Die Aufsteigerin
kein Telefon?«
Cathy lachte herzlich. »Natürlich haben wir eins.«
Betty steckte sich eine Zigarette an und inhalierte genüsslich. »Gib mir die Nummer, und ich melde mich. Im Two Puddings kannst du immer eine Nachricht für mich hinterlassen. Da bin ich in letzter Zeit oft. Die geben mir die Nachricht weiter, keine Bange.«
Sie plauderten noch eine Weile über Madges und Bettys Leben ohne die beste Freundin und Vertraute. Eamonn wurde nicht wieder erwähnt, aber als Cathy ging, wussten beide, wo sie als Nächstes Station machen würde.
Kapitel achtzehn
Caroline machte ein bühnenreifes Gesicht, als sie Cathy Connor die Tür öffnete. Sie kannten einander vom Sehen. Und sie wussten sehr wohl Bescheid, dass die eine wie die andere sich mit Eamonn eingelassen hatte. Eine Zigarette zwischen den Lippen und abfällig grinsend, wartete Caroline in der Tür und musterte die gut gekleidete junge Frau, die vor ihr stand.
»Wir kaufen nichts.«
Cathy lächelte mit schmalen Lippen. Sie war erstaunt, wie sehr sich das Mädchen verändert hatte. Caroline Harvey war immer eine Art Vorbild für sie gewesen. Ihre großen veilchenblauen Augen, ihre modische Kleidung und ihr mächtiger Vorbau waren der jüngeren Cathy früher als Merkmale einer kultivierten Frau erschienen. Jetzt aber sah sie aus wie eine Nutte, was sie wohl auch war.
»Geh mir aus dem Weg, ich will zu Eamonn.«
Caroline blieb, wo sie war, hielt sich an ihrer Filterzigarette fest und stank nach billigem Parfüm. »Das hier ist meine Bude, und du kommst nicht rein!«
Ihre Stimme verriet, dass sie zu einer Prügelei bereit war, und Cathy fürchtete sich ein wenig, verspürte aber bei weitem nicht so große Angst, wie sie noch vor ein paar Monaten gehabt hätte. Jeder wusste, dass mit Caroline nicht zu spaßen war, aber nach dem, was sie inzwischen durchgemacht hatte, ließ sich Cathy nicht so leicht einschüchtern. Sie schob ihre Widersacherin beiseite und ging in die Wohnung.
Auf dem Korridor drehte sie sich um und sagte mit gesenkter
Stimme: »Schlag es dir aus dem Kopf, Lady, oder ich prügel die Scheiße aus dir raus.«
Caroline war verblüfft über die Ausdrucksweise des Mädchens. Cathy Connor hatte weit und breit als nettes Mädchen gegolten, vielleicht mit einem zu losen Mundwerk, aber ansonsten ganz in Ordnung. Seit kurzem stöberten jedoch die Bullen im ganzen East End nach ihr, und schon hatte sie an Ansehen gewonnen. Keiner riss aus ohne Mumm in den Knochen, und es sah so aus, als hätte die junge Cathy Connor in den letzten paar Monaten eine gehörige Portion Traute dazugewonnen.
Die beiden Mädchen versuchten, einander niederzustarren.
Caroline staunte darüber, wie sehr sich ihre Rivalin verändert hatte. Eamonn hatte zwar ab und zu von Cathy gesprochen, aber Caroline hatte sich keine Gedanken gemacht. Jetzt hatte sie plötzlich eine selbstbewusste junge Frau vor sich, und das irritierte sie.
In den vergangenen sechs Monaten mit Eamonn war es bergab gegangen mit ihr, das wusste sie, und gleichzeitig wurde die gottverdammte Cathy Connor langsam zur Liebesgöttin im Taschenformat.
Cathy marschierte in den Wohnraum, und Caroline folgte ihr wortlos. Eamonn lag schlafend auf dem Bett. Sein hübsches Gesicht war kaum mehr wiederzuerkennen. Cathy schaute sich ungläubig im Zimmer um, nahm den Schmutz wahr und schüttelte angeekelt den Kopf. Die ganze Wohnung stank. Caroline wusste genau, was sie dachte, und das tat weh. Sie wollte von diesem Mädchen nicht beurteilt werden und konnte es nicht ertragen, dass hinter ihre Fassade geschaut wurde.
Unter Schmerzen öffnete Eamonn die Augen, rappelte sich auf dem zerknautschten Bett mühsam hoch und starrte Cathy an, als hätte er sie noch nie im Leben gesehen.
»Hallo, Eamonn, wie ich sehe, hast du’s ja zu was gebracht.«
Ihre Stimme klang sarkastisch und zugleich bedeutungsschwer. Eamonn hatte sich noch nie so mies gefühlt. In dieser
Verfassung vorgefunden zu werden, wo er sich doch immer vorgestellt hatte, dass ihr langersehntes Wiedersehen zum romantischen Traumereignis werden würde, bei dem eine sechzehnjährige Cathy vor Erwartungsfreude zitterte … Jetzt war alles so furchtbar schiefgegangen, und er fühlte sich betrogen.
»Hallo, Cathy. Wie ist es dir ergangen?«
Er merkte selbst, wie lahm das klang. Und ihm wurde bewusst, dass er ungewaschen war und übel zugerichtet und dass die ganze Wohnung stank. Das alles war mehr, als sein Stolz verwinden konnte, und er reagierte beleidigt
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