Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
gutem Grund sagte ich mir: Ich muß … Ref 6
Viel gibt es nicht im Haus zum Saubermachen. Sie fegt den Küchenfußboden und oben den Boden von Italien. Sie wäscht die vier Marmeladengläser, die wir als Tassen verwenden. Sie sagt, wenn Dad länger Arbeit hat, können wir uns ordentliche Tassen und vielleicht sogar Untertassen anschaffen, und eines Tages, mit Gottes und Seiner Mutter Hilfe, die gebenedeit ist unter den Weibern, kriegen wir Laken für das Bett, und wenn wir ganz lange sparen, eine Decke oder sogar
zwei, anstatt dieser alten Mäntel, die von ihren Besitzern zur Zeit der Großen Kartoffelhungersnot zurückgelassen worden sein müssen. Sie kocht Wasser und wäscht die Lumpen, die Michael davon abhalten, den ganzen Kinderwagen und das Haus als solches vollzuscheißen. Ha, sagt sie, das gibt ein schönes Abendessen, wenn euer Oller heute abend mit dem Lohn nach Hause kommt.
Oller. Sie hat gute Laune.
In der ganzen Stadt lärmen Sirenen und Pfeifen, wenn die Männer um halb sechs mit der Arbeit fertig sind. Malachy und ich sind aufgeregt, denn wir wissen, wenn der Vater Arbeit hat und seinen Lohn nach Hause bringt, kriegt man den Freitagspenny. Das wissen wir von anderen Jungens, deren Väter arbeiten, und wir wissen, daß man nach dem Abendessen in den Laden von Kathleen O’Connell gehen und Süßigkeiten kaufen kann. Wenn die Mutter gute Laune hat, gibt sie einem vielleicht sogar zwei Pence, so daß man am nächsten Tag ins Lyric Cinema gehen kann, um sich einen Film mit James Cagney anzusehen.
Die Männer, die in Fabriken und Läden in der Stadt arbeiten, kommen in die Gasse, um zu Abend zu essen, sich zu waschen und in die Kneipe zu gehen. Die Frauen gehen ins Kino, ins Coliseum oder ins Lyric Cinema. Sie kaufen sich Süßigkeiten und Wild-Woodbine-Zigaretten, und
wenn ihre Männer schon länger Arbeit haben, gönnen sie sich Black-Magic-Pralinen. Sie lieben die Liebesfilme und amüsieren sich prächtig und weinen sich die Augen aus, wenn es kein Happy-End gibt oder ein Geliebter in die Fremde geht, um sich von Hindus oder anderen Nicht-Katholiken erschießen zu lassen.
Wir müssen lange warten, bis Dad die Meilen von der Zementfabrik zu uns zurückgelegt hat. Wir können nicht zu Abend essen, bevor er zu Hause ist, und das ist hart, weil man riecht, was bei den anderen Familien in der Gasse gekocht wird. Mam sagt, gut, daß Freitag Zahltag ist, wenn man kein Fleisch essen kann, denn der Geruch von Speck oder Würstchen in den anderen Häusern würde sie um den Verstand bringen. Immerhin gibt es bei uns Käsebrot und ein schönes Marmeladenglas Tee mit ordentlich Milch und Zucker, und was will man denn mehr?
Die Frauen sind in den Kinos, die Männer sind in den Kneipen, und Dad ist immer noch nicht zu Hause. Mam sagt, es ist ein weiter Weg bis zur Zementfabrik, auch wenn er schnell geht. Sie sagt das, aber ihre Augen sind wäßrig, und sie singt nicht mehr. Sie sitzt am Feuer und raucht eine Wild Woodbine, die sie bei Kathleen O’Connell auf Kredit gekriegt hat. Die Kippe ist ihr einziger Luxus, und diese Herzensgüte wird sie Kathleen nie vergessen. Sie weiß nicht, wie lange sie das
Wasser im Kessel noch am Kochen halten kann. Es hat keinen Sinn, Tee zu machen, solang Dad noch nicht zu Hause ist, denn dann wird er suppig, matschig, dick wie Teer und untrinkbar. Malachy sagt, er hat Hunger, und sie gibt ihm ein Käsebrot, damit er durchhält. Sie sagt, dieser Job könnte unsere Rettung sein. Es ist schon schwer genug für ihn, mit seinem nördlichen Akzent einen Job zu kriegen, und wenn er den wieder verliert, weiß ich nicht, was wir treiben werden.
Die Dunkelheit ist in der Gasse, und wir müssen eine Kerze anzünden. Sie muß uns unseren Tee und unser Käsebrot geben, denn wir sind so hungrig, daß wir keine Minute mehr warten können. Sie sitzt am Tisch, ißt ein bißchen Käsebrot , raucht ihre Wild Woodbine. Sie geht zur Tür, um zu sehen, ob Dad schon durch die Gasse kommt, und sie spricht von den Zahltagen, an denen wir ganz Brooklyn nach ihm abgesucht haben. Sie sagt, eines Tages gehen wir alle zurück nach Amerika, und dann haben wir eine schöne warme Wohnung und ein Klo am anderen Ende des Korridors wie das in der Classon Avenue und nicht dies dreckige Ding da draußen.
Die Frauen kommen lachend aus den Kinos nach Hause und die Männer singend aus den Kneipen. Mam sagt, es hat gar keinen Zweck, noch länger zu warten. Wenn Dad bis zur Sperrstunde in den Kneipen bleibt, ist von
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