Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
Hl. Vincent de Paul.
Sie sind ganz vorsichtig, wie sie in den See in der Küche steigen, und sie machen Ts-ts- und Uijui-Geräusche und sagen zueinander, ist es nicht eine Schande? bis sie oben in Italien sind. Sie sagen
Mam und Dad, sie wollen ja eigentlich nicht stören, aber die Gesellschaft muß sicher sein, daß sie nur wirklich bedürftigen Fällen hilft. Mam bietet ihnen eine Tasse Tee an, aber sie sehen sich um und sagen, nein, vielen Dank, sehr freundlich. Sie wollen wissen, warum wir oben wohnen. Sie wollen wissen, wie das mit dem Klo ist. Sie stellen Fragen, denn die Großen dürfen soviel fragen, wie sie wollen, und sie dürfen in kleine Bücher schreiben, besonders wenn sie Schlips und Kragen und Anzug anhaben. Sie fragen, wie alt Michael ist, wieviel Dad beim Arbeitsamt kriegt, wann hatte er zuletzt Arbeit, warum hat er jetzt keine Arbeit, und was ist das überhaupt für ein Akzent, mit dem er da spricht?
Dad sagt ihnen, das Klo könnte uns mit jeder Sorte von Krankheit umbringen, daß die Küche im Winter überflutet ist und wir nach oben ziehen mußten, um trocken zu bleiben. Er sagt, der Shannon ist für die Feuchtigkeit in der Welt verantwortlich und bringt uns einen nach dem andern um.
Malachy sagt ihnen, wir wohnen in Italien, und sie lächeln.
Mam fragt, ob wohl die Möglichkeit besteht, Schuhe für Malachy und mich zu kriegen, und sie sagen, sie muß ins Ozanam House gehen und einen Antrag stellen. Sie sagt, seit das Baby gekommen ist, geht es ihr nicht mehr so gut, und lange
in der Schlange stehen könnte sie nicht, aber sie sagen, es müssen alle gleich behandelt werden, sogar eine Frau unten aus Irishtown mit Drillingen, und, danke schön, wir werden der Gesellschaft einen Bericht schreiben.
Als sie gehen, will Malachy ihnen zeigen, wo der Engel Michael auf der siebten Stufe gelassen hat, aber Dad sagt zu ihm, nicht jetzt, nicht jetzt. Malachy weint, und einer der Männer gibt ihm ein Karamelbonbon aus seiner Jackentasche, und ich hätte gern auch etwas zu weinen, damit ich auch eins kriege.
Ich muß wieder nach unten und den Männern zeigen, wo sie hintreten sollen, damit sie keine nassen Füße kriegen. Sie schütteln immer wieder den Kopf und sagen, Allmächtiger! und heilige Muttergottes, das ist ja entsetzlich. Das da oben ist nicht Italien, das ist Kalkutta.
Oben in Italien sagt Dad zu Mam, sie soll nie so betteln.
Was meinst du damit, betteln?
Hast du denn gar keinen Stolz? So um Schuhe zu betteln?
Und was würden Sie unternehmen, Herr von Großkotz? Willst du sie barfuß gehen lassen?
Ich würde ihnen eher die Schuhe reparieren, die sie haben.
Die Schuhe, die sie haben, fallen auseinander.
Ich kann sie reparieren, sagt er.
Du kannst gar nichts reparieren. Du bist nutzlos, sagt sie.
Am nächsten Tag kommt er mit einem alten Fahrradreifen nach Hause. Er schickt mich nach nebenan zu Mr. Hannon, um einen Leisten und einen Hammer zu borgen. Er nimmt Mams scharfes Messer und hackt auf den Reifen ein, bis er Stücke hat, die auf die Sohlen und Hacken unserer Schuhe passen. Mam sagt, er wird die Schuhe noch vollends zerstören, aber er hämmert mit dem Hammer drauflos, drischt die Nägel durch die Gummistücke und in die Schuhe hinein. Mam sagt, Gott in der Höhe, wenn du die Schuhe in Frieden gelassen hättest, hätten sie noch bis Ostern gehalten, aber mindestens, und vielleicht besorgen die uns vom Hl. Vincent de Paul ja auch tatsächlich welche. Aber er hört nicht auf, bis die Sohlen und Hacken mit viereckigen Stükken Gummireifen bedeckt sind, die auf beiden Seiten des Schuhs in die Gegend ragen und vorne und hinten bei jedem Schritt flapp machen. Er befiehlt uns, die Schuhe anzuziehen, und sagt uns, jetzt haben unsere Füße es gut und warm, aber wir wollen sie nicht mehr tragen, weil die Reifenstücke so klumpig sind, daß wir stolpern, wenn wir in Italien herumlaufen. Er schickt mich mit Leisten und Hammer zurück zu Mr. Hannon, und Mrs. Hannon sagt, Gott in der Höhe, was ist denn mit euern Schuhen los? Sie lacht, und
Mr. Hannon schüttelt den Kopf, und ich schäme mich. Am nächsten Morgen will ich nicht in die Schule, und ich tue, als wäre ich krank, aber Dad holt uns aus dem Bett und gibt uns unser gebratenes Brot mit Tee und sagt uns, wir sollten dankbar sein, daß wir überhaupt Schuhe haben, und auf Leamy’s National School gibt es Jungens, die müssen an bitterkalten Tagen barfuß in die Schule gehen. Auf dem Schulweg lachen uns die anderen Jungs aus, weil
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