Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
Schwierigkeiten, und das letzte, was sie jetzt braucht, ist ein blinder Sohn, der durch die Straßen von Limerick taumelt. Schlimm genug, daß du fast am Typhus gestorben wärst, jetzt willst du auch noch blind werden.
Und jetzt kann ich nicht mehr aufhören zu weinen, denn das war die Chance für mich, ein Mann zu sein und das Geld nach Hause zu bringen, das der Telegrammjunge nie von meinem Vater gebracht hat. Ich kann nicht aufhören zu weinen, weil ich nicht weiß, was Mr. Hannon am Montag morgen tun wird, wenn er niemanden hat, der ihm hilft, die Säcke an den Rand des Fuhrwerks zu zerren, die Säcke an die Häuser zu fahren. Ich kann nicht aufhören zu weinen, weil er so schön mit dem Pferd umgeht, und er sagt immer, das Pferd ist süß, weil er selbst so nett ist, und was macht das Pferd, wenn Mr. Hannon nicht da ist, um mit ihm loszufahren, wenn ich nicht da bin, um mit ihm loszufahren. Wird das
Pferd tot umfallen, weil es keinen Hafer und kein Heu und keinen gelegentlichen Apfel kriegt?
Mam sagt, ich soll doch nicht weinen, das ist schlecht für die Augen. Sie sagt, wir werden sehen. Mehr kann ich dir jetzt auch nicht sagen. Wir werden sehen.
Sie wäscht mir die Augen und gibt mir Sixpence, damit ich Malachy ins Lyric mitnehme, wo wir uns Boris Karloff in Dem Galgen entwischt ansehen und zwei Stück Cleeves’ Karamel kaufen. Es ist schwer, mit dem gelben Kram, der mir aus den Augen quillt, die Leinwand zu sehen, und Malachy muß mir erzählen, was passiert. Um uns herum sagen die Leute, halts Maul, sie würden gern hören, was Boris Karloff sagt, und als Malachy frech antwortet und ihnen sagt, er hilft nur seinem blinden Bruder, rufen sie den zuständigen Mann, Frank Goggin, und der sagt, wenn er von Malachy noch ein Wort hört, schmeißt er uns beide raus.
Das ist mir egal. Ich habe eine Methode, den Kram aus dem einen Auge rauszudrücken, so daß es klar wird und ich die Leinwand sehen kann, während sich das andere Auge wieder füllt, und das mache ich immer abwechselnd, drücken, kukken, drücken, kucken, und alles, was ich sehe, ist gelb.
Am Montag morgen klopft Mrs. Hannon wieder an unsere Tür. Sie fragt Mam, ob Frank wohl
so gut wäre, zur Kohlenhandlung zu gehen und dem Mann im Büro zu sagen, daß Mr. Hannon heute nicht kommen kann, daß er wegen seiner Beine zum Arzt muß, daß er morgen ganz bestimmt kommt, und was er heute nicht liefern kann, liefert er morgen. Mrs. Hannon nennt mich jetzt immer Frank. Niemand, der zentnerweise Kohle liefert, ist ein Frankie.
Der Mann im Büro sagt, hmpf. Ich finde, wir lassen uns von Hannon einiges bieten. Du, wie heißt du?
McCourt, Sir.
Sag Hannon, wir brauchen ein Attest vom Arzt. Hast du das verstanden?
Ja, Sir.
Der Arzt sagt Mr. Hannon, er muß ins Krankenhaus, sonst kriegt er Wundbrand, und dann übernimmt er keine Verantwortung mehr. Der Krankenwagen holt Mr. Hannon ab, und mein großer Job ist weg. Jetzt werde ich genauso weiß sein wie alle auf Leamy’s Penne, kein Fuhrwerk, kein Pferd, keine Shillings, die ich meiner Mutter mit nach Hause bringen kann.
Ein paar Tage später kommt Bridey Hannon an unsere Tür. Sie sagt, ihre Mutter möchte, daß ich sie besuche und eine Tasse Tee mit ihr trinke. Mrs. Hannon sitzt am Kamin und hat eine Hand auf dem Stuhl von Mr. Hannon. Setz dich, Frank, sagt sie, und als ich mich auf einen der normalen
Küchenstühle setzen will, sagt sie, nein, setz dich hierher. Setz dich auf seinen eigenen Stuhl. Weißt du, wie alt er ist, Frank?
Oh, er muß sehr alt sein, Mrs. Hannon. Er ist bestimmt schon fünfunddreißig.
Sie lächelt. Sie hat wunderschöne Zähne. Er ist neunundvierzig, Frank, und ein Mann in diesem Alter sollte nicht solche Beine haben.
Ganz bestimmt nicht, Mrs. Hannon. Wußtest du, was für eine Freude du für ihn warst, als du auf dem Fuhrwerk mitgefahren bist?
Nein, Mrs. Hannon.
Eine große Freude. Wir hatten zwei Töchter, Bridey, die du ja kennst, und Kathleen, die Krankenschwester oben in Dublin. Aber keinen Sohn, und er hat gesagt, du hast ihm das Gefühl gegeben, einen Sohn zu haben.
Ich spüre, daß meine Augen brennen, und ich will nicht, daß sie mich weinen sieht, schon gar nicht, wenn ich nicht weiß, warum. Das tue ich in letzter Zeit nur noch. Liegt das am Job? Liegt das an Mr. Hannon? Meine Mutter sagt, ich glaub, die Blase liegt bei dir gleich hinter den Augen.
Ich glaube, ich weine, weil Mrs. Hannon so leise spricht und es an Mr. Hannon liegt, daß sie so leise
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