Die Artefakte der Macht 03 - Flammenschwert
blutige Kampf der Katzen und die körperlichen und geistigen Schmerzen, die Meiriels Tod auch ihm zugefügt hatte. Aurian fing seinen Blick auf, und plötzlich stimmte sie in sein Lachen ein. Obwohl ihr Gelächter für eine Weile gefährlich außer Kontrolle geriet, spürte Anvar, wie die Ängste und Sorgen der Nacht langsam von ihm abfielen, als ließe der Druck in seinem Innern endlich nach.
Schließlich verwandelte sich Aurians Lachanfall in etwas, das verdächtig nach einem Schluchzen klang, und sie umarmte Anvar unbeholfen, mit Wolf zwischen ihnen. Anvar erwiderte ihre Umarmung mit Rücksicht auf das Junge so vorsichtig wie nur möglich, bevor sie sich widerstrebend voneinander lösten und unsicher vom Boden aufstanden. Dann sahen sie zu dem verblüfften Windauge hinüber. Aurian klopfte ihm auf die Schulter. »Ich danke dir, Chiamh, mein Freund. Ich danke dir für alles, was du heute nacht getan hast – aber nächstes Mal versuch nicht, mir eine von deinen seltsamen Xandim-Drogen in den Wein zu mischen.«
Chiamh lächelte sie ein wenig töricht an. »Das scheint auch wenig Sinn zu haben – aber, Lady, du mußt dich jetzt ausruhen, sonst setzt du noch deine Genesung aufs Spiel.«
»Du hast recht – ich bin so müde, daß ich mich kaum auf den Beinen halten kann.« Aurian seufzte und fuhr sich müde mit der Hand über die Augen. Dann zog sie eine Grimasse; ihr Ärmel hatte einen Blutfleck auf ihren Wangen hinterlassen. »Außerdem müssen wir Wolf nach Hause schaffen – und wo stecken eigentlich Shia und Khanu?«
Anvar sah, wie sie besorgt die Stirn runzelte. »Unten im Canyon – ich weiß nicht, was ihnen zugestoßen ist. Chiamh und ich haben sie bei unserer Suche nach Meiriel aus den Augen verloren …« Seine Worte verklangen. Aurian hörte ihm nicht zu. Ihr Blick wurde leer, während sie sich anschickte, nach den Katzen zu rufen – dann riß sie plötzlich die Augen auf. »Shia sagt, Hreeza sei hier – und sie sei verletzt.«
»Hreeza?« Anvar schnappte nach Luft. »Wie, zum Kuckuck, ist die denn hierhergekommen?«
Aurian zuckte mit den Schultern. »Laß es uns rausfinden. Nein – warte.« Plötzlich drückte sie Anvar Wolf in die Arme und drehte sich wieder zu Meiriels Leiche um. Anvar konnte die Spannung in ihrem Kiefer sehen, als sie sich über den schauerlichen Kopf beugte und die ins Leere starrenden Augen schloß. Einen winzigen Moment blieb Aurian so stehen, ihre Hand strich das verfilzte Haar der Magusch glatt, und Anvar war verblüfft, als er plötzlich Tränen in ihren Augen glitzern sah. »Es tut mir leid, Meiriel«, wisperte sie.
»Was?« Anvar konnte nicht an sich halten. »Warum sollte es dir leid tun? Sie hatte die Absicht, Wolf zu ermorden, und es fehlte wahrhaftig nicht viel, und sie hätte dich getötet.«
Aurian schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie leise. »Das war nicht Meiriel. Ich betrauere das Dahinscheiden der Heilerin, die ich einst gekannt habe, der Frau, die einst eine Freundin war, die mir das Leben gerettet hat, als ich ein kleines Mädchen war – und die mich in den kostbaren Künsten des Heilens unterwiesen hat.« Dann wurde ihr Gesichtsausdruck hart. »Was die Wahnsinnige betrifft, die versucht hat, meinen Sohn zu töten – die hat bekommen, was sie verdient hat.«
Dann sprang sie entschlossen auf, wischte sich die blutigen Hände an ihrem Umhang ab und hob sie hoch über ihren Kopf. Auf ihren Befehl hin entsprang ihren Fingern ein zischender Flammenstrahl, der Meiriels blutüberströmten Körper auf der Stelle verzehrte.
»Jetzt können wir gehen.« Aurian wandte sich von dem Scheiterhaufen ab und streckte die Hände aus, um den Erdenstab aus der Blutlache herauszuholen, in der er noch immer lag. Anvar, der mitbekam, daß das Artefakt mit dem Lebensblut einer Magusch besudelt worden war, spürte, wie ein Schaudern des Unbehagens über seinen Rücken kroch – und seine Gedanken gingen in die gleiche Richtung wie die seiner Seelengefährtin.
»Verdammt!« murmelte Aurian. »Durchtränkt mit Blut – das bedeutet nichts Gutes.« Vorsichtig streckte sie die Hand nach dem Stab aus, ergriff ihn – und schrie laut auf, wobei sie ihn um ein Haar überrascht wieder fallen gelassen hätte. Als ihre Finger das Artefakt berührt und hochgehoben hatten, war es für einen winzigen Moment mit einem blendenden smaragdfarbenen Glühen aufgeflammt – und als der Glanz nachließ, war von dem Blut keine Spur mehr zu sehen.
»Unglaublich!« flüsterte Anvar.
Aurian
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