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Die Auserwahlte

Die Auserwahlte

Titel: Die Auserwahlte
Autoren: Vampira VA
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allererster Linie an den beiden fast fingerlangen Eckzähnen, die aus seinem Oberkiefer staken!
    Daß Abraham sie packte, ihren Kopf zurückbog und seine Hauer in ihren Hals schlug, merkte Thelma kaum. Der Schock wirkte in ihr wie eine Narkose.
    Sie wunderte sich lediglich mit dem allerletzten Rest ihres zerfließenden Bewußtseins ein ganz kleines bißchen darüber, daß ihr Schrei zu einem wohligen Seufzen gerann.
    *
    Die wuchtige Bohlentür schlug hinter ihm dumpf ins Schloß. Ein bißchen lauter als beabsichtigt, aber Jacob Flannagan war dennoch nicht unfroh darüber. Er hatte dieses angenehm >echte< Geräusch gebraucht, um festzustellen, daß er sich noch in der wirklichen Welt befand.
    Denn draußen, jenseits dieser Tür, war ihm alles ein wenig wie ein irrealer Traum vorgekommen, durch den er wachen Auges ging.
    Das Kloster Saint Catherine's war nicht mehr so wie bei seinem letzten Besuch.
    Und es unterschied sich grundlegend von all den anderen Klöstern in diesem Teil der USA, die er als Monsignore im Auftrag der katholischen Kirche bereiste und inspizierte.
    Doch das eigentlich Merkwürdige daran war, daß Flannagan nicht wußte, was hier anders geworden war. Ein bißchen glaubte er, es würde ein auf unbestimmte Weise >anderer Geist< in den Mauern herrschen.
    Und doch war es ganz, ganz anders ...
    Es war nicht so, daß er nicht das richtige Wort dafür fand. Vielmehr schien es ihm, als gäbe es das Wort, mit dem sich die Verände-rungen in Saint Catherine's beschreiben ließen, gar nicht.
    Es war nichts wirklich Sichtbares, und wenn er es sich recht überlegte, war es noch nicht einmal spürbar.
    Und doch war es da. Auf eine Weise, die er mit seinen Sinnen einfach nicht erfassen konnte.
    Jacob Flannagan ließ sich schwer auf der Liegestatt der Kammer nieder, die man ihm für die Dauer seines Besuchs überlassen hatte. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf, streckte sich aus und konzentrierte seinen Blick auf einen bestimmten Punkt an der steinernen Decke über sich, als läge in ihm jenes Geheimnis, von dem er nicht einmal wußte, ob es eines war.
    Der Geistliche versuchte seine Gedanken zu ordnen, Unwichtiges auszusortieren, so daß nur das Wesentliche übrigblieb. Und es war wenig, was blieb.
    Flannagan wollte sich gedanklich zurechtlegen, was ihm im einzelnen seit seiner Ankunft als seltsam aufgefallen war. Und mußte feststellen, daß da eigentlich nichts war. Nur - Eindrücke eben, die sich auf etwas bezogen, das unter der Oberfläche war und sich jedem Versuch, es zu greifen, entzog wie eine sich windende und glitschige Schlange.
    Vordergründig hatte sich nichts verändert im Kloster.
    Die Ehrwürdige Mutter und die Schwestern waren dem Monsi-gnore mit der gewohnten Höflich- und auch Herzlichkeit begegnet.
    Und doch - waren sie nicht ein kleines bißchen höflicher und herzlicher gewesen als bei früheren Besuchen? fragte sich Flannagan. Hatte ihr Verhalten nicht irgendwie . aufgesetzt gewirkt? Nicht so sehr, daß es wirklich aufgefallen wäre, sondern nur um gerade das Quentchen, das es von ihrem früheren Benehmen um soviel unterschied, daß man den Eindruck für einen Irrtum halten mußte?
    Flannagan rief sich in Erinnerung, was er mit den Klosterfrauen gesprochen hatte. Und stellte fest, daß es wenig war. Nicht so wenig, daß sich ein wie auch immer gearteter Verdacht darauf gründen ließ, und doch wenig genug, um ein Gefühl zu schüren, das in seinen Ausläufern an Mißtrauen grenzte.
    Die Unterhaltungen waren stets an der Oberfläche geblieben, dort, wo alles so schien, wie es immer war. Als fürchteten die Schwestern, jedes tiefergehende Wort könnte an Dingen rühren, die . ja, die was?
    Der Geistliche merkte, daß er mit seinen Überlegungen zumindest auf dem richtigen Weg war. Auf diese Weise ließ sich vielleicht erkennen, was hier vorging - wenn etwas vorging. Er wußte noch zu wenig, um wirklich an ein Ziel gelangen zu können, aber er würde noch ein paar Tage hierbleiben, um zu beobachten und ohne jemanden zu drängen mehr zu erfahren. Er mußte Puzzleteile sammeln, wenn er ein Bild erhalten wollte.
    Und er bekam das nächste schneller, als er angenommen hatte.
    Ein Schrei zitterte durch die Flure von Saint Catherine's.
    Laut, durchdringend, und etwas darin ließ den Monsignore fast frösteln.
    Obwohl es zweifelsohne kein Schrei war, der aus Angst, Schmerz oder Schrecken geboren wurde.
    Es war - ganz bestimmt - der Schrei eines kleinen Kindes .
    ... das nach seiner Mutter
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