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Die Augen der Überwelt

Die Augen der Überwelt

Titel: Die Augen der Überwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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zu.«
    Cugel begann zu rechnen, doch nun deutete Pharesm auf die schwarze Scheibe. »Zurück! Und wag dich nicht mehr von der Stelle, oder es wird dir schlimm ergehen!«
    Vor Angst schwitzend und mit zitternden Knien stieg Cugel wieder auf die Scheibe.
    Pharesm begab sich ganz nach hinten und trat in eine goldene Schlauchrolle, die hochsprang und sich um ihn wickelte. Von einem Tisch nahm er vier schwarze Scheiben, die er mit so ungeheurer Geschicklichkeit und Schnelligkeit zu jonglieren begann, daß sie vor Cugels Augen verschwammen. Schließlich warf Pharesm die Scheiben von sich. Wirbelnd hingen sie kurz in der Luft, ehe sie allmählich auf Cugel zutrudelten.
    Als nächstes nahm Pharesm ein weißes Rohr. Er drückte es fest an die Lippen und sagte einen Zauberspruch. Das Rohr schwoll an und wurde zu einer großen Kugel. Pharesm schloß ihr Ende, rief einen donnernden Zauber und schleuderte sie auf die wirbelnden Scheiben – und alles barst. Cugel wurde gepackt, in alle Richtungen nach außen gezerrt und mit gleicher Heftigkeit zusammengepreßt. Das Ergebnis war ein Stoß in eine allen anderen entgegengesetzte Richtung, mit einer der Strömung von einer Million Jahren gleichen Kraft. Unter blendenden Lichtern und verzerrten Bildern wurde Cugel jenseits seines Bewußtseins geworfen.
    Er erwachte in orangegoldenem Sonnenschein von einer Leuchtkraft, wie er sie nie gekannt hatte. Auf dem Rücken liegend blickte er zu einem Himmel von warmem Blau hoch, viel heller und weicher als das dunkle Blau seiner eigenen Zeit. Vorsichtig bewegte er Arme und Beine. Es fehlte ihnen nichts. Er setzte sich zunächst auf, dann erhob er sich und blinzelte in die ungewohnte Helligkeit.
    Die Gegend war nicht sehr verändert. Die Berge im Norden waren höher und schroffer, und Cugel sah den Weg nicht, den er gekommen war (oder richtiger, den er kommen würde). Pharesms große Arbeitsstätte, wo die Steine behauen wurden, war jetzt ein Wald mit niedrigen, hellgrünen Bäumen, an denen rote Beeren in dichten Trauben hingen. Das Tal war wie zuvor, nur die Entfernung der Flüsse war anders. Die Luft aus dem Tal war leicht beißend und roch modrig. Cugel spürte eine seltsame Schwermut in dieser Luft hängen und glaubte, eine klagende Weise zu hören – sie rührte ihn so sehr, daß ihm Tränen kamen. Er hielt Ausschau nach der Quelle dieser Musik, aber sie schwand und war nicht mehr zu hören, solange er sie suchte, doch kaum hielt er inne, erklang sie aufs neue.
    Nun erst blickte Cugel zu den Felsen im Westen, und dieses Gefühl, vertraut mit ihnen zu sein, war stärker denn je. Verwirrt zupfte Cugel am Kinn. Er befand sich jetzt in einer Zeit eine Million Jahre bevor er sie das letzte und allen Wissens nach erste Mal gesehen hatte. Doch es mußte auch das zweite Mal gewesen sein, denn zu gut erinnerte er sich seiner schon damaligen Vertrautheit mit ihnen. Andererseits konnte es keinen Zweifel an der Logik der Zeit geben, und so gesehen ging diese Sicht der anderen voraus. ›Ein Paradoxon‹, dachte Cugel, ›ein echtes Rätsel!‹ Welches Erlebnis war der Ursprung dieser eindringlichen Vertrautheit, die er beide Male beim Anblick der Felsen verspürt hatte?
    Da diese Gedanken zu nichts führten, schob Cugel sie von sich und war gerade dabei, sich umzudrehen, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung bemerkte. Er schaute die Felswand hoch, und plötzlich hallte die Luft von der Musik, wie er sie bereits zuvor gehört hatte, eine Musik tiefsten Leides und höchster Verzweiflung. Erstaunt riß Cugel die Augen weit auf. Eine große, geflügelte Kreatur in weißem Gewand flatterte am oberen Teil der Felswand entlang. Ihre Schwingen waren lang, von grauer Haut mit schwarzen Chitinrippen. Fast ehrfürchtig beobachtete Cugel sie, bis sie in einer Höhle hoch oben verschwand.
    Aus einer unbestimmbaren Richtung erschallte ein Gong. Seine Schwingungen ließen die Luft erzittern, und als sie nachließen, wurde die bisher ungehörte Musik fast vernehmbar. Vom Tal her flog einer der Geflügelten mit einer menschlichen Gestalt – welchen Alters und Geschlechts vermochte Cugel nicht zu erkennen – an sich gedrückt. Am Felsen flatterte es kurz auf der Stelle und ließ seine Last fallen. Cugel vermeinte einen schwachen Schrei zu hören, und die Musik klang traurig, gemessen und volltönend. Die menschliche Gestalt schien langsam zu fallen und schlug schließlich am Fuß des Felsens auf. Nachdem er sie fallengelassen hatte, flatterte der Geflügelte zu

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