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Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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würde mich freuen, wenn sich Professor Chandrasekar zu diesem Thema äußern wollte; denn er hat ja das Werk gekrönt ...«
    »Das Sie begannen«, bemerkte der Mathematiker.
    »Das wir gemeinsam vollbrachten«, warf Arsenjew ein; »denn ein jeder von uns hat seine Pflicht erfüllt.«
    Chandrasekar blätterte in den Papieren und Filmen, die vor ihm lagen, und zog die Aufnahme jener doppelt gekrümmten Kurve hervor, die ich einige Stunden vorher im Schirm des Marax gesehen hatte. Er musterte sie eine Weile nachdenklich, dann sagte er: »An der Basis der weißen Kugel vermute ich einen Vakuumbeschleuniger, in dem die Atome fast bis zur Geschwindigkeit des Lichtes beschleunigt werden. Übereinstimmend mit der Transmutation Einsteins bilden sich ungeheure Atommassen, und eben diese sind die Quelle der Energie, die Milliarden Kilowatt erreicht. Sie fließt der weißen Kugel durch die elf Rohre zu, von dem jedes seine eigene Frequenz besitzt. Ich erinnere daran, um zu unterstreichen, daß wir uns ohne den Marax mit der Analyse der Schwingungen keinen Rat gewußt hätten. Es ist uns nunmehr bekannt, daß ein Tätigkeitszyklus der weißen Kugel zweihundertsechsundneunzig Stunden währt und sich aus zwei grundsätzlichen Phasen zusammensetzt. In der ersten, der positiven, wird die erzeugte Gravitation zu der Anziehungskraft des Planeten addiert, in der zweiten Phase, der negativen, wird die Anziehungskraft aufgehoben. Wie Sie wissen, besteht jede Phase aus einer Reihe niedriger Leistungsspitzen. Wir kamen zu einem Zeitpunkt in den Wirkungsbereich der weißen Kugel, als die Spannung des Feldes eine positive war. Sie schwächte sich bereits erheblich ab, und die Schwierigkeiten, in die wir gerieten, wurden durch diesen kleinen Sprung hier in der Kurve verursacht.«
    Wir beugten uns über den Tisch und betrachteten das geringfügige Ansteigen und Absinken der Kurve, auf das der Mathematiker zeigte, während er fortfuhr: »Schlimmer wäre es zur Zeit der negativen Phase gewesen: Ein jeder, der sich der Kugel genähert hätte, wäre, der Anziehungskraft des Planeten ledig, wie ein Ballon in die Höhe gestiegen und würde nun im interplanetaren Raum kreisen ...
    Nun, darum handelt es sich ja augenblicklich nicht. Es dreht sich, nach den Worten unseres Kollegen Lao, vielmehr darum, wie diese Maschine arbeitet. Viel wichtiger aber ist für uns die Antwort auf die Frage, was dieser verwickelte Gravitationszyklus bedeuten soll, der zweihundertsechsundneunzig Stunden dauert und nach dessen Ablauf sich sämtliche Sprünge und Verzögerungen unverändert von Anfang an wiederholen.
    Was kann die Bestimmung, der Sinn so gewaltiger Energieentladungen sein?«
    Der Mathematiker unterbrach sich einen Augenblick, und als er weitersprach, schlug er bei jedem Wort mit dem Knöchel auf den Tisch: »Diese Erscheinungen, die durch die weiße Kugel hervorgerufen werden, können uns Forscher und Wissenschaftler weder erschrecken noch in Erstaunen versetzen. Uns wundert und erschreckt vielmehr etwas ganz anderes: nämlich daß diese Erscheinungen keinen Sinn haben und zu überhaupt nichts dienen!«
    Ich spürte, daß mir ein eisiger Schauer über den Rücken lief. »Wie ... wie verstehen Sie das, Herr Professor?« fragte ich, und meine Stimme zitterte.
    »So, wie ich es gesagt habe. Ich kann kein einziges Wort hinzufügen.«
    »Einen Augenblick ... gestatten Sie ... aber das ist mir völlig rätselhaft ... Die Schaffung eines derartigen Gravitationspoles hat nach Ihrer Ansicht keinen Sinn? Vielleicht würden wir auf der Erde etwas Derartiges nicht bauen, aber ...«
    »Das ist ein Mißverständnis«, sagte der Physiker. »Wir kennen keinen Zweck, zu dem man einen solchen Gravitationspol schaffen kann. Ich denke an das Abfeuern interplanetarer Geschosse.«
    »Also wäre die weiße Kugel ...«
    »Lassen Sie mich, bitte, ausreden. Wir verwenden auf der Erde Raketen, die durch Atomenergie angetrieben werden. Nach der Katastrophe, die dem auf die Erde entsandten Geschoß widerfuhr, ist es möglich, daß die Venusbewohner es vorzogen, in Zukunft eine andere Methode anzuwenden. Sie beschlossen, die Gravitation eben mit der Gravitation zu bekämpfen!« »Und wie?«
    »Eine genaue Erklärung würde zu weit führen. Genug, daß es hierbei um etwas ging, was man, bildlich gesprochen, als das Bohren eines Loches in das Schwerkraftfeld des Planeten bezeichnen könnte. Sie wissen doch, daß man eine elektrische Ladung durch eine Ladung mit entgegengesetztem Vorzeichen

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