Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney
gesehen und hätte Euch später meine Aufwartung gemacht.« Carl wies auf Emilia. »Meine Frau.« Er räusperte sich. »Das ist Kapitän Jürgen Schneider aus Bremen.«
»Herzlich willkommen.« Schneider nahm ihre Hand. »Da wird sich meine Frau ja freuen. Bisher haben wir nur wenige Bekannte hier getroffen.«
»Eure Frau ist auch mit auf Fahrt?« Emilia konnte sich vor Glück kaum halten. Sie schaute sich um.
»Ja. Sie ist heute an Bord geblieben, unser Sohn zahnt.«
»Oh!« Nun war Emilia ganz aufgeregt. Es gab eine weitere Kapitänsfrau und diese hatte auch ein kleines Kind. Mit ihr, so hoffte Emilia, würde sie einiges bereden können. »Ich freue mich sehr darauf, ihr zu begegnen.«
»Kommt doch heute Abend zum Essen zu uns. Unser Smutje kocht recht ordentlich.« Schneider nickte ihr zu, dann wandte er sich wieder an Carl, und die beiden begannen, geschäftliche Dinge zu besprechen. Der Kontorinhaber war auch dazugekommen. Emilia war froh, sich setzen zu können. Tee wurde gereicht und Früchte, die so viel süßer und frischer schmeckten als jene, die sie in den Konservendosen an Bord hatten.
Endlich war alles besprochen und die Briefe, die nach Hause geschickt werden sollten, abgegeben. Carl wirkte deutlich entspannter, als sie zurück zum Hafen gingen.
»Wie lange kennst du Kapitän Schneider schon?«, wollte Emilia wissen.
»Einige Jahre. Wir waren zusammen auf der Offiziersschule. Er hat kurz nach mir sein Patent erhalten. Wir haben auch als Leichtmatrosen zusammen gedient.«
»Und seine Frau?«
»Ich wusste gar nicht, dass er verheiratet ist«, gestand Carl.
»Aber es klang so, als ob es noch mehr Kapitänsfrauen gäbe, die mit auf Fahrt gehen.«
»Natürlich, Liebes, die gibt es. Aber die sind nicht von deinem Stand.«
»Ist es das, was dich so stört? Immer noch?« Emilia war überrascht.
Carl blieb stehen und sah sie an. »Ja. Du bist eine Frau aus einem sehr guten Haus. Du bist so erzogen worden, dass du einen reichen Mann mit einer hohen Stellung in der Gesellschaft hättest heiraten sollen. Du solltest einem großen Haushalt vorstehen und Bälle und so etwas geben. Du bist nicht dazu geboren worden, um auf einem Kahn um Kap Hoorn zu schippern und mit einer rauen Mannschaft zusammenzuleben. Ich schäme mich, dass ich dir nichts Besseres bieten kann als mein Schiff.«
»Aber Carl!« Sie nahm seine Hand. »Oh, Carl. Ich habe diese Entscheidung bewusst getroffen. Und natürlich hatte ich eine Ahnung davon, was mich erwarten würde. Ich möchte keinen großen Haushalt führen, sondern mit dir zusammen sein. Das Leben an Bord ist so aufregend. Denk doch nur – die Abende, die wir zusammen in der Kajüte verbringen, das ist doch wunderbar.«
»Ich mache mir auch Sorgen um dich. Und um das Kind«, sagte er leise. »Ich habe das Gefühl, dich in große Gefahr gebracht zu haben. Und das kann ich mir nicht verzeihen.«
»Du hast doch gehört, auch Schneiders haben ein kleines Kind an Bord. Es wird also möglich sein. Ich freue mich sehr darauf, sie kennenzulernen. Ich habe so viele Fragen. Fragen, die mir nur eine Frau beantworten kann, die in einer ähnlichen Situation ist wie ich.«
Carl nickte. »Ich bin auch dankbar, dass sie hier sind. Wirklich. Es sind noch zwei weitere deutsche Schiffe im Hafen, deren Kapitäne ich kenne, und ein Holländer. Wir werden mindestens eine Woche in Valparaiso bleiben, bis die Ladung gelöscht und Ballast geladen ist, bevor wir weitersegeln. Zeit genug, um sie zu treffen.«
Hand in Hand gingen sie die Treppen und Gassen hinunter bis zum Hafen. Carl kaufte die ein oder andere Frucht und versuchte ihrzu erklären, wie sie schmeckte. Doch Emilia hörte kaum zu, ihre Gedanken waren bei dem Treffen mit der anderen Kapitänsfamilie. So sehr sie sich danach gesehnt hatte, an Land zu gehen, so sehr wünschte sie sich nun, dass die Zeit verginge und sie endlich zur »Charlotte« fahren konnten.
Doch Carl musste noch verschiedene Dinge erledigen, außerdem, so sagte er, würden sie Bescheid von der »Charlotte« bekommen, ob das Treffen wirklich zustande kommen würde.
»Er muss sich doch mit seiner Frau besprechen. Vielleicht ist das Kind ja ernsthaft krank.«
Den ganzen Nachmittag wartete Emilia vergebens auf Nachricht. Ihre Hoffnung sank immer mehr, und als die Sonne unterging, wollte sie schon ganz verzweifeln. Dann endlich kam ein Boot längsseits. Es war Kapitän Schneider, der sie abholte.
Wieder erwies der Hebesitz von McPhail ihnen gute Dienste. Nur
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