Die Aufsteigerin
Ich musste ihm sagen, dass er sich irrte. Gestern starb er nun. Aber sehen Sie, bevor er starb, kam es noch zu einer längeren Unterhaltung. Und zwar über Sie.«
Er hielt inne, um seine Worte wirken zu lassen.
»Sowie über einige andere Dinge, die sich hauptsächlich in London abspielen. Nichts, womit ich mich abgeben müsste, verstehen Sie, aber trotzdem sehr interessant.«
Eamonn schlug das Herz bis zum Hals.
»Ich habe mich mit Mr. O’Rourke in Verbindung gesetzt. Wir wickeln ein paar gemeinsame Geschäfte in Libyen ab - ich bin sicher, Sie können sich vorstellen, worum es da geht. Ja, ohne dass Sie davon wussten, stehe ich schon seit vielen Jahren mit Ihren Freunden in Kontakt. Sogar das FBI wusste davon. Sie jedoch nicht.« Er lächelte, um seinen Worten die Schärfe zu nehmen.
»Mr. O’Rourke hatte stets eine hohe Meinung von Ihnen, besonders nachdem Sie Ihren guten Freund Petey Mahoney aus
dem Weg geräumt hatten. Als Italiener verstehe ich, dass es ausschließlich geschäftliche Gründe hatte und das Geschäft Ihnen über alles geht. Freundschaft ist zweitrangig. Das habe ich an Ihnen bewundert. Ich habe im Lauf der Jahre viel Gutes über Sie gehört, und Ihre Geschäfte mit Igor und den Russen … die habe ich ebenfalls bewundert. Und ganz besonders bewundert habe ich, dass Sie den verdammten Handel direkt vor unserer Nase abgewickelt haben!«
Aus seinem geänderten Ton schloss Eamonn, dass es jetzt zur Sache ging.
»Für uns ist die Zeit gekommen, alles zu überdenken. Plutonium ist das neue Gold, ist sogar teurer, als Diamanten je waren. Leicht zu bekommen, wenn man die richtigen Leute kennt - was bei Ihnen der Fall war. Sie haben mit diesem Unternehmen eine Menge Geld verdient, und jetzt sind wir bereit, Ihnen diese Bürde abzunehmen. Meine Kunden warten bereits, zum Teil in so fernen Ländern wie Indien und Pakistan. Kurz gesagt, ich will, was Sie haben, und ich habe vor, es mir zu nehmen.«
»Aber was hat das mit den anderen zu tun? Warum sind Sie gleich zu viert hier?«
Molineri lachte polternd. »Mr. O’Rourke ist hier, um Solidarität zu beweisen, aber er hat es auch auf ein Stück vom Kuchen abgesehen. Steinschloss wird unser Bankier sein, denn die Russen vertrauen ihm. Profit verspricht er sich natürlich auch. Sammy ist hier, weil wir Las Vegas als Fassade für unsere Operation ausersehen haben.«
Sammy sah so schockiert aus, wie Eamonn war. Sein Metier beschränkte sich auf Glücksspiel und Prostitution. Das wusste auch das FBI und ließ ihn gewähren. Umso näherliegend, dass die Familie sich seiner bedienen wollte. Niemand würde ihn verdächtigen, in den internationalen Waffenhandel verwickelt zu sein.
»Und wo hab ich meinen Platz?« Er wusste, dass er den Kontrakt verloren hatte, und war jetzt nur noch daran interessiert, möglichst ungeschoren davonzukommen.
»Sie haben leider die Aufgabe, den Chinesen klarzumachen, dass wir die Ware beanspruchen, die Sie gerade nach England haben transportieren lassen. Es handelt sich um eine große Lieferung, und unsere Kunden warten bereits. Wenn Sie alles einleuchtend erläutern und besonders darauf hinweisen, dass sehr mächtige Leute hinter Ihnen stehen, wird man Sie am Leben lassen und zudem Ihre Familie verschonen. Ich habe bereits Käufer, vermute aber, dass die Chinesen ebenfalls welche haben. Die Chinesen können zu mir kommen, und es wird mir ein Vergnügen sein, sie in Zukunft zu beliefern. Ich habe einen Deal mit den Russen abgeschlossen. Das sind gute Leute, die wegen Igors Tod keinen Aufstand gemacht haben. Genau wie wir verstehen sie, dass es nicht persönlich gemeint war. Rein geschäftlich. Sein Bruder wird jetzt mein Statthalter in Moskau.«
Eamonn schnürte es die Kehle zu. Sie hatten alles bis ins Kleinste geplant.
»Die Chinesen werden es nicht so einfach herausrücken«, gab er zu bedenken. »Können wir nicht bis zur nächsten Lieferung warten? Versuchen, bis dahin den Frieden zu wahren?«
Molineri lachte wieder. »Scheiß auf die Chinamänner, Mr. Docherty. Beschaffen Sie das Material und sorgen Sie dafür, dass es innerhalb von vier Tagen in meinem Besitz ist.«
Eamonn trank seinen Scotch. Jetzt brauchte er ihn.
Es ging gegen Mitternacht. Im Club war es laut und hell. Stammgäste hatten Zutritt, aber eigentlich war es eine Privatparty, die gefeiert wurde. Auf der Bühne folgte eine Show der anderen, über zweihundert Menschen aßen, tranken und amüsierten sich. Cathy sah Gates und Susan P. tuscheln und
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