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Die Auserwahlte

Die Auserwahlte

Titel: Die Auserwahlte
Autoren: Vampira VA
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bestimmendem Tonfall fort: »Wir müssen dem Kind einen Ort schaffen, der größer ist als diese Zelle.«
    »Warum?« fragte die Oberin.
    »Weil Besucher kommen werden, um es zu sehen. Und diese Kammer ist bei weitem nicht groß genug, sie alle zu fassen.«
    »Besucher?« hakte die Ehrwürdige Mutter nach.
    »Hat es mit jenem zu tun, der neulich hier auftauchte?« erinnerte sich Rebecca an den Besuch des Vampirs.
    Mariah nickte.
    »Ja. Es werden mehr von seiner Art kommen. Denn das Kind - es wurde eigentlich nicht uns geboren, sondern ihnen. Es ist ihr Heiland.«
    Jedem unbeteiligten Beobachter, der klaren Verstandes war, wäre aufgefallen, daß die Worte nicht Mariahs eigenen Gedanken ent-sprangen. Daß es die eines anderen waren, für den sie nur sprach, ohne selbst zu wissen, was sie da sagte.
    Doch weder die Mutter Oberin noch Rebecca waren unbeteiligt und längst nicht mehr Herr ihrer eigenen Sinne. Sie fühlten sich angerührt und so bezaubert, wie man es von einem Neugeborenen nur sein konnte - und doch war es in Wirklichkeit etwas ganz anderes, das mit ihnen geschah. Sie waren ebenso Werkzeug, wie Mariah es war.
    Oder Spielzeug.
    In den Händen eines Kindes.
    »Wäre die kleine Kapelle groß genug?« fragte die Ehrwürdige Mutter nach einer Weile des Überlegens.
    Mariah lauschte in sich und nickte dann.
    »Ja, sie könnte genügen.«
    »Dann laßt uns dort alles vorbereiten«, meinte Rebecca und stand auch schon auf. Daß es mitten in der Nacht war, war ihr gar nicht bewußt. Sie fühlte sich ebensowenig müde wie die anderen Schwestern. Sie konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wann sie zum letzten Mal geschlafen hatte. Wozu auch? Es gab soviel Wichtigeres.
    Die Ehrwürdige Mutter nickte und erhob sich ebenfalls.
    »Ruf die anderen. Wir werden sofort mit der Arbeit beginnen.«
    Mariah lächelte.
    »So ist es recht.«
    Sie sah hinab auf ihren Sohn.
    »Und ihm ein Wohlgefallen.«
    *
    Die Bäume reihten sich zu beiden Seiten des Weges wie Palisaden, und Lauras Phantasie gebar ohne Unterlaß die bizarrsten Kreaturen, die sich dahinter verschanzt haben mochten.
    Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, daß sie sich in der relativen Sicherheit eines nicht mehr ganz taufrischen Ford Pickup befand und Brandon neben ihr am Steuer saß, der Junge, auf den mindestens neunzig Prozent der weiblichen Schülerschaft der Derry High School ein Auge geworfen hatten. Jedes einzelne dieser Mädchen hätte vermutlich wer weiß was darum gegeben, wenn es jetzt an Lauras Stelle hätte sitzen dürfen.
    Und Laura hätte ihren Platz sogar freudig getauscht.
    Zum einen flößte ihr die Gegend, dieser menschenleere, endlose Wald ganz einfach Angst ein.
    Und zum anderen bereitete ihr der Grund Magendrücken, aus dem Brandon mit ihr hier herausfuhr.
    »Laß uns umkehren, Brandon.«
    Die Worte waren heraus, noch bevor Laura sie in Gedanken wirklich formuliert hatte. Sie schienen ihrem Unterbewußtsein zu entspringen, und das drückte damit schlicht und einfach aus, was Laura bewußt vielleicht nie ausgesprochen hätte.
    Brandon trat so hart und plötzlich auf die Bremse, daß Laura von der Fliehkraft regelrecht nach vorne geschleudert wurde und sich den Kopf an der Windschutzscheibe stieß.
    »Was?« fragte er, als hätte er sich verhört.
    Laura rieb sich die schmerzende Stelle an der Stirn, stöhnte und wiederholte dann endlich: »Bitte, laß uns umkehren.«
    »Aber - warum?«
    Brandon breitete die Hände aus, und in seinen Zügen stritten Verzweiflung und leiser Zorn um die Vorherrschaft. So lange jedenfalls, bis sein Sonnyboy-Lächeln sich wieder zurückmeldete und jede andere Regung vertrieb.
    »Hast du Angst? Möchtest du es nicht mehr?« fragte er sanft und berührte zärtlich mit den Fingern Lauras Gesicht.
    »Ja. Nein«, sagte sie.
    »Was? Ja oder nein?« lächelte Brandon, der ihr noch näher gerückt war. Er brauchte nur die Lippen zu spitzen, um sie zu küssen, und er tat es. Und Laura spürte, wie aller Widerstand in ihr dahin-schmolz wie Eis in der Sonne.
    »Ja, ich habe Angst«, flüsterte sie, doch das Beben in ihrer Stimme rührte nicht länger von dieser Angst her. »Und ja, ich möchte es noch. Aber nicht hier. Es ist - diese Gegend, vor der ich mich fürchte.«
    Brandon lachte leise.
    »Du mußt dich hier draußen nicht fürchten. Hier ist absolut niemand, der dir etwas tun könnte. Außer mir natürlich. Und ich würde dir nichts tun, was du nicht möchtest.«
    »Das weiß ich doch.«
    Brandon stellte
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