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Die Augen der Überwelt

Die Augen der Überwelt

Titel: Die Augen der Überwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Pharesms Gewebe noch nicht imstande, ihm Sinn zu verleihen. Cugel lächelte höflich und spreizte die Hände in einer Geste nicht böse gemeinter Hilflosigkeit. Wieder sagte der Älteste etwas, mit schärferer Stimme diesmal, und wieder versuchte ihm Cugel zu bedeuten, daß er nicht verstand. Der Älteste zuckte mißbilligend die Ohren und wandte sich ab. Cugel winkte den Wirt herbei, zeigte auf Brot und Wein am nächsten Tisch und tat so kund, daß er das gleiche bestellen wollte.
    Der Wirt stellte eine Frage, die Cugel, obwohl er die Worte nicht verstand, zu deuten wußte. Er holte eine Goldmünze aus seinem Beutel, und zufrieden drehte der Wirt sich um.
    An den umstehenden Tischen wurden die Gespräche wieder aufgenommen, und nun dauerte es nicht mehr lange, bis Cugel die Worte verstand. Als er gegessen und getrunken hatte, stand er auf und ging zu dem Tisch des Ältesten, der zuvor an seinen gekommen war. Er verbeugte sich achtungsvoll. »Habe ich Eure Erlaubnis, mich zu Euch zu setzen?«
    »Selbstverständlich, wenn das Euer Wunsch ist.« Der Älteste deutete auf einen freien Platz. »Aus Eurem Verhalten schloß ich, daß Ihr nicht nur taubstumm, sondern auch geistig zurückgeblieben seid. Nun weiß ich zumindest, daß Ihr hören und reden könnt.«
    »Ich verfüge auch durchaus über Vernunft«, versicherte ihm Cugel. »Als Reisender von weit her, ohne Kenntnis Eurer Sitten und Gebräuche, hielt ich es für weise, euch hier zunächst ruhig zu beobachten, um nicht unbewußt etwas Falsches zu tun.«
    »Klug, aber ungewöhnlich«, bemerkte der Älteste. »Trotzdem verstößt Euer Benehmen nicht gegen den Anstand. Darf ich mich erkundigen, welche Notwendigkeit Euch nach Farwan führt?«
    Cugel warf einen schnellen Blick auf seinen Ring. Der Stein war immer noch stumpf und leblos. TOTALITÄT war also anderswo. »Mein Heimatland ist rauh und ohne feine Sitten. Ich reise deshalb umher, um das Benehmen und die Gebräuche von Menschen mit gepflegterer Lebensart kennenzulernen.«
    »O wirklich?« Der Älteste ließ sich das durch den Kopf gehen, schließlich nickte er geschmeichelt. »Euer Aussehen ist von einer mir fremden Art. Wo liegt denn Eure Heimat?«
    »In einer so entlegenen Gegend«, antwortete Cugel, »daß ich bis heute nichts von dem Land Farwan gehört hatte.«
    Der Älteste legte die Ohren erstaunt dicht an. »Was? Das ruhmreiche Farwan unbekannt? Ihr wißt nichts von seinen großen Städten Impergos, Tharuwe, Rhaverjand? Was ist mit dem berühmten Sembers? Gewiß hat doch zumindest der hehre Ruf Sembers Euch erreicht? Die Helden von Sembers vertrieben die Sternenpiraten! Sie brachten das Meer zum Land der Plattformen! Die Pracht des Padarepalastes ist unübertroffen!«
    Cugel schüttelte betrübt den Kopf. »Nicht einmal ein Gerücht von dieser erhabenen Herrlichkeit drang an mein Ohr.«
    Der Älteste zuckte verdrossen die Nase. Zweifellos hielt er Cugel für einen Dummkopf. Kurz angebunden erklärte er: »Es ist, wie ich sage.«
    »Daran zweifle ich nicht im geringsten«, versicherte ihm Cugel. »Bitte erzählt mir mehr, denn möglicherweise bin ich gezwungen, länger in dieser Gegend zu bleiben. Was ist beispielsweise mit diesen Geflügelten, die offenbar in den Felsen hausen? Was sind das für Kreaturen?«
    Der Älteste deutete zum Himmel. »Wenn Ihr die Augen eines Nachttitvits hättet, könntet Ihr vielleicht den dunklen Mond sehen, der um die Erde wandert und nur erkannt werden kann, wenn er seinen Schatten auf die Sonne wirft. Er ist die Heimat der Geflügelten. Ihr Wesen ist unbekannt. Sie dienen dem großen Gott Yelisea auf diese Weise. Wann immer die Zeit für den Tod eines Mannes oder einer Frau gekommen ist, benachrichtigen die Nornen des Sterbenden die Geflügelten. Daraufhin kommen sie zu dem Bedauernswerten herab und tragen ihn zu ihren Höhlen, die in Wirklichkeit der Eingang ins gesegnete Land Byssom sind.«
    Cugel lehnte sich zurück, die Brauen zweifelnd erhoben. »O wirklich«, sagte er in einem Ton, der, wie der Älteste fand, den nötigen Ernst vermissen ließ.
    »Es besteht kein Zweifel an der Wahrheit der eben von mir aufgeführten Tatsachen. Orthodoxie entspringt diesem axiomatischen Grundsatz, und die beiden Systeme verstärken einander, folgedessen ist jedes doppelt bestätigt.«
    So ganz verstand Cugel nicht, was der Mann meinte, aber er sagte: »Ich zweifle nicht, daß die Dinge sind, wie Ihr sagt – nur eines: Begehen die Geflügelten bei der Wahl ihrer Opfer nie einen

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