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Die Augen Rasputins

Die Augen Rasputins

Titel: Die Augen Rasputins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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daß er ihr das gesagt hat. Dann hätte sie etwas unternommen. Ich meine, Albert Retling war doch für sie kein Fremder. Sie hätte ihn gewarnt, davon bin ich überzeugt. Vielleicht hat dieser Hund ihr nur gesagt, daß er irgend etwas plant, daß er sie danach abholt. «

    Paul sagte noch mehr. Aber so sehr er sich auch abquälte, es endete letztlich nur in der Erkenntnis: Seine Tochter hatte Schramms Pläne gekannt, zumindest teilweise, und nichts unternommen, um sie zu vereiteln. Und was Schramm betraf, es gab nur eine Erklärung für seine Aussagen und sein Verhalten. Er liebte Patrizia. Paul schaute Ed an.

    »Ich will nicht, daß sie das erfährt. Es würde alles nur noch schlimmer machen. Machen wir uns doch nichts vor, Doktor. Auch ein Dreckskerl hat Gefühle. «

    Der letzte Satz mußte ihn Mühe gekostet haben. Bevor Ed antworten konnte, befahl Paul:

    »Und das muß sie nicht wissen. Bleiben wir bei der Version, daß er sie nur ausgenutzt hat. Kann ich mich darauf verlassen, Doktor? «

    Ed hatte fast ein bißchen Mitleid mit ihm.

    »Das kann ich Ihnen nicht versprechen «, erwiderte er.

    »Vielleicht muß ich ihr erst einmal erklären, daß dieser Mann sie mehr liebt, als sie sich vorstellen kann. Möglicherweise reagiert sie darauf. Es scheint mir einen Versuch wert. Für Sie ist das jedoch kein Grund zur Sorge, Herr Großmann. Wenn ich Ihre Tochter erst davon überzeugt habe, kann ich sie auch jederzeit vom Gegenteil überzeugen. «

    Retlings Haus lag ein Stück von der Straße zurückversetzt in einem gepflegten Garten. Frau Retling hatte sich immer liebevoll um den Garten gekümmert, hatte ihr damals ein paar Ratschläge gegeben, als sie noch gar nicht wußte, daß sie sie jemals brauchen würde. In den letzten drei Jahren hatte sie sich bei der Gartenarbeit häufig an das eine oder andere erinnert und jedesmal an Frau Retling gedacht. Eine resolut wirkende Frau mit einem strengen Gesicht. Es war in Wirklichkeit nicht streng, der Eindruck entstand nur durch das straff zurückgebundene Haar und den festen Knoten im Nacken. Über rötliche Sandsteinplatten ging es auf die Haustür zu. Eine schmucklose Tür, einfach und glatt, wie aus massivem Holz gefertigt, von der Stahlplatte im Innern sah man nichts. Sämtliche Fenster im Erdgeschoß waren vergittert, nur die Terrassentür an der Rückfront bildete eine Ausnahme. Das Haus machte einen verlassenen Eindruck, an allen Fenstern waren die Rolläden herabgelassen. Den Wagen hatte er ordnungsgemäß in die Garage gefahren, das Tor geschlossen, jetzt ging er zwei Schritte hinter ihr. Eilig hatte er es nicht. Er schien nicht zu befürchten, daß sie beobachtet wurden. Es war auch unwahrscheinlich. Das Grundstück war von einer mannshohen Hecke umgeben. Gegen neugierige Blicke der Nachbarschaft, sogar gegen zufällig auf der Straße vorbeifahrende Wagen gut abgeschirmt. Er trug wieder den Koffer. Und weder in der Einfahrt noch auf der Straße war ein anderes Fahrzeug zu sehen. Es gab vermutlich gar keinen Freund, der hier auf ihn wartete. Oder war dem die Zeit zu lang geworden? Hatte er sich bereits verabschiedet? Gingen sie nur auf das Haus zu, weil er sich erkundigen wollte, ob sein Freund eine Nachricht für ihn hinterlassen hatte? Und dann? Sich für die Freundlichkeit bedanken?

    »War nett, daß Sie mir Ihren Wagen geliehen haben. Ich hab’ ihn wieder in die Garage gefahren. «

    Noch rasch nach einem Taxi telefonieren? Unsinn! Wenn die Retlings daheim gewesen wären, ob nun allein oder mit einem Fremden, hätten sie doch die Rolläden hochgezogen. Sie war unsicher und verwirrt. Noch bevor sie die Haustür ganz erreichte, wurde diese geöffnet. Nicht sehr weit, sie konnte nicht erkennen, wer im Eingang stand, fühlte nur plötzlich seine Hand im Rücken, als wollte er sie die drei Stufen hinaufschieben. Sie erwartete, im nächsten Augenblick Frau Retling gegenüber zu stehen, vielleicht einen vorwurfsvollen Blick zu sehen oder einen ängstlichen. Sie fragte sich noch, ob sie lächeln sollte, zuversichtlich, aufmunternd oder einfach nur verlegen. Dann stand sie in der Diele. Einem ziemlich großen, ziemlich dicken und ganz merkwürdig grinsenden Mann gegenüber, der sie mehr als eindringlich betrachtete. Und damit hatte sie nicht mehr gerechnet. Nach dem ersten Schock kam ein anderes Gefühl auf. Unbehagen, Unsicherheit, die Ahnung von Gefahr. Wie dieser Schmierfink sie anstarrte! Das seltsame Grinsen dabei ließ sie frösteln. Ein widerlicher Kerl,

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