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Die Attentaeterin

Die Attentaeterin

Titel: Die Attentaeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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bitte?«
    »Ich denke laut«, entgegnet er und wedelt entschuldigend mit der Zigarette … »Ich versuche zu verstehen, aber es gibt Dinge, die werde ich niemals verstehen. Es ist so was von absurd, so was von dumm … Was meinen Sie, hätte der Hauch einer Chance bestanden, sie davon abzubringen …? Sie waren doch sicher eingeweiht in ihre kleinen Machenschaften, nicht ?«
    »Was wollen Sie damit sagen ?«
    »Ich drücke mich doch ganz verständlich aus … Sehen Sie mich nicht so an. Sie werden mir doch nicht weismachen wollen, dass Sie keine Ahnung hatten ?«
    »Wovon sprechen Sie eigentlich ?«
    »Von Ihrer Gattin, Herr Doktor, von dem, was sie begangen hat.«
    »Sie war es nicht. Das kann sie gar nicht gewesen sein .«
    »Und warum nicht, wenn ich fragen darf ?«
    Ich antworte nicht, stütze den Kopf in beide Hände und versuche, einen klaren Gedanken zu fassen. Mit seiner freien Hand hebt er mein Kinn an und sieht mir fest in die Augen.
    »Sind Sie praktizierender Muslim, Herr Doktor ?«
    »Nein.«
    »Und Ihre Frau?«
    »Auch nicht.«
    Er runzelt die Brauen. »Wirklich nicht?«
    »Sie verrichtete nie ihre Gebete, wenn es das ist, was Sie unter Praktizieren verstehen .«
    »Seltsam …«
    Er lehnt sich mit halbem Hintern auf die Armlehne des Sessels gegenüber, schlägt die Beine übereinander, stützt den Ellenbogen auf den Oberschenkel, nimmt sein Kinn behutsam zwischen Daumen und Zeigefinger und kneift, des Rauchs wegen, die Augen leicht zusammen.
    Sein trüber Blick nimmt es mit meinem auf. »Sie verrichtete niemals ihre Gebete ?«
    »Nie.«
    »Hielt auch nicht den Ramadan ein ?«
    »Doch.«
    »Aha …!«
    Er streicht sich über den Nasenrücken, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    »Alles in allem eine widerspenstige Gläubige … Um alle Spuren zu verwischen und ihren Extremismus ungestört ausleben zu können. Sie war bestimmt in einem Wohltätigkeitsverein oder dergleichen aktiv. So etwas ist ein ausgezeichneter Deckmantel, unter den man rasch schlüpft, falls es Schwierigkeiten geben sollte. Aber hinter dem gemeinnützigen Treiben lässt sich immer ein schöner Reibach machen; da fällt Kohle ab für die Gewieften, und ein kleines Stück vom Paradies für die einfachen Gemüter. Davon kann ich ein Lied singen, es ist schließlich mein täglich Brot. Immer, wenn ich glaube, ich wäre endlich am Abgrund der menschlichen Dummheit angelangt, merke ich, dass ich nur an der Oberfläche kratze …«
    Er bläst mir Rauch ins Gesicht.
    »Sie sympathisierte mit den Al-Aksa-Brigaden, stimmt’s?
    Nein, nicht mit Al-Aksa. Es heißt ja, die hätten es nicht so mit den Selbstmordattentaten. Ich mache da keine Unterschiede. Ob sie nun vom Islamischen Dschihad oder von der Hamas sind, die sind ja alle bereit, alles zu tun, um von sich reden zu machen .«
    »Meine Frau hat mit diesen Leuten nichts zu tun. Es handelt sich um ein fürchterliches Missverständnis .«
    »Ist schon eigenartig, Herr Doktor. Genau das sagen sie alle, die Angehörigen dieser Spinner, wenn man nach dem Attentat mit ihnen spricht. Sie tragen alle dieselbe fassungslose Miene zur Schau wie Sie gerade, völlig überrollt von den Ereignissen. Ist das ein Trick, um Zeit zu gewinnen, oder eine besonders dreiste Art, den anderen auf den Arm zu nehmen ?«
    »Sie sind auf dem Holzweg, Herr Hauptmann .«
    Er macht eine beschwichtigende Handbewegung, dann geht er erneut zum Angriff über.
    »Wie verhielt sie sich gestern früh, als Sie sich von ihr verabschiedeten, um zur Arbeit zu fahren ?«
    »Meine Frau ist vor drei Tagen nach Kafr Kanna gereist, zu ihrer Großmutter .«
    »Dann haben Sie sie also die drei letzten Tage über gar nicht gesehen ?«
    »So ist es .«
    »Aber Sie haben mit ihr telefoniert .«
    »Nein. Sie hatte ihr Handy zu Hause vergessen, und bei ihrer Großmutter gibt es kein Telefon .«
    »Und hat sie einen Namen, diese Großmutter ?« , fragt er, während er ein Notizheft aus der Innentasche seines Jacketts hervorholt.
    »Hanan Scheddad.«
    Der Hauptmann notiert sich den Namen.
    »Haben Sie sie nach Kafr Kanna begleitet ?«
    »Nein, sie ist allein gefahren. Ich habe sie Mittwochmorgen am Busbahnhof abgesetzt. Sie hat den 8 Uhr 15-Bus nach Nazareth genommen .«
    »Haben Sie sie losfahren sehen ?«
    »Ja. Ich habe den Busbahnhof zur selben Zeit verlassen wie der Bus .«
    Zwei Polizisten kommen mit Akten beladen aus meinem Arbeitszimmer zurück. Ein dritter folgt ihnen auf dem Fuß, mit meinem Computer unter dem Arm.
    »Sie transportieren

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