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Die Augen der Überwelt

Die Augen der Überwelt

Titel: Die Augen der Überwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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einem hohen Sims, wo er die Schwingen einzog und wie ein Mensch aufrechtstehend über das Tal blickte. Cugel suchte hastig Deckung hinter einem Felsblock. War er bereits gesehen worden? Er wußte es nicht. Ein tiefer Seufzer entrang sich ihm. Diese schwermütige goldene Welt der Vergangenheit war nicht nach seinem Geschmack, je eher er von hier wegkam, desto besser. Er betrachtete den Ring, den ihm Pharesm mitgegeben hatte, aber der Stein war stumpf, ohne das Glitzern, das ihm den Weg zur TOTALITÄT weisen sollte. Offenbar war seine Befürchtung nicht grundlos. Pharesm hatte sich in seiner Berechnung geirrt, und er, Cugel, würde nie mehr in seine eigene Zeit zurückkehren können.
    Das schwere Flattern von Schwingen ließ ihn hochblicken. Die klagende Musik schwoll an und verlor sich seufzend, als der Geflügelte im Schein der allmählich untergehenden Sonne dicht vor der Felswand sein Opfer in die Tiefe warf. Dann landete auch er auf einem Sims und betrat eine Höhle.
    Cugel rannte geduckt durch das bernsteinfarbene Dämmerlicht den Pfad weiter, der schließlich einen Hain erreichte. Hier gönnte sich Cugel eine Rast, um zu verschnaufen.
    Ausgeruht machte er sich wieder auf den Weg und überquerte vorsichtig Ackerland mit einer Hütte in der Mitte. Cugel dachte daran, dort Unterschlupf für die Nacht zu suchen, vermeinte jedoch, eine dunkle Gestalt im Inneren Ausschau halten zu sehen. Er unterließ es deshalb lieber und machte einen Bogen darum.
    Der Pfad entfernte sich von den Felsen und führte nun durch wellige Wiesen. Kurz ehe die Nacht einbrach, erreichte Cugel ein Dorf an einem Weiher.
    Wachsam näherte er sich ihm. Es wirkte beruhigend sauber und deutete auch auf gute Viehhaltung hin. In einem Park neben dem Weiher stand ein offener Säulenbau, vermutlich für Musik- und Schauspielveranstaltungen. Um den Park drängten sich kleine, schmale Häuser mit hohen Giebeln, deren Firste in erhabenem Wellenmuster verziert waren. Dem Weiher gegenüber stand ein größeres Gebäude mit einer kunstvollen Fassade aus geflochtenem Holz und emaillierten Platten in Rot, Blau und Gelb. Es hatte gleich drei Giebel. Der mittlere war mit einer reichverzierten Holztäfelung versehen, während die zu seinen beiden Seiten mehrere kleine blaue Kugellampen trugen. Eine breite Pergola überdachte Tische, Bänke und einen Tanzboden, und das Ganze war mit roten und grünen Lampions beleuchtet. Hier genossen die Bürger bei Wein und Räucherwerk ihren Feierabend, und die Burschen und Mädchen hopsten in einem ausgefallenen, beinschwingenden Tanz zur Flöten- und Handorgelmusik.
    Ermutigt durch die friedliche Stimmung, näherte sich Cugel. Die Menschen hier waren von ihm ungewohntem Aussehen: nicht sonderlich groß, mit großen Köpfen und langen, ruhelosen Armen. Ihre Haut war von der Farbe reifer Kürbisse; Augen und Zähne waren schwarz; schwarz war auch ihr Haar, das das Gesicht der Männer lang und glatt einrahmte und an den Enden mit blauen Kügelchen verziert war, während die Frauen ihres um weiße Ringe und Stäbchen gewunden und so eine gewiß nicht einfache Frisur hatten. Mund- und Wangenpartie war breit, die weit auseinanderstehenden Augen waren an den äußeren Winkeln schräg nach unten gezogen, was den Gesichtern ein spaßiges Aussehen verlieh. Nasen und Ohren waren lang, mit ständig bewegten Muskeln, was zur Lebhaftigkeit des Ausdrucks beitrug. Die Männer trugen gefälbelte schwarze Röcke, braune Wämser und Kopfbedeckung, die aus einer breiten schwarzen Scheibe, darauf eine niedrige schwarze Röhre, auf ihr eine kleinere Scheibe mit vergoldeter Kugel, zusammengesetzt war. Die Frauen trugen schwarze Beinkleider, braune Mieder mit einem emaillierten Knopf über dem Nabel, und an jeder Gesäßhälfte einen vorgetäuschten Schwanz, bestehend aus entweder einem grünen oder roten Federbusch. Vermutlich deutete die Farbe auf den Familienstand hin.
    Cugel trat in das Lampionlicht. Sofort verstummte alle Unterhaltung, die Nasen erstarrten, die Augen stierten, die Ohren verdrehten sich neugierig. Cugel lächelte nach links und rechts, winkte mit beiden Händen in einem liebenswürdigen, allumfassenden Gruß und setzte sich an einen leeren Tisch.
    Erstauntes Murmeln erhob sich von den verschiedenen Tischen, war jedoch zu leise, als daß Cugel auch nur irgend etwas hätte verstehen können. Schließlich stand einer der Ältesten von seinem Tisch auf, näherte sich Cugel und sagte einen Satz. Da er jedoch nicht genügte, war

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