Die Augen der Toten 02 - Die Augen der Toten Teil 2
Wohnung gewesen. Da hat er mit Drogen nur so um sich geworfen. Vielleicht war er einer von Papes Kurieren. Mein Informant hat mir erzählt, in der Szene würde gemunkelt, jemand wolle sich Papes Geschäft unter den Nagel reißen.“
„Wer ist Ihr Informant?“
„Vergessen Sie´s, Rensing.“
„Sie scheinen den Ernst der Lage noch immer nicht begriffen zu haben. Wenn Sie nicht kooperieren, kann ich Ihnen nicht helfen.“
„Keine Chance.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Wieso sollte man mich vor Gericht stellen? Nur, weil mein Alibi nicht überprüft werden kann?“
„Wie Sie selbst festgestellt haben, hat Stefan Marcks, wenn überhaupt, nur eine Komplizenrolle gespielt. Das bedeutet im Umkehrschluss, eine andere Person zieht die Fäden. Nennen Sie mir einen Grund, nur einen einzigen triftigen Grund, Herr Kramer, warum die Staatsanwaltschaft daran zweifeln sollte, dass Sie dieser Jemand sind. Sie waren mit Frank Laurenz befreundet und könnten am Mord an Pape beteiligt gewesen sein. Laurenz hat sich in Ihrer Wohnung das Leben genommen. Jemand war dabei und hat die Videokamera bedient. Der wahrscheinlichste Kandidat dafür sind Sie . Frank Laurenz spricht in dem Video mehrmals in vorwurfsvollen Worten eine Person namens Phil an, was eine Kurzform Ihres Vornamens ist. Zum Zeitpunkt des Mordes an Walter Beekmann haben Sie kein Alibi. Zudem wurden Sie am Tatort überrascht. Ich frage Sie nur noch einmal, Philip: Wer ist Ihr Informant? Kevin Siegmann?“
Ich stieß einen Seufzer aus. „Hören Sie, Herr Rensing. Kevin hat nichts Illegales getan. Machen Sie ihm bitte keinen Ärger.“
Rensing wandte sich an Hagner. „Karl, auf geht´s.“
„Adresse?“, fragte Hagner.
Ich nannte ihm Kevins Anschrift. Hagner machte sich eine Notiz und wollte schon aufstehen, als Rensing ihn am Arm zurückhielt. „Einen Moment noch, Karl.“ Ich konnte ihm ansehen, wie er einen Kampf mit sich selbst ausfocht. „Fahndung nach Stefan Marcks einleiten. Das volle Programm.“
„Beschreibung der Zielperson?“, fragte Hagner.
Rensings Blick wanderte zu mir herüber - die Augenbrauen hochgezogen.
„Circa einen Meter achtzig groß“, begann ich. „Schlank. Braune, kurz geschorene Haare. Blaue Augen. Als ich ihn zuletzt gesehen habe, trug er einen braunen Anzug, ein weißes Hemd und schwarze Schuhe.“
Hagner hatte mitgeschrieben.
„Besitzt er ein Mobiltelefon?“, fragte Rensing.
Ich bejahte. Mir war nicht klar, was die Frage bezwecken sollte.
„Handyortung?“, klärte Hagner mich indirekt auf.
Rensing lächelte. „Natürlich, Karl.“
„Hausdurchsuchung?“
„Das volle Programm.“
Hagner klappte seinen Notizblock zu, sah noch einmal in die Runde und verließ dann eiligen Schritts das Zimmer.
Rensing trommelte mit zwei Fingern auf den Tisch und fixierte mich schweigend. Dann griff er nach der Packung Camel, die Hagner auf dem Tisch liegen gelassen hatte, und hielt sie mir hin.
„Also gut, Philip.“ Er gab mir Feuer. „Frei von der Leber weg. Was, denken Sie, geht hier vor? Was ist hier in den letzten Tagen passiert? Ein junger Student trifft nach zwanzig Jahren den Menschen wieder, der ihm einst eine tiefe Wunde in die kindliche Seele gebrannt hat. Er stellt ihn zur Rede und tötet ihn. Ob mit Vorsatz oder versehentlich sei einmal dahingestellt. Derselbe Student setzt sich drei Tage später vor eine Kamera und gesteht die Tat. Sein Tod ist eh nur eine Frage der Zeit. Warum nicht mit einem finalen Paukenschlag von der Bühne des Lebens abtreten? Er besorgt sich einen Beistand und sagt, was er zu sagen hat. Zieht Bilanz, erhebt Anklagen, rechnet mit seinem Umfeld ab.“
„Antithese: Franks Tod ist nur eine Frage der Zeit, okay. Die zweite Person im Zimmer macht sich diesen Umstand zunutze. Sie bearbeitet ihn. Redet ihm Schuldgefühle ein. Droht damit, Franks Familie etwas anzutun, falls er nicht einwilligt. Und Frank gibt auf. Sein Todeswille und sein schlechtes Gewissen auf der einen, Druck und Einschüchterung des großen Unbekannten auf der anderen Seite führen dazu, dass er sich das Leben nimmt.“ Ich zögerte. „Und so, wie es aussieht, hat auch Deus Ex Machina eine gewichtige Rolle dabei gespielt.“
„Oh bitte !“ Rensing verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. „Hat Ihnen Ihr Kumpel Siegmann diesen Floh ins Ohr gesetzt?“
„Frank hat eine Mappe zusammengestellt, die kein gutes Haar an der Bruderschaft lässt. Sie liegt in seinem Zimmer. Lassen Sie sie
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