Die Attentaeterin
zu steigen. Ihr Fahrer erzählt nur Unsinn .«
»Wenn dem so ist, dann ist er nicht der Einzige. Wir haben jemanden nach Kafr Kanna geschickt. Hanan Scheddad sagt aus, dass sie ihre Enkeltochter seit über neun Monaten nicht mehr gesehen hat .«
»Sie ist eine alte Dame …«
»Ihr Neffe, der mit ihr zusammen auf dem Bauernhof lebt, bestätigt die Aussage. Also, Herr Doktor Jaafari, wenn Ihre Frau seit über neun Monaten nicht mehr in Kafr Kanna war, wo war sie dann die letzten drei Tage ?«
» Wo war sie dann die letzten drei Tage …? Wo war sie dann …? Wo war sie …? Wo …? « Die Fragen des Offiziers gehen in einem dunklen Rauschen unter. Ich höre ihn nicht mehr. Ich sehe nur noch seine Augenbrauen, die sich im Rhythmus der Fallen, die er mir stellt, hochziehen, seinen Mund, in dem er Argumente hin und her bewegt, die nicht mehr durchdringen zu mir, seine Hände, die Ungeduld oder Entschiedenheit zum Ausdruck bringen …
Ein anderer Offizier kommt herein, das Gesicht hinter schwarzen Gläsern versteckt. Während er zu mir spricht, bewegt er herrisch den Zeigefinger. Seine Drohungen kommen durch meine gestörte Wahrnehmung gar nicht zur Wirkung. Er bleibt nicht lange und verlässt fluchend den Raum.
Ich weiß nicht, wie spät es ist, ob es Tag ist oder Nacht. Sie haben mir meine Uhr abgenommen. Meine Befrager haben sich die Mühe gemacht, ihre eigene ebenfalls abzulegen, bevor sie zu mir hereingekommen sind.
Schließlich kehrt Hauptmann Moshe unverrichteter Dinge zu mir zurück. Die Hausdurchsuchung hat keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Auch er ist erschöpft. Er stinkt nach Rauch und Tabak. Seine Züge sind angespannt, seine Augen gerötet, er hat sich seit dem Vortag nicht mehr rasiert, und seine Lippen sind leicht angeschwollen.
»Alles deutet darauf hin, dass Ihre Frau Tel Aviv weder am Mittwoch noch an den Tagen danach verlassen hat .«
»Das macht sie noch lange nicht zur Kriminellen .«
»Ihre eheliche Beziehung war …«
»Meine Frau hatte keinen Liebhaber«, falle ich ihm ins Wort.
»Sie wäre nicht verpflichtet gewesen, es Sie wissen zu lassen .«
»Wir hatten keine Geheimnisse voreinander .«
»Das wahre Geheimnis behält man doch immer für sich .«
»Es gibt ganz sicher eine Erklärung, Herr Hauptmann.
Aber es ist nicht so, wie Sie sich das vorstellen .«
»Denken Sie doch mal eine Sekunde lang nach, Herr Doktor. Wenn Ihre Frau Sie angelogen hat, wenn sie Sie in dem Glauben lässt, dass sie nach Nazareth fahrt, um, sobald Sie ihr den Rücken gekehrt haben, nach Tel Aviv zurückzukehren, dann heißt das doch wohl, dass sie kein ehrliches Spiel spielte.«
»Wenn hier einer kein ehrliches Spiel spielt, dann Sie, Herr Hauptmann. Sie erzählen mir Lügengeschichten, um die Wahrheit zu erfahren. Aber darauf falle ich nicht herein. Und wenn Sie mich tage-und nächtelang künstlich wachhalten, Sie werden mich nie dazu bringen, das zu sagen, was Sie hören wollen. Da müssen Sie sich schon einen anderen Dummen suchen, dem Sie die Schuld zuschieben können .«
Entnervt tritt er auf den Korridor. Wenig später kehrt er zurück, die Stirn angespannt, die Kiefer aufeinander gepresst wie ein Schraubstock. Er schnauft mir aufgebracht ins Gesicht. Er ist kurz davor, aufzugeben.
Seine Fingernägel machen ein grässliches Geräusch, als er sich an den Wangen kratzt.
»Sie werden mir doch nicht im Ernst erzählen wollen, dass Ihnen in letzter Zeit im Verhalten Ihrer Frau nicht etwas aufgefallen ist. Es sei denn, Sie lebten nicht mehr unter demselben Dach .«
»Meine Frau ist keine Islamistin. Wie oft soll ich es denn noch sagen? Sie sind auf dem Holzweg. Lassen Sie mich nach Hause gehen. Ich habe seit zwei Tagen nicht mehr geschlafen .«
»Ich auch nicht, und ich habe auch nicht die Absicht, ein Auge zuzutun, bevor ich Licht in diese Sache gebracht habe. Für die Spurensicherung ist der Fall klar: Ihre Frau wurde von dem Sprengstoff getötet, den sie am Leib trug. Ein Augenzeuge, der an einem der Terrassentische vor dem Restaurant saß und nur leicht verletzt wurde, versichert, eine schwangere Frau in der Nähe des Banketts gesehen zu haben, das ein paar Schüler zum Geburtstag ihrer Mitschülerin organisiert hatten. Er hat die Frau ohne Zögern auf dem Foto wiedererkannt. Es war ein Foto von Ihrer Frau. Sie wiederum haben erklärt, dass sie nicht schwanger war. Ihre Nachbarn erinnern sich ebenfalls nicht, sie auch nur einmal schwanger gesehen zu haben, seit Sie in diesem Viertel wohnen. Die
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