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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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noch einmal hier klingelst, breche ich dir die Hand.
    Jesuitenbrüder dürfen gar nicht so reden. Sie müssen sein wie unser Herr, der auch nicht durch die Welt lief und eine Bedrohung für Hände darstellte.
    Mir ist schwindlig. Ich will nach Hause ins Bett. Ich halte mich in der Barrington Street an Geländern fest und gehe immer an der Wand entlang. Mam sitzt beim Feuer und raucht eine Woodbine, meine Brüder sind oben im Bett. Sie sagt, du kommst ja in einem schönen Zustand nach Hause.
    Das Sprechen fällt mir schwer, aber ich sage ihr, daß ich mit Onkel Pa meine erste Pint getrunken habe. Kein Vater da, der sie mir ausgibt.
    Dein Onkel Pa sollte aber auch mehr Verstand haben. Ich wanke zu einem Stuhl, und sie sagt, genau wie dein Vater. Ich versuche, die Bewegung meiner Zunge im Mund unter Kontrolle zu kriegen. Ich bin lieber, ich bin lieber, lieber wie mein Vater als wie Laman Griffin.
    Sie wendet sich von mir ab und blickt in die Asche, aber ich will sie nicht in Frieden lassen, weil ich meine Pint getrunken habe, zwei Pints, und morgen bin ich sechzehn, ein Mann.
    Hast du das gehört? Ich bin lieber wie mein Vater als wie Laman Griffin.
    Sie steht auf und sieht mir ins Gesicht. Hüte deine Zunge, sagt sie.

    Hüte lieber du deine Scheißzunge.
    Sprich mit mir nicht in diesem Ton. Ich bin deine Mutter.
    Ich spreche mit dir genau in dem Ton, der mir verdammtnochmal paßt.
    Du hast ein Mundwerk wie ein Botenjunge.
    Ach ja? Ach ja? Ich bin auf jeden Fall lieber ein Botenjunge als so was wie Laman Griffin, der olle Suffkupp mit seiner Rotznase und seinem Speicher und den Leuten, die zu ihm hochklettern.
    Sie geht weg, und ich folge ihr nach oben in das kleine Zimmer. Sie dreht sich um, laß mich zufrieden, laß mich zufrieden, und ich belfere weiter auf sie ein, Laman Griffin, Laman Griffin, bis sie mich schubst, raus aus diesem Zimmer, und ich ihr auf die Backe schlage, so daß ihr Tränen in die Augen springen und ein leises winselndes Geräusch von ihr zu hören ist, du wirst nie wieder die Gelegenheit haben, so etwas zu tun, und ich weiche vor ihr zurück, denn dies ist eine weitere Sünde auf meiner langen Liste, und ich schäme mich sehr.
    Ich falle in mein Bett, angezogen, und wache mitten in der Nacht davon auf, daß ich auf mein Kopfkissen kotze und meine Brüder sich über den Gestank beschweren und mir sagen, mach das sauber, ich bin ein Schandfleck. Ich höre meine Mutter weinen, und ich würde ihr gern sagen, daß es mir leid tut, aber wozu eigentlich,
nach dem, was sie mit Laman Griffin gemacht hat.
    Am Morgen sind meine kleinen Brüder zur Schule gegangen, Malachy sucht sich Arbeit, Mam sitzt beim Feuer und trinkt Tee. Ich lege meinen Wochenlohn neben ihrem Ellenbogen auf den Tisch und will gehen. Sie sagt, möchtest du eine Tasse Tee?
    Nein.
    Du hast Geburtstag.
    Sie ruft mir auf der Gasse nach, du solltest etwas im Magen haben, aber ich zeige ihr meinen Rücken und gehe, ohne zu antworten, um die Ecke. Ich möchte ihr immer noch sagen, daß es mir leid tut, aber wenn ich das tue, möchte ich ihr auch sagen, daß sie die Ursache all dessen ist, daß sie in jener Nacht nicht auf den Speicher hätte klettern dürfen, aber das schert mich sowieso alles keinen Fiedlerfurz, denn ich schreibe immer noch Drohbriefe für Mrs. Finucane und spare auf Amerika.
    Ich habe den ganzen Tag frei, bevor ich zu Mrs. Finucane gehe, um die Drohbriefe zu schreiben, und ich wandere die Henry Street entlang, bis der Regen mich in die Franziskanerkirche treibt, wo der hl. Franziskus mit seinen Vögeln und Lämmern steht. Ich sehe ihn an und frage mich, warum ich je zu ihm gebetet habe. Nein, ich habe nicht gebetet, ich habe gebettelt.

    Ich habe ihn angebettelt, er soll sich für Theresa Carmody einsetzen, aber er hat nie irgendwas getan, hat nur mit dem stillen Lächeln, den Vögeln, den Lämmern auf seinem Sockel gestanden, und weder Theresa noch ich haben ihn auch nur einen Fiedlerfurz geschert.
    Mit dir bin ich fertig, heiliger Franziskus. Wiedersehen, war nett, ich muß weiter. Francis. Ich weiß nicht, warum sie mir ausgerechnet diesen Namen gegeben haben. Wenn sie mich Malachy genannt hätten, stünde ich besser da, der eine ein König, der andere ein großer Heiliger. Warum hast du Theresa nicht geheilt? Warum hast du zugelassen, daß sie in die Hölle kommt? Du hast meine Mutter auf den Speicher klettern lassen. Du hast mich in den Stand der Verdammnis abgleiten lassen. Schuhe von kleinen Kindern in

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