Die Attentaeterin
werden. Wenn es ein Selbstmordattentat war, wird man das doch zu hören und zu sehen bekommen .«
»Nicht unbedingt, bei diesen Spinnern. Manchmal begnügen sie sich mit einem Fax oder einem Anruf .«
»Aber doch nicht, wenn es darum geht, einen großen Coup zu landen. Und eine Frau als Selbstmordattentäter, das ist doch eine Sensation. Noch dazu, wenn sie naturalisierte israelische Staatsbürgerin und Frau eines prominenten Chirurgen ist, der der ganze Stolz seiner Stadt ist, das Aushängeschild für erfolgreiche Integration … Hören Sie auf, meine Frau länger zu verunglimpfen, Herr Offizier, ich will das nicht. Sie ist ein Opfer des Attentats, aber doch nicht die Täterin. Da müssen Sie bei Ihren Ermittlungen wohl noch einen Zahn zulegen. Am besten beginnen Sie gleich damit !«
»Setzen Sie sich !« , brüllt der Hauptmann.
Sein Gebrüll gibt mir den letzten Rest, meine Knie werden weich, und ich sinke zurück ins Sofa.
Ich bin am Ende meiner Kräfte, schlage beide Hände vors Gesicht und kauere mich zusammen. Ich bin erschöpft und ausgelaugt, angeschlagen und kurz vor dem Zusammenbruch. Der Schlaf, dieser Bandit, setzt mir gewaltig zu, doch ich sperre mich dagegen, einfach so wegzudösen. Ich will jetzt nicht schlafen. Ich habe Angst davor, einzunicken und beim Erwachen ständig von neuem zu hören, dass die Frau, die ich mehr als alles auf der Welt geliebt habe, nicht mehr ist, dass sie tot ist, verstümmelt bei einem Terrorakt, ich habe Angst davor, jedes Mal, wenn ich aufwache, dieselbe Katastrophe durchleben zu müssen, dasselbe Verhängnis … Und dieser Hauptmann, der mich nur angreift, warum zerfällt der nicht einfach zu Staub? Ich möchte, dass er auf der Stelle verschwindet, dass die Poltergeister, die mein Haus heimsuchen, sich in einen Luftzug verwandeln, dass ein Orkan meine Fenster eindrückt und mich weit weg trägt, weit weg von dem Zweifel, der in mir bohrt, der mir die Orientierung raubt und mein Herz mit schrecklicher Ungewissheit erfüllt …
4.
H auptmann Moshe und seine Assistenten halten mich vierundzwanzig Stunden lang wach. Sie wechseln einander ab in dem schäbigen Raum, in dem das Verhör stattfindet. Eine Art Rattenloch mit niedriger Decke und grauen Wänden. Dicht über meinem Kopf eine vergitterte Glühbirne, deren ständiges Sirren mich noch um den Verstand bringt. Mein Hemd ist schweißnass und kratzt mich im Rücken, so heftig, als wäre es ein ganzer Bund Brennnesseln. Ich bin hungrig, bin durstig, mir tut alles weh, und am Ende des Tunnels sehe ich kein Licht. Sie mussten mir unter die Achseln greifen, um mich zum Pinkeln auf die Toilette zu schleppen. Die Hälfte ging in die Hose, ich konnte nicht warten, bis ich den Reißverschluss endlich aufbekam. Dann wurde mir übel, und ich hätte mir fast die Zähne am Pissoir ausgeschlagen. Sie mussten mich regelrecht zurückschleifen in meinen Käfig. Danach geht es weiter mit dem Dauerfeuer, der Fragerei, den Fausthieben auf die Tischplatte, den Klapsen ins Gesicht, die mich davon abhalten sollen, ohnmächtig zu werden.
Wenn der Schlaf mich zu überwältigen droht, schüttelt man mich vollständig durch und setzt mir einen ausgeruhten diensteifrigen Offizier vor die Nase. Die Fragen bleiben dieselben. Wie dumpfe, vielstimmige Anrufungen dröhnen sie mir im Schädel.
Ich schwanke auf dem Metallstuhl, der mir den Hintern wund scheuert, hin und her, klammere mich am Tisch fest, um nicht umzukippen, dann lasse ich mit einem Mal los und knalle mit voller Wucht gegen die Tischkante. Ich glaube, dabei ist mir die Augenbraue aufgeplatzt.
»Der Busfahrer hat Ihre Frau ganz klar identifiziert, Herr Doktor. Er hat sie auf dem Foto sofort wiedererkannt. Er hat ausgesagt, dass sie tatsächlich an Bord seines Busses war, der am Mittwoch um 8 Uhr 15 nach Nazareth gefahren ist. Gleich hinter Tel Aviv, keine zwanzig Kilometer vom Busbahnhof entfernt, hat sie darum gebeten, auszusteigen, ein dringendes Bedürfnis vorschützend. Der Fahrer war genötigt, an der Böschung anzuhalten. Ehe er weiterfuhr, sah er, wie Ihre Frau in einen Wagen stieg, der ihm dicht gefolgt war. Dieses Detail ließ ihn stutzen. Er hat sich zwar nicht die Autonummer gemerkt, aber er sagt, dass es sich um einen cremefarbenen Mercedes handelte, ein älteres Modell … Sagt Ihnen diese Beschreibung nichts, Herr Doktor ?«
»Was soll mir das denn sagen? Ich habe einen Ford jüngeren Datums, außerdem ist er weiß. Meine Frau hatte überhaupt keinen Grund, aus dem Bus
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