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Die Auserwahlte

Die Auserwahlte

Titel: Die Auserwahlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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folgen, wohin er ihn auch leiten mochte.
    Und als Abraham schließlich mühsam, weil immer noch entkräftet, auf Fledermausschwingen in die Nacht über Maine hochstieg, wußte er mit einemmal, wo sein Ziel lag.
    Weiter im Westen dieses Landes, verborgen in dichten Wäldern.
    Und es war ein Ort, von dem er nie angenommen hätte, daß er ihn irgendwann einmal freiwillig betreten könnte.
    Ein Kloster ...!
    Hätte irgend jemand in dieser Nacht den Schrei der Fledermaus gehört, er hätte ihn unweigerlich für das schrille Lachen eines Wahnsinnigen gehalten.
    *
    Jacob Flannagan schlich wie ein Dieb durch die düsteren Gänge von Saint Catherine's. Und er änderte sein Verhalten auch nicht, als er sich dessen bewußt wurde. Er konnte einfach nicht anders, als fast auf Zehenspitzen zu schleichen, obwohl nicht die Gefahr bestand, daß ihn jemand hörte. Denn der Schrei des Kindes hätte wohl selbst den Schlag einer Glocke übertönt.
    Das Gebrüll, fordernd und wütend, schmerzte beinahe in den Ohren, und der Geistliche erlaubte sich ein erleichtertes Seufzen, als es endlich verstummte.
    Zur Orientierung brauchte er den Schrei nicht mehr. Er kannte die Richtung inzwischen, und um eine Gangbiegung herum hatte er drei Nonnen in einer Kammer verschwinden sehen, so daß er ver-mutete, daß das Kindlein wohl dort zu finden war.
    Flannagan lauschte und beobachtete noch eine halbe Minute, und dabei fiel ihm erneut etwas auf:
    Wohin er auch sah, er entdeckte nirgends Reliquien ihres gemeinsamen Glaubens. Kein Kruzifix zierte mehr die Wände, kein Heiligenbild. Und obwohl er natürlich nicht wußte, wo früher einmal etwas gehangen hatte - dazu hielt er sich zu selten in Saint Catherine's auf -, war doch nicht zu übersehen, daß die Reliquien offenbar von den Wänden abgenommen worden waren. Hier entdeckte er auf dem Wandputz eine hellere Stelle in der Form eines Kreuzes, und dort drüben ragte noch ein Nagel hervor, der ein Bild gehalten haben mußte .
    »Großer Gott, was geschieht hier nur?« flüsterte er tonlos.
    Als sich nach einer Weile niemand mehr der Kammer näherte und darin verschwand, trat er aus den Schatten hervor und ging auf die Tür zu. Er wollte schon die Faust heben, um anzuklopfen, als er doch noch einmal innehielt und ein weiteres Mal lauschte.
    Hinter der Tür klangen Stimmen auf, doch der Monsignore verstand nicht, was sie sprachen. Er konnte Frauen kichern hören, und für einen Moment war ihm, als würde das Geräusch ihn regelrecht einlullen. Als wollte es ihn vergessen lassen, weswegen er überhaupt hier stand.
    Und fast kam es auch so.
    Im allerletzten Moment, bevor er sich umdrehte, um zu gehen, verschloß Flannagan die Ohren vor den wortlosen Einflüsterungen. Er verzichtete darauf zu klopfen, öffnete die Tür - - und brachte es nicht fertig, einzutreten.
    Was er sah, lähmte ihn.
    Der Anblick hatte zwar nichts wirklich Erschreckendes, aber er war an einem Ort wie diesem so ungeheuerlich, daß er schockierend wirkte.
    Nahezu alle Schwestern des Ordens, und unter ihnen auch die Ehrwürdige Mutter, schienen sich in dieser Kammer versammelt zu haben. Sie umringten das Bett wie einen Altar. Und darauf saß eine weitere Schwester. Nackt und mit einem Baby im Arm, das sichtbar gierig an ihrer Brust saugte. Das Schmatzen und Schlürfen, das er eigentlich doch kaum hören konnte, dröhnte plötzlich in Flannagans Kopf, als entstünde es nicht mindestens drei Meter von ihm entfernt, sondern direkt in ihm.
    Niemand sprach ein Wort. Und es schien auch niemand überrascht oder gar erschrocken über das Erscheinen des Geistlichen. Im Gegenteil sahen ihm die Nonnen entgegen, als wollten sie ihm bedeuten, sich mit ihnen an der Szene zu erfreuen.
    Und die Mutter des Kindes - Flannagan wußte einfach, daß es ihr Kind war! - lächelte ihm gar in einer Weise zu, daß er sich nicht gewundert hätte, wenn sie ihn in der nächsten Sekunde gefragt hätte, ob er den Kleinen einmal halten wollte.
    Scharf sog der Monsignore den Atem ein, und erst jetzt fiel ihm der seltsame Geruch auf. Es roch hier nicht wie in den anderen Kammern - nach altem Holz, Stein und Kerzenrauch. Aber es roch auch nicht so, wie man es von Räumen her kannte, in denen Neugeborene waren.
    Es stank nach - ja, wonach eigentlich? Nach etwas Altem, nach Verrottung, nach Fäulnis?
    Flannagan verbannte den Gedanken.
    »Ehrwürdige Mutter«, stieß er statt dessen hervor, »ich habe mit Euch zu reden.«
    Die Oberin wandte ihm den Blick zu, auf eine

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