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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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gesprochen.
    Allerdings.
    Er wird den Tag verwünschen, Miss Barry.

    Verwünschen wird er ihn, Mrs. O’Connell.
    Mrs. O’Connell spricht an mir vorbei mit den Jungs, die auf der Bank auf ihre Telegramme warten, dies ist Frankie McCourt, der glaubt, er ist zu gut fürs Postamt.
    Das glaube ich nicht, Mrs. O’Connell.
    Und wer hat dir erlaubt, den Schnabel aufzureißen, hoher Herr? Zu großartig für uns, stimmt’s, Jungs?
    Stimmt, Mrs. O’Connell.
    Und das nach allem, was wir für ihn getan haben, ihm die Telegramme mit den Trinkgeldern gegeben, ihn bei schönem Wetter aufs Land geschickt, ihn nach seinem unwürdigen Verhalten bei Mr. Harrington, dem Engländer, wieder aufgenommen haben, wo er dem Leichnam der armen Mrs. Harrington gegenüber unehrerbietig war, wo er sich mit Schinkensandwich vollgestopft hat, wo er sich mit Sherry hat vollaufen lassen, wo er aus dem Fenster gesprungen ist und jeden Rosenbusch weit und breit ramponiert hat, bevor er voll wie eine Strandhaubitze hier eingelaufen ist, und wer weiß, was er in seiner zweijährigen Zustellertätigkeit noch alles getrieben hat, ja, wer weiß das schon, obwohl wir eine recht gute Vorstellung davon haben, stimmt’s, Miss Barry?
    Stimmt, Mrs. O’Connell, obwohl das Thema nicht gerade ein geeigneter Gesprächsstoff ist.

    Sie flüstert Miss Barry etwas zu, und sie sehen mich an und schütteln den Kopf.
    Eine Schande ist er für Irland und für seine arme Mutter. Ich hoffe, sie wird es nie erfahren. Aber was kann man schon von jemandem erwarten, der in Amerika geboren ist, und der Vater ist aus dem Norden. Das alles haben wir uns bieten lassen und ihn trotzdem wieder aufgenommen.
    Sie spricht wieder ständig an mir vorbei mit den Jungens auf der Bank.
    Für Eason will er arbeiten, für diese Bande von Freimaurern und Protestanten oben in Dublin. Zu gut fürs Postamt, aber bereit und willens, in ganz Limerick schmutzige englische Magazine auszuliefern. Jedes Magazin, das er berührt, wird eine Todsünde sein. Aber jetzt verläßt er uns, o ja, und es ist ein trauriger Tag für seine arme Mutter, die um einen Sohn mit einer Pension gebetet hat, der an ihrem Lebensabend für sie Sorge tragen kann. So. Hier. Nimm deinen Lohn und geh uns aus den Augen.
    Miss Barry sagt, er ist ein böser junge, stimmt’s, Jungs?
    Stimmt, Miss Barry.
    Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe. Soll ich sagen, daß es mir leid tut? Leben Sie wohl?
    Ich lege meinen Gürtel und meine Posttasche auf Mrs. O’Connells Schreibtisch. Sie starrt mich
feindselig an. Los, los, geh zu deinem Job bei Eason. Geh weg. Weg von uns. Nächster Junge, hol dir deine Telegramme ab.
    Sie arbeiten weiter, und ich gehe die Treppe hinunter, zum nächsten Teil meines Lebens.

17
    Ich weiß nicht, warum Mrs. O’Connell mich vor der ganzen Welt beschämen mußte, und ich finde nicht, daß ich zu gut fürs Postamt oder für sonstwas bin. Wie denn auch, mit meinen abstehenden Haaren, den Pickeln im Gesicht, den roten Augen, aus denen es gelb quillt, mit den von Fäulnis bröseligen Zähnen, keinen Schultern, keinem Fleisch auf dem Arsch, nachdem ich dreizehntausend Meilen geradelt bin, um zwanzigtausend Telegramme an jeder Tür von Limerick und Umgebung zuzustellen?
    Mrs. O’Connell hat vor langer Zeit gesagt, sie weiß alles über jeden Telegrammjungen. Sie muß darüber Bescheid wissen, wie ich ganz oben auf Carrigogunnell Hand an mich gelegt habe, und Milchmädchen haben geglotzt, kleine Jungens haben hochgekuckt.
    Sie muß über Theresa Carmody und das grüne Sofa Bescheid wissen, wie ich sie in den Stand der Sünde gebracht habe und wie sie durch mich in die Hölle gekommen ist, die schlimmste Sünde von allen, tausendmal schlimmer als Carrigogunnell. Sie muß wissen, daß ich nach Theresa nie mehr zur Beichte gegangen
bin, daß ich selbst verdammt bin, der Hölle geweiht.
    Jemand, der so eine Sünde begeht, ist nie zu gut fürs Postamt oder für sonstwas.
    Der Barmann in South’s Kneipe erinnert sich an mich von damals her, als ich mit Mr. Hannon, Bill Calvin und Onkel Pa Keating hier gesessen habe. Schwarz-weiß-schwarz. Er erinnert sich an meinen Vater, der hier oft seinen Wochenlohn und sein Stempelgeld ausgegeben hat, während er patriotische Lieder sang und Reden auf der Anklagebank hielt wie ein verurteilter Rebell.
    Und was hättest du gern? sagt der Barmann.
    Ich bin hier mit Onkel Pa Keating verabredet, um meine erste Pint zu trinken.
    Ach ja?

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