger, schrecklicher, quälender Hunger und Durst. Er war in das Haus hinein- und wieder herausgeflitzt, bevor die Hausfrau Zeit hatte, sich von dem Feuer abzuwenden, das sie gerade schürte, während Grince seine Beute fest mit seiner schmutzigen Faust umklammerte. Die Frau war zu dick und unbeholfen gewesen, um ihn einzuholen, obwohl er sich gut an den Klang ihrer Verwünschungen und Flüche erinnerte, die ihn den ganzen Weg die Straße hinunter verfolgten, bis er um eine Ecke bog und eine Öffnung in einem Kellergitter fand, durch die er seine magere Gestalt mühelos hindurchzwängen konnte.
Grince würde nie vergessen, wie schwer es ihm jenes erste Mal gefallen war, sein Hündchen zu füttern. Das kleine Geschöpf war in seinen Fortschritten kaum so weit gediehen, etwas anderes als Muttermilch zu sich zu nehmen, und es war schon völlig entkräftet und matt vor Hunger. Trotzdem zeigte es nicht das geringste Interesse an den Brotkrumen, die er ihm vors Maul hielt. Der kleine Junge schauderte, wenn er sich daran erinnerte, wie nah er daran gewesen war, seinen kostbaren kleinen Freund zu verlieren. Wenn ihm nicht wieder eingefallen wäre, was Emmie ihm erzählt hatte, daß nämlich die Muttertiere das Essen für ihre Jungen vorkauten … Sobald er einen oder zwei durchgeweichte Brotklümpchen zwischen die winzigen Kiefer des Hündchens geklemmt hatte, schien es zu begreifen, um was es ging. Wie das Kind war es zum Überleben geboren.
Dieser Abend im Keller war der Wendepunkt für sie beide. Grince, der zwar noch immer unter Schock stand, nachdem er den verwüsteten Leichnam seiner Mutter in den Ruinen von Jarvas’ Herberge gesehen hatte, fand in der Fürsorge für den winzigen Hund einen neuen Lebenssinn. Hundewelpen brauchten eigentlich Milch, das wußte er, aber Milch war ausgesprochen rar in Nexis, und obwohl er lange und verzweifelt danach suchte, konnte er keine finden. Dann dachte er an Käse – würde das vielleicht auch gehen? Mittlerweile führte ihn seine Suche zu den weniger von Armut geprägten Haushalten im Norden der Stadt. In einer unbewachten Speisekammer fand er schließlich ein Stück Käse, nachdem er sich wie ein Schatten durch ein offenes Küchenfenster hatte gleiten lassen. Außerdem stand da ein Topf Haferbrei, der am Rande des Feuers bis zum Frühstück warm gehalten werden sollte. Auch den Brei stahl Grince, wobei er den heißen Griff des Topfes in einen Lumpen hüllte, bevor er ihn hochhob. Er hatte gestaunt, wie leicht es ging.
Auf der Suche nach einem Versteck, in dem er seine Beute genießen konnte, hatte der Junge ein hohes Fenster auf der Rückseite der Arkade entdeckt, dessen hölzerne Läden einen kleinen Spalt weit offenstanden. Es war schwierig gewesen, mit dem Hündchen, das er noch immer in den versengten Lumpen seines Hemdes versteckt hielt, dort hinaufzuklettern, und als noch schwieriger hatte es sich schließlich erwiesen, den Topf mit dem Haferbrei hinaufzubekommen, ohne den Inhalt zu verschütten. Aber Grince, durch Not erfinderisch geworden, hatte schließlich alles geschafft und sich zu guter Letzt stöhnend und fluchend über das Fenstersims geschwungen. Vor der Fensteröffnung befand sich eine Reihe von Metallstangen, aber die Zwischenräume waren gerade breit genug für einen kleinen mageren Jungen, der sich hindurchquetschen wollte.
Grince war auf der anderen Seite der Mauer schwer zu Boden gefallen; sein Sturz war deshalb so unbeholfen gewesen, weil er versuchte, sowohl seinen kostbaren kleinen Hund als auch den Inhalt des Haferbreitopfes zu schützen. Glücklicherweise waren die Steinfliesen auf dem Fußboden mit einer dicken Schicht staubigen Strohs bedeckt gewesen, das den Fall ein wenig milderte. Trotz seiner Sorgfalt machte ihn seine harte Landung jedoch für einen Augenblick atemlos, und ein Teil des erstarrten Breis schwappte über den Rand des Topfes. Grince fluchte
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