Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
auch weiterhin ganz auf ihre eigenen erbitterten Kämpfe konzentrierten und die beiden schwachen Menschen, die in ihr Reich eingedrungen waren, ignorierten.
Hreeza hatte den Felsvorsprung bereits erreicht. Ohne auf die einzelnen Kämpfe zu achten, die überall um sie herum tobten, hatte sie eine kleine Garde von Kameraden um sich versammelt, die sie für diese Aufgabe ausgewählt hatte, weil sie sich in etwas weniger bemitleidenswertem Zustand befanden als die übrigen Chueva. Nun kämpften sie sich mit Zähnen und Klauen auf möglichst direktem Wege zu der Stelle vor, an der sie ihre Todfeindin Gristheena vermuteten.
Schierer Blutdurst hatte sich Hreezas bemächtigt. Die vielen kleinen, geringfügigeren Wunden nahm sie überhaupt nicht wahr, ebensowenig wie das Brennen der langen Kratzer, die feindliche Klauen in ihre Flanken gerissen hatten. Der rote Nebel des Kampfes umwölkte ihren Geist und glühte in ihren Augen, und ihr heftig schlagendes altes Herz war zum Bersten voll von einem wilden Stolz, in den sich Zorn mischte und auch Trauer um jene ihrer armen, heldenhaften Anhänger, die in der Schlacht bereits gefallen waren und deren Todesschreie von den Felsen widerhallten, wie sie es für alle Zeiten in Hreezas Gedanken tun würden.
Wäre die alte Katze ein Mensch gewesen und hätte an solche Dinge geglaubt, so hätte sie zweifellos gesagt, daß die Götter in dieser Nacht mit ihr gewesen seien. Tatsächlich verdankte sie ihr glückliches Geschick ihrer Feindin. Die brutale, großspurige und mitleidlose Gristheena mochte zwar mächtig gewesen sein, aber sie wurde nicht geliebt. Schon jetzt und ohne daß Hreeza davon wußte, schwenkte der Kampf zu ihren Gunsten um. Viele der weniger bedeutsamen Katzen erkannten in den zurückkehrenden Chueva ihre früheren Kameraden und Höhlengefährten, die sie nun voller Freude begrüßten, statt ihrer Anführerin zur Hilfe zu eilen, der sie nur aus Angst gehorcht hatten. Als sich herausstellte, daß die allseits respektierte Hreeza das Erste Weibchen der Chueva war, wechselten die Canyon-Katzen mit erstaunlicher Geschwindigkeit die Seiten. Hreeza traf kaum auf Widerstand, als sie sich von einem Felsen zum anderen zu dem gewaltigen Vorsprung vorkämpfte. Wären ihre Gedanken weniger stark auf ihr Opfer und mehr auf ihre Umgebung gerichtet gewesen, dann hätte sie bemerkt, daß viele Katzen respektvoll vor ihr zurücktraten, um sie durchzulassen.
Gristheena stand auf der Spitze des Felsens inmitten ihres erlesenen Zirkels tyrannischer Favoriten. Die stämmigen Katzen bildeten eine undurchdringliche, fauchende Mauer, die der alten Hreeza den Weg versperrte. Einen einzigen wahnsinnigen Augenblick lang hätte der Blutdurst Hreeza fast dazu verleitet, sich einfach auf sie zu stürzen und sich mit Zähnen und Klauen den Weg zu ihrer Feindin freizukämpfen. Aber sie war klug und listig und hatte nicht umsonst schon viele Gefahren überstanden. Gerade noch rechtzeitig gewann kalte Vernunft die Oberhand. Hreeza blieb stehen und erhob ihre brüchige alte Stimme zu einem mißtönenden, schauerlichen Geheul der Herausforderung: »Komm raus, Feigling – und kämpfe!«
Von ihrem Thron auf der steinernen Anhöhe blickte das Erste Weibchen hinunter auf ihre Herausforderin – und lachte. »Mit dir kämpfen, du zahnloser, splitterkralliger, trübäugiger alter Knochensack?« höhnte sie. »Warum sollte ich meine Klauen an deinem flohverseuchten Fell besudeln? Meine Anhänger: Befreit mich von diesem Chueva-Abschaum!«
»Warte!« Hreezas Fauchen klang leise und furchteinflößend, und es ließ sämtliche Katzen wie angewurzelt verharren. »Du solltest besser mit mir kämpfen, du aufgeschwollener Fleischsack!« zischte sie. »Denn wenn du das nicht tust, wird jede Katze im Clan wissen, daß Gristheena kein Feuer mehr im Bauch hat. Daß unser großes Erstes Weibchen sich nicht mal mehr gegen eine tatterige, halb verhungerte alte Chueva wehren kann – weil sie Angst hat!« Nun war es an Hreeza zu lachen, und ihr Spott ließ alle Katzen, die ihr zuhörten, schaudern. »Wirklich ein schönes Erstes Weibchen! Wenn das bekannt wird, werden selbst die kleinsten, noch halb blinden Kätzchen Schlange stehen, um dich herauszufordern!«
Gristheenas Ohren lagen jetzt flach an ihrem Schädel. Ihr Schwanz zuckte vor und zurück, und Schaum stand vor ihrem Kiefer, als sie mit einem grauenvollen Fauchen die Fangzähne bleckte. Ohne ein Wort der Warnung setzte sie zum Sprung an.
»Hier
Weitere Kostenlose Bücher