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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank McCourt
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die Reifenstücke so dick sind, daß wir ein paar Zoll größer wirken, und die Jungs sagen, wie ist die Luft da oben? In meiner Klasse sind sechs oder sieben Barfußkinder, und die sagen gar nichts, und ich frage mich, ob es besser ist, Schuhe mit Gummibereifung zu haben, in denen man immer stolpert, oder barfuß zu gehen. Ganz ohne Schuhe hat man sofort alle Barfußkinder auf seiner Seite. Mit Gummireifen an den Schuhen steht man mit seinem Bruder ganz alleine da, und man muß seine eigenen Schlachten schlagen. Ich setze mich auf eine Bank im Pausenklo und ziehe meine Schuhe und Strümpfe aus, aber als ich in die Klasse komme, will der Lehrer wissen, wo meine Schuhe sind. Er weiß, daß ich keins der Barfußkinder bin, und ich muß zurück auf den Schulhof, die Schuhe holen und sie anziehen. Dann sagt er zur Klasse, hier wird schadenfroh gefeixt. Hier wird schadenfroh gespottet. Hier wird sich über das Elend anderer
lustig gemacht. Ist hier jemand in der Klasse, der sich für vollkommen hält? Bitte die Hand hoch.
    Niemand hebt die Hand.
    Ist hier jemand in der Klasse, der aus einer reichen Familie stammt, mit Geld in Hülle und Fülle, das man für Schuhe ausgeben kann? Bitte die Hand hoch.
    Niemand hebt die Hand.
    Er sagt, es sind hier Knaben, die ihre Schuhe mit den Mitteln, die ihnen zu Gebote stehen, flicken müssen. Es sind hier Knaben in der Klasse, die gar keine Schuhe haben. Es ist nicht ihre Schuld, und es ist keine Schande. Unser Herr hatte keine Schuhe. Er starb barfuß. Seht ihr Ihn mit schicken Schuhen am Kreuz hängen? Nun?
    Nein, Sir.
    Wie seht ihr unseren Herrn nicht?
    Mit schicken Schuhen am Kreuz hängen, Sir.
    Wenn ich also merke, daß einer von euch Knaben über Mc-Court oder seinen Bruder wegen ihrer Schuhe spottet oder feixt, kommt der Stock heraus. Was kommt dann heraus?
    Der Stock, Sir.
    Und der Stock wird singen, das kann ich euch versprechen. Er wird durch die Luft pfeifen, und er wird auf dem Knaben landen, der spottet, und er wird auf dem Knaben landen, der feixt. Wo wird er landen?
    Auf dem Knaben, der spottet, Sir.

    Und wo noch?
    Auf dem Knaben, der feixt, Sir.
    Die Jungens lassen uns in Ruhe, und wir tragen unsere Schuhe mit den Gummireifen die paar Wochen bis Ostern, da uns dann die Gesellschaft vom Hl. Vincent de Paul mit neuen Schuhen beschenkt.
     
     
    Wenn ich mitten in der Nacht aufstehen muß, um in den Eimer zu pinkeln, gehe ich zur Treppe und sehe hinunter, ob der Engel vielleicht auf der siebten Stufe ist. Manchmal bin ich sicher, daß da ein Licht ist, und wenn alle schlafen, setze ich mich auf die Stufe, falls der Engel wieder ein Baby bringt oder nur mal zu Besuch kommt. Ich habe Mam gefragt, ob der Engel die Babys nur bringt und dann vergißt. Sie hat gesagt, natürlich nicht. Der Engel vergißt die Babys nie und kommt immer wieder zurück, um sich zu vergewissern, daß das Baby glücklich ist.
    Ich könnte dem Engel alle möglichen Fragen stellen, und er würde sie auch bestimmt beantworten  – wenn er kein Mädchen-Engel ist. Aber ein Mädchen-Engel würde bestimmt auch Fragen beantworten. Ich habe noch nie gehört, daß die keine Fragen beantworten.
    Ich sitze lange auf der siebten Stufe, und ich bin sicher, daß der Engel da ist. Ich sage ihm alles,
was man seiner Mutter oder seinem Vater nicht erzählen kann, weil man Angst hat, daß sie einem auf den Kopf hauen oder sagen, man soll spielen gehen. Ich erzähle ihm alles über die Schule und wie ich Angst vor dem Lehrer und seinem Stock habe, wenn er uns auf irisch anbrüllt und ich immer noch nicht weiß, wovon er überhaupt redet, weil ich doch aus Amerika gekommen bin und die anderen Jungens ein Jahr vor mir mit Irisch angefangen haben.
    Ich bleibe auf der siebten Stufe, bis es zu kalt wird oder Dad aufsteht und mir sagt, ich soll wieder ins Bett gehen. Dabei hat er mir doch gesagt, daß der Engel zur siebten Stufe kommt, und man sollte annehmen, daß er weiß, warum ich da sitze. Ich habe ihm mal nachts gesagt, daß ich auf den Engel warte, und er hat gesagt, och, Mensch, Francis, du bist ein ziemlicher Träumer.
    Ich krieche wieder ins Bett, aber ich kann hören, wie er meiner Mutter zuflüstert, der arme kleine Kerl hat auf der Treppe mit einem Engel geschwatzt.
    Er lacht, und meine Mutter lacht, und ich denke, wie merkwürdig, daß die Großen über den Engel lachen, der ihnen ein neues Kind gebracht hat.

     
     
    Vor Ostern ziehen wir wieder hinunter nach Irland. Ostern ist besser als Weihnachten, weil

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