Die Sache mit Jo und Mo (German Edition)
1 Ins Auge fallen
„Jo!“
Eine helle Mädchenstimme rief seinen Namen. Jo beschleunigte seine Schritte. Es war Pausenzeit, kurz vor Beginn der nächsten Stunde und gerade hatte er das obere Stockwerk betreten.
„Jo!“ Die Stimme erklang hinter ihm, hallte quengelnd über den ganzen Flur
Natürlich, dachte er, kaum bin ich wieder zurück, muss ich mich eines dieser Mädchen erwehren. Unten im Foyer hatte er schon diverse von ihnen abschütteln können. Aber klar, dass sie auch hier oben auf ihn lauerten.
Innerlich seufzend setzte Joachim Bergenfeld sein gewohntes Sonnyboy-Lächeln auf und wandte sich um. Ein Mädchen kam auf ihn zugestürzt, deren lange, offenkundig blondierte Haare mit glitzernden Spangen zurückgehalten wurden. Sie war stark geschminkt, die Augenbrauen gezupft und leuchtend roter Lippenstift betonte ihre Lippen. Vermutlich sollte dies einen verführerischen Kussmund imitieren.
Jo stieß die grelle Farbe hingegen ab, würde ihn eher weniger dazu verführen, sie küssen zu wollen. Ihre eleganten Schuhe mit den hohen Absätzen hinderten das Mädchen daran, zu schnell heranzukommen und gaben ihren Bewegungen etwas Lächerliches, sodass er an sich halten musste, damit kein amüsiertes Zucken seine Mundwinkel erreichte. Der lange Rock wehte ihr wenig vorteilhaft in den Schritt und der üppige Busen wippte auf und ab.
„Jo!“, rief sie erneut, beinahe flehentlich, dann war sie auch schon herangerauscht, stoppte kurz vor ihm ab und sah für einen Moment so aus, als ob sie sich ihm an den Hals werfen würde, was sie zu seinem Glück sein ließ. Darauf hatte er ja nun gar keine Lust. Das gute Dutzend Küsschen auf dem Weg hierher hatte ihm schon gereicht.
„Maria“, begrüßte er sie, gespielt erfreut sie zu sehen.
„Oh Jo, wie klasse, dass du wieder da bist. Ich habe dich schon voll vermisst“, brachte sie atemlos hervor, klimperte gekonnt mit den himmelblau geschminkten Augen. Als ob ich Jahre weg gewesen wäre, dachte er belustigt.
„Na na, Maria. Nur weil ich zwei Wochen später wieder in der Schule bin?“, tadelte er sie gönnerisch. Es verschaffte ihm eine gewisse Befriedigung zu beobachten, wie ihr Gesicht für einen winzigen Moment entglitt. „Mein Vater meinte, er müsse seine Kreuzfahrt noch nach Ägypten ausdehnen und hat sich zeitlich verschätzt.“
„Ohne dich“, säuselte sie mit einem koketten Augenaufschlag, den sie definitiv mehrfach vor dem Spiegel geübt haben musste, „ist es hier voll öde. Nichts los. Und die anderen Typen sind ja wohl nicht mit dir zu vergleichen.“ Augenblicklich verzog sie den Mund zu einem Schmollmund - wohl ebenfalls lange einstudiert - und strahlte ihn abermals an: „Du bist einfach der tollste und bestaussehendste Typ hier.“
Sie streckte sich nun doch hoch, um ihm einen zarten Kuss auf die Wange zu hauchen. Zumindest sollte es wohl etwas Derartiges werden. Anfühlen tat es sich nach einem feuchten Schmatzer und darauf stand Jo wirklich nicht.
Nicht, dass er sich nicht gerne von einem hübschen Mädel küssen ließ, nein, im Gegenteil: Er ließ da selten etwas anbrennen. Aber Maria war wirklich gar nicht sein Typ.
Wohl auch der Grund, warum sie ihm derart penetrant hinterherlief, denn er hatte sie noch nicht im Bett gehabt. Was er auch nicht zu ändern gedachte, denn ein gewisses Niveau pflegte er in dieser Hinsicht schon. Maria wirkte trotz der teuren Kleider doch irgendwie ... billig.
Jo verdrehte innerlich die Augen. Diese Sorte Mädchen waren sein persönlicher Fluch. Je mehr er sie von sich stieß, sie sogar ignorierte, desto mehr klebten sie an ihm. Er lächelte Maria dennoch an.
Er wusste haargenau um seine Wirkung. Seine hellgrünen Augen blitzten charmant aus dem braungebrannten, sorgfältig rasierten Gesicht. Mit den halblangen, blonden, modisch gestylten Haaren, seiner hochgewachsenen, schlanken Gestalt und der edlen Designerkleidung, war er die Verkörperung eines jeden feuchten Mädchentraumes. Ebenso wie vermutlich der Wunschkandidat jeder Schwiegermutter.
Hinter dieser attraktiven Fassade und Höflichkeit konnte Jo sehr gut seine wahren Emotionen verstecken. Sein Vater legte viel Wert auf gute Manieren, daher hatte sein Sohn schnell gelernt, die entsprechenden Rollen zu spielen.
Jo Bergenfeld war das strahlende Zentrum, um welches sich das Leben an dieser Schule drehte. Sein Vater verdiente so viel Geld, dass es ihm völlig gleichgültig war, was sein Sohn damit anstellte. Keine Party lief ohne Jo und
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