Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Asche der Erde

Die Asche der Erde

Titel: Die Asche der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
Vom Netzwerk:
vollständig vergessen zu machen.
    Hadrian biss die Zähne zusammen und reagierte nicht auf die Erwähnung des fünfzig Kilometer entfernten Gettos. Die verwahrlosten Camps dienten all jenen als Zwangsunterkünfte, die die Strahlung und die anderen Krankheiten der Apokalypse überlebt hatten. Man bezeichnete die Ausgestoßenen gemeinhin als Briketts – und auf manch andere Weise.
Noch eine Woche und du bettelst bei den Halbtoten
, hatte Kenton dem Jungen Dax angedroht. Sollte das heißen, man wollte sich die Anführer der Banden schnappen? Die Camps würden für den Halbwüchsigen die Hölle auf Erden bedeuten.
    »Doch Jonah besteht darauf, nur mit dir zusammenzuarbeiten, da nur du wirklich verstehen würdest, was er tut. Ich habe ihn daran erinnert, dass viele von uns in der Lage sind, Blaupausen zu lesen und Entwürfen zu folgen. Aber der alte Mann setzt dann bloß sein verfluchtes Mönchslächeln auf und sagt: du oder keiner. Als wäre er unser Zauberer und du der einzige Lehrling, der seine Runen entziffern kann.« Die Verärgerung war dem Gouverneur deutlich anzuhören. »Also wirst du in seine Obhut entlassen, sobald du deine Strafe verbüßt hast«, fügte er hinzu.
    Schon die Erwähnung des alten Mannes, der für Hadrian wie ein Vater geworden war, linderte seinen Schmerz. Doch nach einem Moment zog er die Augenbrauen hoch. Seit Hadrian aus dem Rat gedrängt und von seiner Aufgabe als Schulleiter entbunden worden war, hatte Buchanan ihn beständig schikaniert, ihn aus seiner Unterkunft in der Schule werfen und wegen Kleinigkeiten verhaften lassen. »Warum tust du das für mich?«
    »Das sagte ich doch schon. Damit du Jonah bei den öffentlichen Bauvorhaben behilflich bist. Er hat dem Rat eine lange Liste mit Projektvorschlägen unterbreitet. Er verspricht für die nähere Zukunft eine Ziegelfabrik und sagt, er könne innerhalb der nächsten fünf Jahre sogar eine Bahnlinie zu den Minen errichten.«
    »Ich kenne dich zu gut.« Hadrian stellte sich so hin, dass er die halb offene Tür hinter sich im Auge behalten konnte. Angesichts des Toten hätte hier eigentlich hektische Betriebsamkeit herrschen müssen. Schaudernd entdeckte er mehrere schmutzverkrustete Pistolen, die an Gürteln von einem Türhaken hingen und ihrer Instandsetzung harrten.
    Der Gouverneur nahm eine marmorne Schachfigur, einen Elefanten mit einem Turm auf dem Rücken. Es war einer der zahlreichen zufälligen Gegenstände, die Buchanan sammelte.Als er schließlich sprach, war sein Blick auf den Spielstein gerichtet. »Ich habe erfahren, dass er ein geheimes Tagebuch führt. Wir haben es bislang nicht finden können.«
    »Vielleicht setzt er einfach nur deine Amtszeit in einen historischen Kontext. Mir fällt da in erster Linie der Feudalismus ein.«
    Buchanans Lächeln war dünn wie eine Rasierklinge. »Deine Meinung interessiert längst keinen mehr. Doch falls der geachtete Jonah Beck eine so leichtsinnige Feststellung aufschriebe und sie den Weg in unsere Zeitung fände …«
    »Ich soll ihn für dich ausspionieren?«
    Der Gouverneur spielte an dem Schalter einer alten Schwanenhalslampe herum. Das Regierungsgebäude zählte zu den wenigen Häusern der Kolonie, die an das Stromnetz angeschlossen waren. Es wurde von Fahrradgeneratoren gespeist, die Jonah entworfen hatte und die in den dunkleren, kälteren Monaten von Strafgefangenen bemannt wurden. »Wir wollen ihn nur vor sich selbst schützen. Er vertraut dir. Ich möchte lediglich von Zeit zu Zeit einen Bericht erhalten.«
    »Ich weigere mich.« Ein Tropfen Blut fiel von Hadrians Wange auf seinen zerlumpten Schuh.
    Buchanan zog das Jackett zurecht, das wie ein Sack an seinem knochigen Körper hing. In den ersten Jahren hatten alle wie Vogelscheuchen ausgesehen, aber er zählte zu denen, die es nicht geschafft hatten, danach wieder an Gewicht zuzulegen. »Wie viele Menschen gibt es noch in der bekannten Welt, Hadrian? Neun- oder vielleicht zehntausend?«
    »Du lässt wie immer die Leute in den Camps und im Wald außer Acht. Mit denen dürften es eher zwölftausend sein.«
    Der Gouverneur grinste, als würde der Einwand ihn belustigen. »Und du warst mal mit mir ganz oben, nicht nur ein Gründer, sondern ein Führer.«
    »Ich kann mich nicht entsinnen, dass es uns gekümmert hat, wie man uns nennt. Wir waren zu sehr damit beschäftigt, die Menschen am Leben zu erhalten.«
    »Du hast das Überlebensspiel am besten von uns allen beherrscht. Und jetzt sieh dich an. Du kannst nicht mal

Weitere Kostenlose Bücher