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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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Fahrradlenker, oder er setzt sich auf die Stufen vor Hauseingängen und knirscht mit den Zähnen auf dem Mundstück seiner Pfeife.
    Ich frage mich, wann ich wohl das Geld für mein Tagewerk kriege, denn vielleicht läßt Mam mich ins Lyric Cinema gehen, wenn ich mit meinem Shilling oder wieviel Mr. Hannon mir gibt früh genug zu Hause bin. Jetzt sind wir vor der Tür von South’s Kneipe, und er sagt zu mir,
komm rein, hat er mir etwa keine Limonade versprochen?
    Onkel Pa Keating sitzt in der Kneipe. Er ist wie üblich ganz schwarz, und er sitzt neben Bill Calvin, der wie üblich ganz weiß ist und schnieft und in großen Schlucken von seiner schwarzen Pint trinkt. Mr. Hannon sagt, wie geht’s? und setzt sich auf die andere Seite von Bill Calvin, und jeder in der Kneipe lacht. Jesus, sagt der Barmann, seht euch das an, zwei Klumpen Kohle und ein Schneeball. Männer kommen aus anderen Teilen der Kneipe, um die zwei kohlschwarzen Männer mit dem kalkweißen Mann in der Mitte zu sehen, und sie wollen dem Limerick Leader Bescheid sagen, damit die jemanden mit einer Kamera schikken.
    Onkel Pa sagt, und warum bist du auch so schwarz, Frankie? Bist du in ein Bergwerk gefallen?
    Ich habe Mr. Hannon auf dem Fuhrwerk geholfen.
    Deine Augen sehen grauenhaft aus, Frankie. Pißlöcher im Schnee.
    Das liegt am Kohlenstaub, Onkel Pa.
    Wasch sie dir, wenn du nach Hause gehst.
    Mach ich, Onkel Pa.
    Mr. Hannon kauft mir eine Limonade, gibt mir einen Shilling für meine Arbeit am Vormittag und sagt mir, ich kann jetzt nach Hause gehen,
ich bin ein großartiger Arbeiter, und nächste Woche nach der Schule kann ich ihm wieder helfen.
    Auf dem Nachhauseweg sehe ich mich im Glas eines Schaufensters, ganz schwarz von der Kohle, und ich fühle mich wie ein Mann, ein Mann mit einem Shilling in der Tasche, ein Mann, der eine Limonade in einer Kneipe getrunken hat, mit zwei Kohlenmännern und einem Kalkmann. Ich bin kein Kind mehr, und ich könnte ganz leicht für immer von Leamy’s Schule abgehen. Ich könnte jeden Tag mit Mr. Hannon arbeiten, und wenn seine Beine zu schlimm werden, könnte ich das Fuhrwerk übernehmen und den reichen Leuten bis an mein Lebensende Kohle liefern, und meine Mutter brauchte nicht vor dem Pfarrhaus der Erlöserkirche zu betteln.
    Die Leute auf den Straßen und Gassen sehen mich neugierig an. Jungens und Mädchen lachen und rufen, da kommt der Schornsteinfeger. Was kostet das, wenn du einmal unsern Schornstein fegst? Bist du in den Kohlenkasten gefallen? Hast du dich verbrannt? Hast du zu lange im Dunkeln gestanden?
    Sie wissen nichts. Sie wissen nicht, daß ich den ganzen Tag zentnerweise Kohle und Torf geliefert habe. Sie wissen nicht, daß ich ein Mann bin.
    Mam schläft mit Alphie oben in Italien, und vor dem Fenster hängt ein Mantel, um das Zimmer dunkel zu halten. Ich sage ihr, ich habe einen
Shilling verdient, und sie sagt, ich kann ins Lyric gehen, ich hab’s mir verdient. Nimm zwei Pence und laß den Rest vom Shilling unten auf dem Kaminsims, damit sie später zum Abendessen ein Brot holen lassen kann. Plötzlich fällt der Mantel vom Fenster, und das Zimmer ist hell. Mam sieht mich an, Gott in der Höhe, sieh dir deine Augen an. Geh nach unten, ich komm gleich nach und wasch sie dir.
    Sie macht Wasser im Kessel heiß und betupft mir die Augen mit Borsäurepuder und sagt mir, heute kann ich nicht ins Lyric Cinema und auch an keinem anderen Tag, bis meine Augen wieder klar werden, obwohl nur Gott weiß, wann das sein wird. Sie sagt, du kannst in dem Zustand, in dem deine Augen sind, keine Kohle ausfahren. Ganz gewiß wird sie der Staub zerstören.
    Ich möchte den Job. Ich möchte den Shilling nach Hause bringen. Ich möchte ein Mann sein.
    Du kannst auch ein Mann sein, ohne einen Shilling nach Hause zu bringen. Geh nach oben und leg dich hin und ruhe deine Augen aus, sonst wirst du ein blinder Mann sein.
    Ich möchte diesen Job. Ich wasche mir dreimal täglich die Augen mit dem Borsäurepuder. Ich denke an Seumas im Krankenhaus und wie die Augen seines Onkels durch die Blinzelübung geheilt wurden, und ich achte darauf, mich jeden Tag eine Stunde lang hinzusetzen und zu blinzeln.
Der Blinzler ist unschlagbar für das starke Auge, hat er gesagt. Und jetzt blinzle und blinzle ich, bis Malachy zu meiner Mutter rennt, die draußen auf der Gasse mit Mrs. Hannon spricht, Mam, mit Frankie ist was, er sitzt oben und plinkert und plinkert.
    Sie kommt raufgerannt. Was fehlt dir denn?
    Von dieser Übung kriege

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