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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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Karamell, die schon freudig in den Korb springen wollte, musste zurückbleiben.
    Die »Charlotte« lag am Kai, bei ihr war das Stückgut schon gelöscht und Ballast geladen worden. Emilia war froh, dass sie einfach über die Gangway an Bord gehen konnte und nicht nach oben gehievt werden musste.
    Voller Spannung folgte sie Kapitän Schneider zum Oberdeck und dann die Stufen hinunter zur Kajüte. In der Tür stand auch schon Frau Schneider und erwartete sie. Die Kapitänsfrau mochte nur wenig älter als Emilia sein. Sie war braungebrannt, klein und schlank und sah sehr gesund und fröhlich aus.
    Sie ging Emilia entgegen und nahm ihre Hand, drückte sie fest. »Ich freue mich so, Euch kennenzulernen«, sagte sie in einem warmen Ton. »Es ist immer schön, andere Kapitänsfrauen zu treffen. Kommt doch bitte herein.«
    Die beiden Männer standen an Deck und rauchten eine Zigarre mit den Steuerleuten. Emilia war dankbar, dass sie ein wenig Zeit mit Frau Schneider allein hatte.
    Die beiden Frauen waren sich sofort sympathisch. Die Kajüte,stellte Emilia fest, war so ähnlich eingerichtet wie die auf der »Lessing«. Auch hier gab es ein gemütliches Sofa, den großen Tisch mit den Bänken und den abklappbaren Seiten. Auf dem Tisch stand ein Kasten mit Pflanzen, die einen intensiven Duft verströmten.
    »Mein Gärtchen«, sagte Frau Schneider lächelnd.
    »Das ist eine gute Idee.«
    »Ja, nur wenn das Wasser knapp wird, dann wird es schwierig.«
    »Wir hatten bisher immer genügend Süßwasser.«
    Frau Schneider lachte. »Im Herbst hatten wir eine Flaute vor Sumatra, da wurde uns das Wasser knapp. Aber das habe ich auch erst einmal erlebt.«
    »Wie lange fahrt Ihr schon mit Eurem Mann?«, wollte Emilia wissen.
    »Oh, gut drei Jahre sind es inzwischen.«
    Aus der Kammer war ein leises Jammern zu hören.
    »Das ist Jakob, unser Sohn. Er muss wach geworden sein. Mögt Ihr ihn sehen?«
    »Natürlich. Wie alt ist er?«
    »Bald wird er ein Jahr.«
    »Und … entschuldigt, wenn ich das frage, aber … wo habt Ihr … ich meine …«, stotterte Emilia und spürte, dass sie rot wurde.
    Frau Schneider lachte und öffnete die Tür zu ihrer Kammer. »Ihr seid in Umständen, das ist ja nicht zu übersehen. Macht Ihr Euch Sorgen? Seit wann seid Ihr mit auf Fahrt?«
    Emilia lachte verlegen. »Wir haben erst Anfang November geheiratet.«
    »Aber Euch geht es gut?« Das Kind lag mitten auf der großen Koje. Frau Schneider nahm es hoch und beruhigte es. »Er zahnt.« Sie gab ihm etwas, was aussah wie ein kleiner Knochen. »Veilchenwurzel. Das hilft gegen die Schmerzen. Setzt Euch«, forderte sie Emilia auf.
    Auch in der Kammer gab es ein kleines Sofa. Die Wände waren von Regalen bedeckt, in denen viele Bücher standen. Bewundernd schaute Emilia sich um, dann nahm sie auf dem Sofa Platz und seufzte leise.
    »Wann kommt es denn?«, fragte Frau Schneider.
    »August oder Anfang September. Da werden wir wohl schon in Callao sein. Vielleicht gibt es dort eine Hebamme«, sagte Emilia leise.
    »Ich habe Jakob in der Südsee bekommen. Das nächste Kind wird wohl auf dem Heimweg geboren werden.« Sie lächelte. »Man sieht es noch nicht.«
    »Oh. Und dann? Ich meine … wer steht Euch zur Seite?«
    »Mein Mann. Das hat er beim ersten auch getan. Und der Segelmacher, auch wenn es seltsam klingt. Aber er hat zu Hause einen ganzen Stall voller Kinder und war auch bei einigen Geburten dabei.«
    »Das hat Euer Mann zugelassen?«, fragte Emilia erstaunt.
    »Selbstverständlich. Er war heilfroh, Hilfe zu haben.« Sie sah Emilia nachdenklich an. »Hättet Ihr jemanden, der Euch beistehen könnte?«
    »Unser Smutje. Der hat Ahnung von Heilkräutern und hat auch schon dreien seiner Kinder auf die Welt geholfen. Aber mein Mann meint, es sei peinlich, wenn einer aus der Mannschaft … nun, mich so sieht.« Sie senkte den Kopf.
    Frau Schneider lachte. »Er wird froh sein, wenn dann jemand da ist.«
    »Ihr fahrt jetzt zurück?«
    »Nach Bremen geht es, wenn wir Salpeter in Iquique geladen haben.«
    »Und dann bleibt Ihr dort?«
    »I wo! Warum sollte ich? Wir werden die Lotsenkammer räumen und dort ein Kinderzimmer einrichten. Der Steward bekommt sein Quartier auf dem Zwischendeck. Wenn nichts dazwischenkommt, werde ich noch ein paar Jahre mitfahren. Es gibt doch nichts Herrlicheres.«
    Emilia seufzte erleichtert auf. »Ich hoffe, dass mein Mann in einigen Monaten genauso denkt.«

17. K APITEL
    Das Essen auf der »Charlotte« war köstlich und Emilia genoss die

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