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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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Wahrheit tat weh.
    Betty sah in den Spiegel über der Bar und brachte das momentan schwarz gefärbte Haar in Form. »Mach doch, was du willst! Ich muss ein paar Scheine verdienen, auch wenn du’s nicht nötig hast.« Sie rutschte vom Barhocker und stolzierte aus dem Pub The Blind Beggar hinaus in Richtung Victoria Park. Sie würde den Bus nehmen und in weniger als einer Stunde in Custom House sein.
    Als sie die Bushaltestelle fast erreicht hatte, hörte sie das verräterische Klappern von Madges Hochhackigen hinter sich.
    »Bleib doch mal stehen, Mädel. Ich brech mir noch den Hals!«
    Mit einem zerknautschten Papiertaschentuch wischte Betty ihrer Freundin das Gesicht sauber und half ihr, sich wieder die Lippen anzumalen. Als der Bus sich näherte, meldeten sich zwei junge Burschen von der gegenüberliegenden Straßenseite mit lauten Rufen.
    »He, ihr alten Schlampen, was kostet denn ‘ne schnelle Nummer?«
    Ohne auf die beiden zu achten, half Betty ihrer Freundin in den Bus. Sie ließ sich nicht von den feindseligen Blicken der Frauen beirren, die bereits im Bus saßen. Die billigen Pelzmäntel von Madge und Betty sowie das Make-up, das sie sich ins Gesicht gekleistert hatten, sprachen Bände. Wo immer sie auftauchten, wurden sie verhöhnt, aber sie blickten stoisch geradeaus, wie sie es sich schon vor Jahren angewöhnt hatten.
     
    »Komm schon, Cathy, lass mich doch.«

    Sie schüttelte den Kopf und zog seine Hände unter ihrem Pullover hervor.
    »Hör auf. Du weißt doch, dass ich das nicht mache.«
    Eamonn lehnte sich auf dem Sofa zurück. Er biss die Zähne zusammen. »Das glaub ich dir nicht, Cathy. Wir haben doch schon alles andere gemacht, und im letzten Moment stößt du mich immer weg!« Er sprang auf, ordnete seine Kleidung und zog den Hosenschlitz zu.
    Cathy sah ihm zu. Sie hatte schreckliche Angst, dass er fortgehen und diesmal für immer wegbleiben würde.
    Vorwurfsvoll sagte er: »Erst machst du mich geil, und dann …« Er war erbost.
    Sie schloss die Augen. Vom Cider, den er ihr zu trinken gegeben hatte, war sie betrunken, und sie wünschte sich, schon schlafend in ihrem Bett zu liegen, statt hier auf dem Sofa zu liegen, halbnackt und verstört.
    »Ich hab doch Angst, Eamonn.«
    Er hob seine Jacke vom Fußboden auf und sah das Mädchen verächtlich an. »Vielen Dank auch, Cath. Das sagt ja wohl alles, oder? Nach all diesen Jahren hast du Angst vor mir. Na ja, keine Sorge, ich komm jedenfalls nicht wieder.«
    Als er sich der Tür zuwandte, stürzte sie ihm nach. Ihr aufgeknöpfter karierter Rock hing ihr lose um die Taille und drohte, ganz runterzurutschen.
    »Es tut mir leid, Eamonn, wirklich. Geh nicht.«
    Er drehte sich und musterte sie herausfordernd. »Soll das heißen, du lässt mich?«
    Sie senkte den Blick und starrte auf die alte zerkratzte Kommode in der Ecke. Sie hörte ihn gepresst atmen.
    »Ich kann nicht, Eamonn.« Sie sprach so leise, dass sie kaum zu verstehen war.
    »Du kannst schon, Cathy, du willst nur nicht. Bis irgendwann also.«
    Er drehte sich um und verließ das Zimmer. An der Vordertür
verharrte er einen Augenblick in der Gewissheit, dass sie ihn bitten würde, zurückzukommen. Aber sie tat es nicht. Er fühlte Wut in sich aufsteigen und knallte die Tür hinter sich zu.
    Cathy hörte seine Schritte auf der Treppe, während sie sich das Höschen anzog, und unterdrückte die aufsteigenden Tränen. Sex war ein wesentlicher Bestandteil des Lebens ihrer Mutter, und Cathy hatte das immer hingenommen. Aber für sie selbst war Sex etwas völlig anderes. Sie wollte als Jungfrau heiraten, und obwohl sie erst dreizehn war, wusste sie nur zu gut, was Eamonn ihr anzubieten hatte: die Gefahr, schwanger zu werden, die Gefahr, benutzt zu werden, die Gefahr, so zu enden wie ihre Mutter. Sie schwärmte für Eamonn, aber nach jahrelangem Zusammenleben mit ihm hatte sie ihn durchschaut. Ebendas und dazu die Tatsache, dass sie ihn fast anbetete, waren die Grundlage all ihrer Probleme.
    Am schlimmsten war, dass sie eigentlich tun wollte, was er verlangte, aber zu viel Angst davor hatte.
    Nachdem sie sich wieder hergerichtet hatte, wusch sie die Gläser ab und rückte die Möbel zurecht. Dann ging sie in ihr Zimmer, legte sich aufs Bett und atmete tief durch.
    Sie entschlummerte sanft, Bilder von Eamonn vor Augen und von sich selbst, gemeinsam in einem hübschen Haus, mit einem Ehering am Finger und einem Baby im Arm. Ehrbarkeit war Cathy wichtiger als alles andere und erstrebenswert. Die

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