Die Aufsteigerin
aufzubieten hatten, war nicht viel, wie sie sich insgeheim auch eingestanden.
Eamonn Junior war fort, und Madge schlief im Bett den Rausch aus, den sie sich nach der Rückkehr mit einer Flasche Scotch angetrunken
hatte. Cathy räumte ein wenig auf, und als sie merkte, wie hungrig sie war, öffnete sie den Backofen.
Vom Huhn waren nur noch die Knochen übrig. Eamonn hatte ganze Arbeit geleistet. Sie vergrub das Gesicht in den Händen und weinte bitterlich.
Als sie den Blick in der winzigen und beengten Küche schweifen ließ, die feuchten Wände und das verblichene Linoleum auf dem Fußboden betrachtete, da sah Cathy Connor den Rest ihres Lebens vor sich.
Sie rief sich noch einmal das schmucke Häuschen mit den sauberen Gardinen vor Augen, die polierten Möbel und die frisch tapezierten Wände. Eamonn würde dort in seinem Element sein, nachdem er jahrelang unter einem Stapel Mäntel hatte schlafen müssen und gewiss gelitten hatte unter der schludrigen Art, wie sie das Haus zu putzen pflegte, und unter der Wolke von billigem Parfüm, die ihre Mutter verteilte. Der Junge würde meinen, er sei gestorben und zum Himmel gefahren.
Sie gab es nur höchst ungern zu, aber Cathy beneidete ihn.
Junie hatte den schlimmsten Schock überstanden. Ein paar Sherrys später trug sie das Festessen auf und konnte gar nicht aufhören, davon zu plappern, wie großartig doch alles werden würde. Madge würde jetzt zur Einsicht kommen, und sie könnten von nun an in Frieden leben.
Dem jungen Eamonn fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, als Truthahn, Füllung, Karotten, Kohl und geröstete Kartoffeln auf seinen Teller gehäuft wurden. Er sah seinen Vater lächeln und lächelte selig zurück. Nachdem er das Truthahnmahl verschlungen hatte, erlebte er staunend, dass Junie mit geschickten Händen zu guter Letzt auch noch ein riesiges Sherry-Trifle auftrug. Mit einem Dankgebet dafür, dass er endlich richtig gelandet war, hatte er zwei Portionen des Biskuitdesserts verputzt, bevor sein Vater sich geschlagen gab und mit Junie auf ein »Ruhepäuschen« nach oben verschwand.
Nachdem er den nagelneuen Fernsehapparat eingeschaltet hatte, setzte sich der Junge und lachte über Tony Hancock. Er knackte Nüsse und trank ein Bier, als Junie im Morgenmantel herunterkam.
Sie nahm ihm die Kristallglasschale vom Schoß und stellte sie zurück auf die Anrichte. Mit verbiestertem Gesicht schob sie ein Zierdeckchen unter das Glas, aus dem er sein Bier trank, und sah ihn streng an.
»Mach dir von vornherein eines klar, junger Mann. Du bist hier nur geduldet, weil dein Vater hier ist. Du bekommst von mir zu essen und zu trinken, und wir werden uns benehmen wie zivilisierte Menschen. Doch du rührst in diesem Haus nichts an ohne meine ausdrückliche Erlaubnis. Hast du mich verstanden?«
Eamonn Junior blickte in ihre kalten grauen Augen und nickte.
»Und jetzt komm hoch und nimm ein Bad. Du riechst nämlich nach den Slums, Junge. In Zukunft wirst du zweimal die Woche baden und deine Stiefel stets vor der Eingangstür lassen. Und wenn dir das nicht gefällt … nun, du weißt ja, was du dann machen kannst, oder? Dein Vater hat heute alle Brücken abgebrochen. Wenn ich euch beiden den Abmarschbefehl gebe, was bleibt euch wohl? Denk mal drüber nach.«
Im blitzblanken Badezimmer dachte Eamonn an Sandwiches mit Würstchen, an die Zuwendung, die manchmal so unverhofft von Madge kam, und ihm wurde klar, dass er vorher besser dran gewesen war. Sein Dad hatte es gut getroffen, aber er selbst, was hatte er denn davon? Die alte Wachtel mochte ihn nicht, und er mochte sie genauso wenig.
Eamonn hörte das dröhnende Lachen seines Vaters von unten. Es schauderte ihn. Schon jetzt hatte er Sehnsucht nach der alten Wohnung. Mochte dieses Haus auch noch so schön sein, willkommen würde er hier niemals sein. Hatte Junie ihm nicht ganz klar gesagt, dass er nur geduldet wäre?
Als er nach unten kam, war sie die Freundlichkeit in Person, machte ihnen Sandwiches mit Truthahn und gesüßten Tee. Als sie schließlich in die Küche ging, um abzuwaschen, sah Eamonn Senior seinen Sohn an und sagte mit gewissem Stolz: »Die werd ich wohl heiraten, Sohn.«
Der Junge lachte leise. »Du machst Witze, Dad!«
Sein Vater runzelte die Stirn. »Wieso sollte ich Witze machen? Bist du blind oder was? Mein Gott, sieh dich doch um. Hier sind wir bestens aufgehoben. Oder nicht, Blödian?«
Der Junge schüttelte den Kopf und seufzte. »Und du hast die arme alte Madge eine
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