Die Knickerbocker Bande 33 - Im Riff der Teufelsrochen
Der Regenwurmmann
Ein teuflisches Grinsen huschte über das Gesicht des Mannes, als ein Schwarm Piranhas vorbeischwamm. Er befand sich in einer fünf Meter hohen Halbkugel aus Glas, die zu mehr als drei Viertel unter Wasser lag. Durch den oberen Teil konnte man das strahlende Blau des Himmels sehen.
Der Mann interessierte sich aber nicht für den Himmel, sondern nur für die Welt des Meeres. Liebevoll betrachtete er die gefürchteten Fische und dachte daran, daß die meisten Piranha-Arten als ungefährlich angesehen wurden - daß sie einen Menschen innerhalb weniger Minuten bis auf die Knochen abnagen konnten, hielten viele für Anglerlatein.
„Die Biologen haben keine Ahnung“, murmelte der Mann und strich zufrieden über seinen schwarzen Bart. Seine Piranhas benötigten nur Sekunden, um ein halbes Rind zu fressen. Sie waren angriffslustig und immer kampfbereit. Allerdings hörten sie auf sein Kommando. Wenn er es wollte, waren sie friedlich wie Goldfische. Wenn er ihnen den Befehl zum Angriff gab, verwandelten sie sich in wilde Bestien, vor denen kein Stück Fleisch sicher war.
„Andere halten sich Wachhunde, ich habe Wachfische!“ pflegte der Mann zu sagen. Tatsächlich hielten ihm die Piranhas, die er züchtete, alle unerwünschten Besucher von seinem Laboratorium fern.
Über der riesigen Glaskuppel ertönte das Dröhnen von Flugzeugtriebwerken. Ein Jumbojet, der neue Urlauber brachte, war im Anflug auf die Insel.
Der Mann blätterte in seinem ledergebundenen Tischkalender und schlug ihn auf. Er hatte mit grünem Filzstift etwas eingetragen. Heute war ein wichtiger Tag.
Bald würden nun einige Leute zusammentreffen und erfahren, wie es um ihre Zukunft bestellt war. Die Personen selbst waren ihm egal. Entscheidend war nur die Tatsache, daß er seine Lieblinge zurückbekommen würde. Sie hatten in den vergangenen drei Jahren ihre Pflicht erfüllt und durften nun zu ihrem Herrchen zurückkehren.
„Bestimmt haben sie schon Nachwuchs“, fiel dem Mann ein. Diese Vorstellung gefiel ihm besonders gut.
Er verließ die Unterwasser-Beobachtungsstation durch eine Metalltür, die sich leise zischend zur Seite schob und hinter ihm wieder schloß. Nachdem er einen kahlen Tunnel durchquert hatte, der mit Stahlplatten ausgekleidet war, hielt er vor einer Panzertür. Sie hatte sieben Schlösser, für die man keine Schlüssel brauchte. Es genügten Nummerncodes, die über sieben Tastaturen eingetippt wurden.
Die Ziffernfolgen kannte nur der Mann, und er würde sie niemals verraten. Das Geheimnis, das sich hinter der Panzertür verbarg, war nicht für die Außenwelt bestimmt. Noch nicht! „Ich spiele mit dem Gedanken, mich doch ein wenig einzumischen ...“, sagte er leise vor sich hin. „Vielleicht werde ich eine kleine Bootsfahrt zum Riff unternehmen. Vielleicht, ich werde es mir noch überlegen!“
Der Mann war sich der Macht bewußt, über die er verfügte. Noch ahnte keiner etwas davon, aber das war auch gut so. Wieder huschte das teuflische Grinsen über sein Gesicht.
Ja, er hatte den heutigen Tag herbeigesehnt, denn er bereute, worauf er sich vor drei Jahren eingelassen hatte. Die Sache hatte ihm zwar eine schöne Stange Geld gebracht, aber seine Arbeit behindert.
Nun, es war vorbei. Das heißt, noch nicht ganz .
In dem Jumbojet, der zur Landung auf die Insel Mauritius ansetzte, befanden sich 252 Passagiere. Alle waren müde, da sie bereits zwölf Stunden Flug hinter sich hatten und das
Schlafen in den Sitzen nicht gerade bequem war.
In den vorderen beiden Zweierreihen saßen Axel, Dominik, Lilo und Poppi. „He, Leute, wir sind da!“ verkündete Dominik und bemühte sich ausnahmsweise, nicht so kompliziert und verdreht zu reden. „Echt, wirklich? Ich dachte, das Flugzeug geht nur tiefer, um ein bißchen Gras zu fressen!“ ätzte Axel. Dominik schleuderte ihm dafür einen Löffel Marmelade ins Gesicht.
„Wir wohnen in einem Hotel, in dem sogar Filmstars absteigen!“ sagte Poppi stolz. „Es heißt ,Le Touessrok’ (sprich: Tussrock) und sieht auf den Fotos ganz toll aus!“
Axel sagte nicht, was ihm auf der Zunge lag: „Leider wird aber auch Frau Monowitsch dort sein und uns Tag und Nacht bewachen!“ Poppis Mutter war um das Wohl ihrer Tochter sehr besorgt und hielt sehr, sehr wenig von den Abenteuern der Knickerbocker-Bande. Ihr einziger Wunsch war ein Urlaub ohne Aufregungen. Sie hatte Poppis Freunde nur unter der Bedingung mitgenommen, daß sie sich wie völlig normale Feriengäste
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