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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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und abweisend.
    Caroline stand abseits und blieb stumm. Sie wusste sehr wohl, wie schäbig sie neben der schick angezogenen jungen Besucherin wirkte. Ihre Haare mussten dringend gewaschen werden, ihr Make-up stammte noch vom Abend zuvor, und ihr Morgenmantel hatte reichlich Flecken. Sie war achtzehn, fühlte sich aber zwanzig Jahre älter und nahm es Eamonn und Cathy übel, dass sie ihr dieses Gefühl vermittelten.
    »Ich bin in der Küche«, nuschelte sie und ging, um sich weitere Vergleiche zu ersparen.
    Cathy sah Eamonn herausfordernd an, machte aber keine Anstalten, ihm näher zu kommen.
    »Hast du dich nicht gefragt, was mir passiert sein könnte?«
    Man hörte heraus, wie verletzt sie war, aber sie klang auch so entschieden, als hätte sie sich genau überlegt, wie sie mit dieser Situation umgehen sollte. Eamonn stellte fest, dass Cathy ihm zum ersten Mal, solange er zurückdenken konnte, überlegen war.
    Er fand, dass sie noch nie so gut ausgesehen hatte. Noch nie war sie so gut gekleidet gewesen, noch nie so selbstsicher aufgetreten. Mit vierzehn war sie bereits eine erwachsene Frau. Dafür hatte Desrae gesorgt.
    Sorgfältig den Rock glattstreichend, setzte sich Cathy schließlich auf den ramponierten Korbstuhl am Bett und betrachtete den Jungen, den sie schon ihr ganzes junges Leben lang liebte.
Sein Gesicht war von Schlägen entstellt. Das dichte schwarze Haar klebte, von Blut und Schweiß durchtränkt, auf seinem Kopf, und alles in allem glich er einem geprügelten Hund.
    »Du siehst ja furchtbar aus«, sagte sie und versuchte es mit einem Scherz: »Wer ist dir denn diesmal auf die Füße getreten?«
    In seinem verletzten Stolz und frustriert, weil er nicht den großen Zampano spielen konnte, explodierte Eamonn und schrie sie wütend an: »Was meinst du damit? Du schneist hier rein, aufgetakelt wie eine Edelhure, und besitzt die Frechheit, mir Fragen zu stellen. Monatelang kein scheiß Lebenszeichen von dir, und dann stehst du mit einem Mal vor mir und erwartest, dass ich dich mit lautem Jubel begrüße wie unsere Königin höchstpersönlich! Die Reise hast du leider umsonst gemacht, Süße. Ich hab mich nämlich hier mit Caroline eingerichtet.«
    Cathy lächelte, aber ihr Blick trübte sich, als ihr die Ungerechtigkeit seiner Worte klarwurde. »Ich bin ganz und gar nicht gekommen, um dich zu holen, Kumpel. Ich wollte dich nur mal besuchen und sehen, wie es dir geht, mehr nicht. Nicht mehr, nicht weniger. Ich hab jetzt jemanden, und der ist sehr gut zu mir.«
    Sie dachte dabei natürlich an ihren Freund Desrae, aber das brauchte Eamonn nicht zu wissen. So perplex und gekränkt sah er aus, dass Cathy fast gelacht hätte, obwohl seine hasserfüllte Tirade ihr fast das Herz zerrissen hätte.
    »Und was soll das für ein Kerl sein? Einer mit weißem Stock und Hund, kann ich mir vorstellen«, sagte Eamonn hämisch. Aus der Flasche, die auf dem Nachttisch stand, schenkte er sich einen Whisky ein und leerte das Glas mit einem Zug.
    »Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, hä?«, schlug Cathy zurück. »Wie geht’s denn deinem Vater? Lässt er sich noch immer von seiner kleinen Ehefrau aushalten - oder hat er ihr Geld schon verprasst und sich aus dem Staub gemacht?«
    Sie sah, wie sich sein Gesicht bei der Anspielung verkrampfte.
    »Du riskierst ja plötzlich eine verdammt dicke Lippe.«
    Cathy grinste. »Das kann ich mir auch leisten. Ich hab jemanden gefunden, der sehr gut für mich sorgt. Er ist wunderbar, und du würdest ihn bestimmt mögen - auf jeden Fall aber respektieren.« Sie blickte herausfordernd auf seine jüngsten Blessuren.
    Sprachlos erwiderte Eamonn ihren Blick, über alle Maßen beschämt und gekränkt. Mit der allerschlimmsten Beleidigung, die er sich denken konnte, wollte er sie verletzen. Auch im Rausch hemmungsloser Wut wäre er ihr gegenüber niemals gewalttätig geworden. Nicht Cathy gegenüber. Niemals.
    »Kann ja höchstens deine Art sein, die ihm gefällt«, sagte Eamonn bedächtig. »Als Fick warst du jedenfalls die schlimmste Niete, die ich je erlebt hab.«
    Cathy schloss unwillkürlich die Augen, aber öffnete sie in Sekundenschnelle wieder, nahm ihre Handtasche, stand vom Stuhl auf und sagte leise: »Du jedenfalls warst der erste Fick, den ich hatte. Erinnerst du dich noch daran, Eamonn? Ich tu’s!«
    Die Erinnerung an sein schändliches Verhalten überkam ihn. Er konnte ihr nicht in die Augen sehen.
    »Aber ich hab dir verziehen - Gott weiß, wieso«, fuhr sie fort. »Die ganze

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