Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
dieser gefährlichen Mission gemeldet haben. Ihr habt euch nimmer endende Dankbarkeit verdient von jenen, die die Verbündeten eurer Königin sind.«
Anvar spürte, wie das Windauge ihm einen spitzen Ellbogen in die Rippen rammte, und hastig fügte er Chiamhs Worten seine eigenen Dankesbekundungen hinzu. »Das war ein guter Schachzug«, sagte er dankbar, denn Chiamh hatte die Geflügelten auf diese Weise daran erinnert, daß die beiden Magusch ihre Monarchin gerettet hatten. Er wünschte nur, das Windauge hätte auch etwas gegen diesen abscheulichen Sturm tun können. »Hast du irgendeine Vorstellung, wo wir sind?« flüsterte er.
Anvar nahm noch ein silbernes Aufblitzen in Chiamhs Augen wahr, und schon begann das Windauge, die düstere Landschaft mit seiner Andersicht abzusuchen. »Wir befinden uns auf einem der Gipfel, von denen man einen Blick auf das Herz Stahlklaues hat«, erwiderte er in Gedankenrede. »Dieser Teil ist gut bewacht, aber nicht mehr in der Höhe, in der wir uns jetzt befinden, denn unsere geflügelten Freunde haben uns in einem Gebiet abgesetzt, das die Katzen nicht mehr erklimmen können. Der Lärm des Sturms übertönt unsere Schritte, aber sei trotzdem so still wie möglich und paß auf, daß du im Dunkeln nicht danebentrittst! Diese Stelle eignet sich bestens als Aussichtspunkt – und als ich sie das letzte Mal sah, hat sich unsere Feindin ebenfalls in diese Richtung aufgemacht. Wenn sie sich tatsächlich mit den Katzen verbündet hat, muß sie auf jeden Fall hierher kommen. Und sobald sie da ist, werden die Himmelsleute uns schnellstens runterbringen – und unsere Falle schnappt zu!«
»Dann gehört Gristheena mir!« Selbst in Gedankenrede war Shias Stimme ein wildes Knurren.
»Und mir!« wiederholte Khanu, ihr getreuliches Echo.
Anvar fing das seltsame kleine Gedankensymbol auf, das bei Shia soviel bedeutete wie ein resigniert gen Himmel gerichteter Blick, und lächelte bei sich.
»Ich würde nicht lächeln, wenn ich du wäre«, wies Shia ihn schroff zurecht. »Aurian wird euch alle beide umbringen, wenn sie aufwacht und feststellt, daß Chiamh ihr diese Schlafdroge in den Wein geschmuggelt hat.«
»Mir macht das nichts aus«, protestierte das Windauge. »Aurian bestand darauf, mit uns zu kommen, und im Augenblick ist sie nicht in der Verfassung dazu. Außerdem«, fügte er hinzu, »wenn wir Wolf sicher zu ihr zurückbringen, wird sie zu glücklich sein, um uns umzubringen.«
»Da hast du recht«, erwiderte Anvar. »Wahrscheinlich wird sie uns nur ziemlich übel zurichten.« Obwohl er eigentlich kaum zu Scherzen aufgelegt war, war er doch dankbar für diese gutmütige Neckerei. Es beruhigte seine Nerven, die strammer gespannt waren als eine Armbrust.
»Psst!« unterbrach sie Khanu. »Ich habe etwas gehört!«
Anvar konnte in dem undurchdringlichen Gemisch aus Unwetter und Dunkelheit nichts erkennen, aber Chiamh mit seiner Andersicht sah alles. Den tiefen, finsteren, zerklüfteten Krater in Stahlklaues Herzen, den vorspringenden Obsidianfelsen, auf dem hier und da glühwürmchengleiche Lichter aufflackerten, während die Katzen sich unten sammelten und von einem Ort zum anderen strichen. Auf der anderen Seite des finster glitzernden Felsvorsprungs sah er den dunklen, formlosen Eingang eines Tunnels. Aus seiner Öffnung stieg ein geisterhaftes, schwaches Licht auf, rot und flackernd, halb verschleiert und durchschossen mit Speichen fahler Düsternis. Die Wahnsinnige! Chiamh hielt den Atem an und sah zu, wie das übelkeitserregende Funkeln ihres Unlichtes aus dem Tunnel hinaus ins Freie und quer über den Felsvorsprung drang. In diesem Augenblick flüsterte er: »Jetzt!« Die Netze, auf denen seine Begleiter gerade noch gestanden hatten, wurden hochgerissen und zusammengezogen. Die Himmelsleute flogen auf und stoben hinunter in den Krater.
Hreeza, die schon jetzt in dem vom Himmel klatschenden Regen heftig zitterte, wünschte sich immer öfter, niemals hierhergekommen zu sein. Das war keine Aufgabe für so eine alte Katze! Sie mußte wohl laut gedacht haben, denn ganz in ihrer Nähe erklang eine tadelnde Stimme: »Für eine einzelne alte Katze mag das ja gelten, aber wir sind viele. Du hast es so gewollt, Hreeza – das war deine große Vision, und du hast unserem Leben einen neuen Sinn gegeben. Nun vertraue auch auf das Wunder, das du selbst gewirkt hast!«
Hreeza kicherte trocken. »Schönes Wunder – eine Horde skelettmagerer, zerzauster alter Vagabunden!« schnaubte sie.
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