Die Aufsteigerin
beizutragen haben, sollten Sie verdammt nochmal machen, dass Sie wegkommen.« Seine Ausdrucksweise verriet den Frauen, wie nervös er war, und sie tauschten angstvolle Blicke aus.
»Eines Tages werden Sie zu weit gehen.«
Der eiskalte Blick des hochgewachsenen Mannes ließ Mrs. Daggers verstummen, aber sie war zweifellos der Hysterie nahe. »Wenn das hier je rauskommt …« Ihre Stimme bebte vor Angst.
Mr. Hodges richtete sich zu voller Größe auf und sagte hochmütig und anmaßend: »… haben sie uns am Arsch. Stimmt. Und jetzt massieren Sie lieber weiter und beten, dass wir keinen Arzt von draußen zu Hilfe holen müssen.«
»Die Mädchen sind ungewöhnlich ruhig, und ich gehe davon aus, dass es Ärger geben könnte. Ich würde raten, zur Abwechslung mal ein anständiges Abendessen auf den Tisch zu bringen und eine ablenkende Aktivität anzubieten. Wenn dem Kind hier etwas geschieht, dann wird es Mord und Totschlag geben - und damit mein ich nicht, was hier bereits geschehen ist.« Nachdem sie ihre Meinung kundgetan hatte, machte sich Mrs. Daggers ebenfalls daran, Cathys Gliedmaßen zu massieren.
Obwohl ihr nichts erwidert wurde, wusste sie, dass man die Warnung zur Kenntnis genommen und zur späteren Bezugnahme beiseitegelegt hatte. Sie hatte ihren Teil beigetragen. Jetzt konnte sie nur abwarten, mit welchen neuen Entwicklungen der Tag aufwarten würde.
Denise stahl sich aus dem Klassenzimmer und passte im Flur Miss Brown ab, die ihre Runden machte.
»Bitte, Miss, wie geht’s Cathy Connor?«
Miss Browns normalerweise rosiges Gesicht war kalkweiß, und einen Moment lang schien sie die unverwechselbare Gestalt von Denise gar nicht zu erkennen.
»Nicht gut, aber sie wird es überleben«, verriet sie schließlich. »Ich könnte diesen verfluchten Hodges eigenhändig erschlagen! Dieser Dummkopf. Ich wünschte, er würde rausgeschmissen oder in Pension gehen oder sonst was …« Sie verstummte.
Gleich darauf fügte sie traurig hinzu: »Ich dachte schon, es wäre um sie geschehen, Denise, hab ich wirklich gedacht. Es ist nur so, auch wenn ich gemeldet hätte, was ich gesehen hab, sind da doch so viele drin verwickelt, einschließlich der alten Barton, dass mir keiner glauben würde. Hodges wird doch von allen im Sozialdienst hofiert, als wäre er der liebe Herrgott persönlich. Aber ich kann dir eins sagen: Wenn das Mädchen gestorben wäre, hätte ich’s in die Zeitungen gebracht. Vielleicht hätte ich dann hier nie wieder Arbeit bekommen, aber riskiert hätte ich es.«
Denise nickte, um der älteren Frau zu bedeuten, dass sie deren Dilemma verstand. Hier war ihr Heim, und hier hatte sie auch ihren Arbeitsplatz. Sie zählte zu der wachsenden Schar von Frauen, die so viele Jahre in staatlichen Institutionen gearbeitet hatten, dass sie inzwischen selbst zu Institutionen geworden waren. Außerhalb der Mauern der Benton School for Girls war Miss Brown verloren. Dieser Ort war ihr Leben, und ihren geringen Einfluss nutzte sie, den ihr anvertrauten Mädchen das Leben leichter zu machen. Denise wusste, dass eine Miss Brown oder Miss Jones mehr wert war als tausend Hodges, aber leider waren sie so selten.
Menschenfreundliche Betreuer blieben immer die Ausnahme von der Regel.
Da sie von früh auf immer wieder die Heime hatte wechseln
müssen, kannte sich Denise mit dem Betreuungspersonal bestens aus.
»Sie ist also okay?«, fragte sie betont ruppig, um ihre Ergriffenheit zu verbergen.
Miss Brown nickte. Sie packte das Mädchen an den Schultern und sagte eindringlich: »Pass auf, dass die anderen nicht ausrasten. Das würde nur Probleme schaffen und kein einziges lösen. Schaltet auf stur und bleibt ganz ruhig. Das macht den Ärschen am meisten Angst.«
Denis schmunzelte unwillkürlich und nickte.
Die Zwillinge Doreen und Maureen stellten ebenso verblüfft wie begeistert fest, dass sie zu servieren hatten, was den Benton-Mädchen wie ein Festessen vorkommen musste: Tomatensuppe und Schinkensandwiches, gefolgt von Biskuitrolle und Vanillepudding.
Diese Information wurde jedoch von den anderen Mädchen ganz anders aufgenommen. Auf Anordnung von Denise boykottierten sie die Kantine und saßen versteinert und hungrig im Aufenthaltsraum.
Als Hodges und Henley davon hörten, erschraken sie sehr. Das war schlimmer als eine Meuterei und bedeutete, dass die Mädchen dasitzen und abwarten würden, welches Resultat ihre außer Kontrolle geratene Strafaktion hatte. Um sie nicht noch mehr zu provozieren, erlaubten
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